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Kuba: Wandel durch Annäherung?

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Kuba: Wandel durch Annäherung? | Bild: ARD

Überaschend und spektakulär war die jüngste Ankündigung des US-Präsidenten Obama, „normale“ Beziehungen zu Kuba zu suchen. Zwei „Erzfeinde“ gehen nach über fünf Jahrzehnten plötzlich aufeinander zu. Botschafter sollen ausgetauscht und die Handelsbeziehungen verbessert werden. Hat das auch einen politischen Wandel auf der karibischen Insel zur Folge? ARD-Korrespondent Peter Sonnenberg, Studio Mexiko, geht der Frage nach, ob das politische Tauwetter in der kubanischen Hauptstadt Havanna schon zu spüren ist.

Fahrradrikscha auf Straße
Unternehmer aus den USA hoffen auf gute Geschäfte wenn das Embargo fällt  | Bild: SWR

Der Erzfeind USA ist über Nacht zum Darling geworden in Kuba. Die amerikanische Variante der Berliner Bären ist in Havanna ein begehrtes Fotoobjekt. Die Wanderausstellung ist zufällig zeitgleich in Kuba, zeitgleich mit vielen reiselustigen Amerikanern, die neuerdings Kuba entdecken dürfen. Oder Geschäfte auf der Karibikinsel wittern. Brian Hall will bei den Ersten sein, die hier Geld machen. Er will vorbereitet sein, für den Moment, wenn das Embargo fällt und das Fell des kubanischen Bären verteilt wird. "Was hier gerade passiert, ist unser Berliner Mauerfall!" sagt Brian Hall, Unternehmer aus Jacksonville Florida. "Auf einmal interessieren sich Kubaner und Amerikaner füreinander. Wollen Familien zusammenführen, Freunde wieder treffen, Geschäfte zusammen machen, und mal die andere Kultur kennenlernen."

Und da dürften Welten aufeinanderprallen. Kuba ist nach der Revolution vor 56 Jahren stehengeblieben. Das US-Embargo ist dafür sicher nicht allein verantwortlich, es hat dem Land aber sichtbaren Schaden zugefügt. Mangel wurde zu Kubas Markenzeichen und hat die Inselbewohner zu Meistern der Improvisation gemacht. Was Touristen an Kuba so besonders finden, raubt den Menschen hier den letzten Nerv. Sie würden Oldtimer und Altbau sofort gegen alles eintauschen was nicht klappert oder stinkt. Jetzt haben sie Hoffnung, dass auch sie bald einfach mal ein neues Handy kaufen können, anstatt das alte immer fünfmal reparieren zu lassen. "Um ein Telefon zu reparieren brauche ich ein zweites, um an die Ersatzteile zu kommen", klagt Giovani, Besitzer einer privaten Handywerkstadt. "Die kann man hier nicht einfach im Laden kaufen. Wenn Obama jetzt Beziehungen zu Kuba aufnimmt, dann wird das sicher alles viel einfacher."

Taxi auf Straße
In Kuba erfährt man Neuigkeiten am besten bei einer Taxifahrt | Bild: SWR

Neuigkeiten erfährt man in Kuba am Taxistand. Taxifahrer wissen alles und wenn sie sicher sind, dass man kein staatlicher Spitzel ist, erzählen sie auch gern. Hier treffen wir Yoel und Ciro und fragen sie, was sie denn von der Annäherung zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten haben werden. "Ganz ehrlich, ich versteh nicht viel von der Politik, die die da machen. Ich rede mit Dir über alles, Angeln, Autoreparatur oder Astronauten - aber nicht über Politik." "Also", frage ich, "erzählst mir was über Dich?" "Klar, steig ein und ich erzähl Dir alles was Du willst." Und dann erzählt er - hauptsächlich über Politik. Dass er Wirtschaft studiert hat, und damit hier kein Geld verdienen konnte. Dass er Taxi fährt, seit er zum zweiten Mal Vater geworden ist und jetzt mehr Geld braucht, als die üblichen 30 Dollar Monatslohn. Und dass in Kuba alle hoffen, dass das Embargo fällt damit sich was verändert. "Wir wissen halt nicht genau, was auf uns zu kommt. Langfristig werden viele neue Firmen aus dem Ausland kommen und die brauchen hier hoffentlich Arbeitskräfte."

