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Südafrika: 20 Jahre Demokratie

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Südafrika: 20 Jahre Demokratie | Bild: Das Erste

Sie sind zu jung, um eigene Erinnerungen an den Anti-Apartheid-Kampf zu haben, der das Land so sehr prägte. Über Jahrzehnte waren das die Bilder, die die Welt mit Südafrika verband.

Graeme Williams
Graeme Williams | Bild: Bild: BR

Fotografen waren damals Presse-Fotografen. Für Mode oder ähnliches war kein Raum. Die Gewalt, der Kampf gegen das Regime, das waren die Themen auch von Graeme. Über Jahre fotografierte er für Reuters, vollgepumpt mit Adrenalin immer auf dem Sprung.

Graeme Williams, Fotograf:

»Du hast einfach gewartet, bis das Telefon klingelte. Dann hörtest du, dass da wieder drei Tote in Soweto waren, und du stiegst in dein Auto und fuhrst hin. Heute fühle ich mich eher von einer Szene angezogen. Und dann schaue ich, wie ich darauf reagierten kann.«

Für Graeme war es eine bewusste Entscheidung, gegen den Schnellschuss und die Abgestumpftheit, die damit einhergeht. Jetzt schaut er genauer hin. Aber noch immer ist Südafrika, die Menschen und ihr Leben sein Thema.

Graeme Williams, Fotograf:

»Vor 20 Jahren wären das hier nur Wellblechhütten in Buschland gewesen, nichts drum rum, während jetzt Strom zu den Menschen gebracht wurde. Sobald du das hast, können deine Kinder nachts Hausaufgaben machen.«

Vieles hat sich verändert, das dokumentiert Graeme. Immer wieder geht er zu Schauplätzen aus der brutalen Vergangenheit zurück. Sein bekanntestes Foto ist hier entstanden, im Stadion am Rande einer Kundgebung mit Mandela.

Graeme Williams, Fotograf:

»Hier sieht man das alte Regime, wie es vom gepanzerten Fahrzeug herab die Menschen beobachtet, und dann hast du hier die Kinder aus der Township, die ihre neue Macht zur Schau stellen. Denn jetzt hatten sie keine Angst mehr.«

Keine 25 Jahre ist das her. Mandela war gerade aus dem Gefängnis gekommen. Hoffnung auf das Ende der Apartheid.

Aber erst einmal eskalierte die Gewalt. Die Jahre vor den Wahlen, waren die blutigsten in der Geschichte des Anti-Apartheid-Kampfes.

Graeme Williams an dem Mahnmal
Graeme Williams an dem Mahnmal | Bild: Bild: BR

Graeme erinnert sich, die Toten der Township Thokoza sind eng mit seiner Geschichte verbunden. 688 waren es alleine hier.

Spurensuche. Das Schild zur Gedenkstätte. Graeme fotografierte es vor zwei Jahren, es ist kaum mehr zu sehen. Überwuchert, wie vieles wofür sie gekämpft hatten.

Graeme Williams, Fotograf:

»Die Tatsache, dass dieses Bild gewählt wurde, um an die Opfer zu erinnern, ist interessant, denn es setzt fast die alte Gewalt fort. Die Gewalt ging von der bewaffneten Polizei auf die bewaffneten ANC-Anhänger über.«

Südafrika hat sich verändert. Graeme zeigt die Veränderungen. Die Befreiung, aber eben auch die Korruption, und viele, sehr viele enttäuschte Versprechen, allen voran, das der Regenbogennation.

Graeme Williams, Fotograf:

»Südafrika hat für mich zwischen 1994 und 1998 funktioniert, als Nelson Mandela im Amt war. Davor war es ein sehr schwieriges Land und ich war nicht stolz ein Südafrikaner zu sein, und ich muss sagen, nach Mandela trifft das wieder zu.«

Vieles hat sich verändert in nur 20 Jahren, manchmal so, dass Graeme die alten Schauplätze erst suchen muss. Früher bestimmten europäische geprägte Geschäfte die Innenstadt. Schwarze waren nur tagsüber geduldet.

Gleichzeitig ist das hier aber auch der Schauplatz einer der blutigsten Demonstrationen überhaupt. Wo genau Graeme das Foto aufnahm, ist nur noch zu erahnen.

Damals bekämpften sich ANC und Inkatha-Anhänger – ein brutaler Bruderkrieg kurz vor den ersten freien demokratischen Wahlen.

Shooting auf der Straße
Shooting auf der Straße | Bild: Bild: BR

Und hier fotografiert Themba heute die Mode junger Designer. Das Raue, zuweilen auch Brutale ist immer noch Teil des modernen Südafrika, das Ergebnis der Geschichte und von 20 Jahren ANC-Regierung. Aber das interessiert sie nur wenig, selbst wenn der Präsident Geld veruntreut, ist das höchstens eine Randbemerkung für sie.

Mandisa Mani, Model:

»Er ist der Anführer aber nicht mehr lange. Bald wird ein anderer kommen und die Dinge ändern. Dann wähle ich wieder.«

Themba Mbuyusa
Themba Mbuyusa | Bild: Bild: BR

Themba Mbuyusa, Fotograf:

»Ich werde für die Person stimmen, die mir diese Gebäude gegeben hat, die mir die Freiheit gebracht hat, das alles hier.«

Reporter:

»Der ANC?«

Themba Mbuyusa:

»Ja, Mann, für mich geht das auf.«

Darüber zu streiten aber, wäre ihnen fremd. Sie drücken sich so aus, durch ihre Kunst.

Junge Menschen – nicht mehr politisiert, beklagen die Alten auch in Südafrika. Und doch schwingt Politik unterschwellig doch häufig mit.

Themba Mbuyusa, Fotograf:

»Das ist das Bild des Tages: Das zeigt Südafrika, das ganze Südafrika. Wir lassen diese Dunkelheit hinter uns und gehen voran mit all der Farbenfreude, leuchtenden Farben. Deshalb ist es das Foto des Tages, ich mag es.«

Eine politische Analyse ist das sicher nicht, aber so nimmt Themba Südafrika wahr. Sein Südafrika ist nicht mehr das der alten Kämpfer. Ihr Kampf – so sieht es Themba aber auch - hat sein Leben erst ermöglicht.

Autor: Ulli Neuhoff / ARD Johannesburg

Stand: 05.05.2014 00:48 Uhr

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