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Syrien: Eingekesselt von Assads Truppen

Alltag in einer belagerten Stadt

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Syrien: Eingekesselt von Assads Truppen | Bild: BR
Ein Mann in einer zerstörten Straße
Ein Mann in einer zerstörten Straße | Bild: Foto: BR

Bestandsaufnahme in einer sterbenden Stadt: Reporter der unabhängigen Zeitschrift Oxygen dokumentieren, was noch übrig ist vom belagerten Zabadani. Täglich schlagen hier Granaten ein. Die Chefredakteurin nennt sich Nermin, sie will nicht erkannt werden.

»"Trotz all dieser Umstände ist unsere Entschlossenheit unerschütterlich. Wir haben teuer bezahlt für unsere Revolution in den letzten zwei Jahren. Und wir werden nicht aufgeben." Nermin«

Der Name ihres Magazins "Oxygen" - Sauerstoff - erinnert an die Zeiten, in denen Zabadani als Luftkurort beliebt war bei den Bewohnern der nahegelegenen Hauptstadt Damaskus. Inzwischen ist der Ort hart umkämpft, die idyllische Höhenlage an der libanesischen Grenze hat nur noch militärstrategische Bedeutung.

Einer, der trotz Beschuss bleibt, ist der Graffiti-Künstler Khaled K. Er schickt eine Botschaft an den Westen: "Warum verschließt ihr die Augen vor den Diktaturen des Ostens?" fragt er. Der Oxygen-Reporter dokumentiert.

Eine Karikatur Assads, der rote Linien überschreitet
Eine Karikatur Assads, der rote Linien überschreitet | Bild: Foto: BR

Schlussredaktion der Zeitung im Wohnzimmer. Die Redaktionsräume wurden von den Regierungstruppen zerstört. Gezielt - sagt die Chefredakteurin, die auch Karikaturen zeichnet.

»"Präsident Assad überschreitet eine rote Linie nach der anderen. Die USA schweigen und radieren die Linien einfach weg. Und politische Resolutionen haben die Syrer endgültig satt, sagt dieser Cartoon." Nermin«

Im Januar 2012 erschien die erste Ausgabe der Oxygen, damals noch gedruckt. Inzwischen fehlt Papier, die Druckmaschinen sind zerbombt, Oxygen erscheint aber weiter - im Internet und über Facebook. Nermin kritisiert die Brutalität der Regierung, aber auch die Opposition.

»"Das größte Problem sind doch die Waffen und die Dschihadisten: Sie haben der Revolution am meisten geschadet." Nermin«

Ihre Kollegen mischen sich ein: Als erste habe doch die Armee auf friedliche Demonstranten geschossen.

»"Waffen führen zum Bürgerkrieg. Wir töten uns gegenseitig. Syrer töten Syrer." Nermin«

Eine mit Trümmern bedeckte Straße
Eine mit Trümmern bedeckte Straße | Bild: Foto: BR

Zabadani war die erste so genannte befreite Stadt der bewaffneten Opposition. Seit über einem Jahr wird sie von Assads Armee belagert. Von 40.000 Einwohnern sind nur wenige Tausend geblieben.

Dazu kommen einige Hundert Kämpfer, Einheiten der Freien Syrischen Armee und islamistische Milizen. Regierungssoldaten beschießen sie regelmäßig von den umliegenden Hügeln. Die Stadt ist eingekreist. Nermin schreibt trotzdem offen ihre Meinung über beide Seiten.

»"Die Rebellen haben uns gewarnt, wir sollten sie nicht kritisieren. Das sei für sie eine rote Linie. Aber uns geht es darum jeden Fehler zu benennen, egal wer ihn begeht." Nermin«

Nermin geht lieber nicht ins Detail, aber es wird deutlich, dass die islamistischen Milizen längst auch das zivile Leben in Zabadani dominieren. Den Bürgern bleibt keine andere Wahl als mitzumachen.

»"Diese Häuser um uns werden jeden Tag beschossen. Wir müssen unsere Wege freihalten, also räumen wir auf." Abu Jaber, Kommandeur Ahrar al-Sham, Zabadani«

Späher beobachten ständig die Militärstützpunkte um die Stadt und warnen über Funk vor Granateinschlägen.

Ein Mann mit einer Kelle in der Hand
Ein Mann mit einer Kelle in der Hand | Bild: Foto: BR

Wegen der Blockade kommen nur noch unregelmäßig Lebensmittel nach Zabadani, meist Schmuggelware aus dem Libanon. Die Kämpfer legen täglich Geld zusammen, damit es für ein Mittagessen reicht.

»"Die sind doch alle ohne Familie hier, und keiner kann kochen." Wael Burhan, Koch«

Auch einige Zivilisten holen sich hier Essen.

Das "befreite" Zabadani gleicht einem großen, verwüsteten Gefängnis. Und ausgerechnet hier schreibt eine Handvoll junger Leute unermüdlich gegen die Zerstörung und Spaltung ihres Landes an.

»"Wir haben die Zeitung gegründet, um zu zeigen, was wir wollen, von welchem Syrien wir träumen. Dieser Traum ist das Projekt unseres Lebens." Nermin«

Für Nermin beginnt Demokratie mit der Freiheit des Wortes.

Autor: Carsten Stormer

Stand: 15.04.2014 11:05 Uhr

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