Brian ist hergekommen um Leute zu finden, die für ihn arbeiten. Er will eine Fährverbindung zwischen Kuba und seiner 180 Kilometer entfernten Heimat Florida anbieten. Das einzige Schiff auf das Kubaner derzeit dürfen, ist diese alte Fähre, die die Ufer der Bucht von Havanna verbindet. Schiffe waren wegen der Fluchtgefahr lange tabu für Kubaner. "Dieses Fährsystem braucht dringend ein Upgrade", meint Brian Hall, Unternehmer aus Jacksonville Florida. "Wir werden hier ein paar schicke Fährschiffe herbringen, und viele Menschen transportieren. Schnellfähren die 60 Stundenkilometer schaffen. Key West Havanna, one way, für 150 Dollar und das in drei Stunden."

Mit seinem Privatflugzeug hat er eine halbe Stunde gebraucht. Er sei der erste amerikanische Privatpilot, erzählt er stolz, der in Kuba eine Landeerlaubnis bekommen habe. Eduardo Correa imponiert das. Der 27-jährige kann noch gar nicht glauben was ihm passiert. Er hat Brian mit seinem Taxi Havanna gezeigt. Hinterher hat der Amerikaner ihm eine Stelle angeboten. Jetzt soll er helfen, Brians Idee in Kuba bekannt zu machen."Er redet kaum spanisch, aber ich ganz gut englisch. So wie ich das sehe kann ich Brian hier Arbeit abnehmen. Für mich ist es eine tolle Chance, und ich könnte meinem Land mehr nutzen als jetzt als Taxifahrer."

Auto parkt vor Haus
Taxifahrer Yoel ist skeptisch gegenüber den USA  | Bild: SWR

Unser Taxifahrer Yoel ist nicht überzeugt davon, dass der Kontakt zu den USA nur Vorteile bringt. Kubaner verbindet eine Hassliebe mit ihrem Land. Sie haben nicht viel, aber sie müssen sich auch nicht viel Sorgen machen. Yunitza, Yoels Frau ist Informatikerin. Sie sagt, sie könnten anderswo so viel erreichen mit ihrer Ausbildung, aber hier überlebe auch der, der sich nicht anstrengt. "Kuba ist weltweit einzigartig", sagt Yoel." Wegen dem was es Dir bietet und dem, was es Dir nicht bietet. Ich kann es hier aushalten, aber es nimmt mir die Luft zum Atmen, entfalten kann ich mich hier nicht." Er kennt nur das kommunistische Kuba. Seine Kinder erleben vielleicht einen Wandel, zurück zu einem Kuba das es schon mal gab. "Früher war Kuba ja mal sowas wie die Außenstelle der Vereinigten Staaten. Kubaner waren Geschäftsleute. Ich hab vom Kapitalismus keine Ahnung, aber ich glaube, dass er besser für uns wäre." Über Nacht, sagt Yoel, wird sich hier gar nichts ändern, meine Probleme muss ich schon noch ohne die Amerikaner lösen. Das Taxi mit dem er uns gefahren hat, war nämlich von Ciro geliehen. Erst wenn er 300 Dollar Reparaturkosten zusammen hat, bekommt er den Motor seines eigenen Autos aus der Werkstatt zurück.

Und auch für Brian läuft noch nicht alles rund auf seiner ersten Kuba-Geschäftsreise. Obwohl Obama es versprochen hatte, funktioniert hier keine seiner Kreditkarten. Die 3 Dollar fürs Taxi muss sein neuer Geschäftspartner ihm pumpen.

Stand: 09.02.2015 13:20 Uhr

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