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Südafrika: Die Brautpreis-App

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Südafrika: Die Brautpreis-App | Bild: BR

 

Die Familie des Bräutigams war früh aufgebrochen. Eine Karawane an Geschenken auf dem Kopf und die Kühe für den Brautpreis.

Jetzt bittet der Onkel um Einlass: Kniend preist er die mitgebrachten Geschenke.

Die Familie der Braut begrüßt mit Gesang. So will es die Tradition, und die ist lebendig in der Provinz von KwaZulu-Natal.

Die App
Die App | Bild: Bild: BR

Und das ist der Kontrast dazu: Die App, neu zum kostenlosen Herunterladen fürs Smartphone. Mit ihr kann Mann den Brautpreis errechnen: Größe, Gewicht, Alter, aber auch Bildung. Ein paar Angaben und schnell ist die Freundin eingepreist.

Robert hat die App erfunden. Zurzeit ist er deshalb der berühmteste Programmierer in Südafrika.

Robert Matsaneng
Robert Matsaneng | Bild: Bild: BR

Robert Matsaneng, App-Erfinder:

»Viele meiner Freunde heirateten. Das war also in meinen Hinterkopf. Zuerst dachte ich an eine Art Taschenrechner, aber dann merkte ich: Kultur kann man nicht ersetzen.«

Für sie ist das Aushandeln des Brautpreises eine durch und durch ernste Sache. Es geht um viel mehr als um Bezahlung; mit Lobola wachsen zwei Familien zusammen: Über Stunden ziehen sich die Verhandlungen hin. Der Bräutigam muss währenddessen warten. Den Hof darf er erst betreten, wenn alles unter Dach und Fach ist. Ab und zu kommt seine Cousine und berichtet über den Fortgang.

Vusi Tembe, Bräutigam:

»Noch haben wir keine Einigung, ich bin trotzdem glücklich. Wir nähern uns Stück für Stück dem Ende der Verhandlungen. Am Ende wird es schon klappen.«

Zurück in Johannesburg: Die App im Test: Studentinnen – nicht ganz so verwurzelt in den alten Traditionen.

Das Ergebnis: Niederschmetternd. Drei Kühe, oder umgerechnet 2000 Euro.

Eine Studentin:

»Nein, ich soll für den Mann kochen, waschen, putzen, Babys, all das, der emotionale Stress.«

"Und dann vergisst du eins“, sagt ihre Freundin: "Du musst auch noch Sex mit ihm haben.“

Die Studentin:

»Nein, wirklich nicht, das darf nicht sein. Sechs Kühe mindestens.«

Robert Matsaneng, App-Erfinder:

»Ich hab diese Kultur nicht erfunden. Meine App spiegelt sie nur. Wer also ein Problem damit hat, hat sie mit der Kultur, nicht mit meiner App.«

Die beiden Familien haben sich erst am späten Nachmittag endgültig auf den Brautpreis geeinigt: 12 Kühe und etwas Bargeld. Ein angemessener Preis. Jetzt darf der Bräutigam den Hof der Schwiegereltern betreten.

Qhamukile Ntshangase
Qhamukile Ntshangase | Bild: Bild: BR

Qhamukile Ntshangase, Mutter der Braut:

»Lobola ist wichtig, vor allem für die Eltern. Wir können das Kind doch nicht einfach so gehen lassen. Es geht um Anerkennung und zeigt auch, dass sie jetzt eine erwachsene Frau ist.«

In der Stadt sorgt die App weiter für, sagen wir, Überraschungen: Null Kühe, weil sie ihr Abitur nicht eingegeben hatte.

Philemon Tembe, Onkel des Bräutigams:

»Ich würde das nicht erlauben, meint er nach einer langen Erklärung, was überhaupt eine App ist. Sie sprechen ohne Familie, nur für sich selbst. Das ist nicht okay.«

Zinhle Zungu, Cousine des Bräutigams:

»Wir müssen doch miteinander reden. Die Familie muss den Preis festlegen. Schließlich will meine Familie die Tochter der anderen. Das geht doch nicht übers Handy.«

Fleisch der geschlachteten Kuh
Fleisch der geschlachteten Kuh | Bild: Bild: BR

Eine Kuh haben sie auch geschlachtet. Auch das will die Tradition. Mit dem Blut gilt die Einigung auch vor den Ahnen als besiegelt. Und die Lebenden feiern jetzt die Verbindung zweier Familien.

Robert Matsaneng, App-Erfinder:

»Wir Städter haben unsere Wurzeln verloren, und die App hilft zu den Wurzeln zurück zu finden. Es geht nicht um Geld, sondern um die tiefere Bedeutung.«

Das betonen sie übrigens auch auf dem Land: Es geht nicht darum, eine Frau zu kaufen. Das verbietet die Kultur. Es ist eher eine Art Ablösesumme für das, was die Familie investiert hat.

Autor: Ulli Neuhoff, ARD Johannesburg

Stand: 16.03.2015 00:46 Uhr

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