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Großbritannien: Brexit – Charmeoffensive der Royals

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Großbritannien: Brexit – Charmeoffensive der Royals | Bild: NDR

So sieht sie also, aus die Charmeoffensive mit Krönchen. Ihre Königliche Hoheit, der Prince of Wales, bereisen und betanzen Rumänien. Allerlei Folklore – im Auftrag ihrer Majestät Regierung, genau genommen des Außen- und Commonwealth Ministeriums. Robert Jobson, von Beruf königlicher Korrespondent, ist gewaltig rumgekommen dank der Royals – jetzt liegt nur noch Europa auf der Reiseroute. Keine Frage, die Royals müssen ran, weichpolieren, wo der Brexit harte Kante schafft. Marokko ist aus der Reise gestrichen, durch Österreich ersetzt, vorher noch ausführlich Italien. "Ganz klar – das Außenministerium benutzt die königliche Familie für die softe Seite im Gegensatz zum harten Brexit von Frau May und ihrer Regierung", sagt Robert Jobson.

Meisterstück diplomatischer Kunst

Prinz Charles
Prinz Charles' Besuch in Bukarest brachte schöne Bilder - nie waren die lächelnden Royals so wertvoll wie heute. | Bild: NDR

Man kann es mit Fug und Recht ein Meisterstück diplomatischer Kunst nennen, die Briten sind bekannt dafür: Subtile Inszenierung, der Prinz macht das, was er am besten kann – alter Tradition nachspüren im Museumsdorf in Bukarest. Schöne Bilder inklusive. Nicht nur die Frühlingssonne wärmt die nationale Seele, da kann man doch gar nicht mehr böse auf den Brexit sein. Nie waren die lächelnden Royals so wertvoll wie heute.

Königliche Familie als "finales Werkzeug"

Und das sind die ultimativen Stellschrauben im Werkzeugkasten britischer Diplomatie. Keiner kann Tamtam wie das Vereinigte Königreich. Bärenfell trifft Brexitwelt. So werden demnächst neue Handelspartner umgarnt. Auch Chinas Xi Jinping war begeistert von der Kutschfahrt mit der alten Dame. Gute Mine zum großen Geschäft. Heute wie damals. Staatsräson. Rumäniens Diktator Ceaucescu , identifiziert als Kommunist mit Handelspotential, kutschierte Mam bereits 1978 durch die Stadt. Paul Flynn hat das alles miterlebt, in seinem Parlamentsbüro über den Dächern von Westminister. Genug ist genug – neulich führte der 81-Jährige noch mal eine Revolte an. Kein Staatsbesuch für Donald Trump. Brexit hin oder her. Schluss müsse sein mit der Prostituierung der Royals. "Dem Typen würde man doch am liebsten einen Stuhl über den Schädel ziehen", sagt der Labour-Parlamentarier. "Eine unmögliche Person. Es ist schon durchaus ein Zeichen von Verzweiflung, Trump nach nur sieben Tagen einzuladen und die königliche Familie reisend als das finale Werkzeug zu benutzen."

Kreativer Hochleistungssport für Britanniens Diplomatie

William und Kate in Paris.
William und Kate waren zu Besuch in Paris. | Bild: NDR

Das passende Farbklima, der richtige Pinselstrich, soft power ist in diesen Tagen kreativer Hochleistungssport für Britanniens Diplomatie und für Rob Jobson. Zum Malen kommt er nicht mehr so oft. Rasch eine Skizze vom Eiffelturm – von der Visite der jungen Cambridges neulich in Paris. Wichtiges Pflaster, Frankreich wird Ärger machen – aber ein solches Lächeln, die müssen doch schmelzen, die Franzosen. Kate mit Kindern und Kuscheltier, bei den Veteranen und natürlich in Chanel, William bei der Wirtschaft, ein Kurztrip, meisterhaft durchkomponiert für Herz und Auge und für die Zeit, wenn der Brexit noch mehr Schatten über das Verhältnis zu den europäischen Nachbarn wirft.

Prinz Charles mit eigener Agenda

Prinz Charles mit Menschen in Bukarest.
Prinz Charles ist regelmäßig in Rumänien zu Besuch, kümmert sich um den Wiederaufbau von Dörfern und unterstützt Kinderstiftungen. | Bild: NDR

Jobson meint übrigens herausgefiltert zu haben, dass die jungen Royals anders als die Queen gegen den Brexit waren, und doch sie machten alles, was der Botschafter wollte, erzählt er. Ein starker Mann. "Er nutzte die William-und-Kate-Marke perfekt, um seine Botschaft klarzumachen. Wir sind Nachbarn, wir bleiben kulturell und historisch verbunden." Rob Jobson kennt seine Royals. Vor allem Charles. Und der hat seine eigene Agenda. Charmeoffensive ja, aber Handelsreisender, der Geschäfte macht – ohne ihn. Da müssen andere nachlegen. In Rumänien ist er ein Freund, mindestens einmal im Jahr zu Besuch, er kümmert sich um den Wiederaufbau von Dörfern, unterstützt Kinderstiftungen. Kein Mensch hier bringt Britanniens ewigen Prinzen mit der schäbigen Brexit-Kampagne zu Hause in Verbindung. Die richtete sich gegen EU-Migranten aus Osteuropa, vor allem auch die aus Rumänien. "Für uns bedeutet es sehr viel, dass er die rumänische Geschichte, unsere Traditionen und Bräuche so schätzt", sagen die Leute in Rumänien. "Und unser Land offensichtlich liebt. Und darauf bin ich auch persönlich sehr stolz."

Beispiellose Charmeoffensive

Mission accomplished – Herzen erobert. Aus so was sollen Handelsverträge erwachsen. Britanniens Diplomaten seien sehr zufrieden, meldet Reporter Jobson nach Hause. Und das ist erst der Anfang einer beispiellosen Charmeoffensive. Aber längst nicht überall wird es so leicht wie hier in Bukarest.

Autorin: Hanni Hüsch, ARD-Studio London

Stand: 14.07.2019 07:09 Uhr

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