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Venezuela: Qual der Wahl nach Chavez

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Venezuela: Qual der Wahl nach Chavez | Bild: WDR
Flagge von Venezuela
Flagge von Venezuela

In Venezuela hat es nie eine Revolution gegeben, die Propagandalieder, die Elda Hernandez singt, erzählen dennoch von einer heldenhaften Revolution des Hugo Chavez. Sie wird heute, für seinen Wunschnachfolger stimmen, für Nicolas Maduro, weil der die gleiche Politik machen wird wie Chavez, der vielen Reichen ihr Vermögen genommen hat, um es unter den Armen zu verteilen.

Elda Hernandez, Chavista, Chavez-Aktivistin, Maduro Unterstützerin:

»Dieser Staat gibt mir viel Liebe, er hat mir die Ausbildung für meine Kinder geschenkt und eine Wohnung. Ich bin dem Präsidenten und der Revolution sehr dankbar.«

Nicoás Maduro, Präsidentschaftskandidat Vereinigte Sozialistische Partei Venezuela
Nicoás Maduro, Präsidentschaftskandidat Vereinigte Sozialistische Partei Venezuela

Dem Kandidaten Nicolas Maduro, ex Busfahrer, ex Gewerkschafter und ex Außenminister, fehlt der populistische Charme eines Hugo Chavez. Wahlkampf macht die Partei mit Chavez, Maduro hält sein Gesicht hin.

Nicolás Maduro, Präsidentschaftskandidat Vereinigte Sozialistische Partei Venezuela:

»Der Imperialismus, die dekadente Bourgeoisie, die Parasiten Venezuelas dachten nach dem Tod des Comandante die sozialistische Revolution des 21. Jahrhunderts wäre am Ende, aber nein, die Revolution geht weiter.«

Doch trotz allem Konfetti könnte es eng werden für die Chavistas, eben weil da vorne nicht mehr der Comandante tanzt, sondern eine farblose Kopie.

Für dankbare Chavistas wie Elda Hernandez kommt dennoch kein anderer Kandidat in Frage.

Als ein Regen ihre Hütte im Armenviertel wegspülte, durfte sie in eines der schönen Chavez Häuser ziehen. Allein in der Hauptstadt Caracas gibt es zehntausende solcher kostenloser Wohnungen.

Die Begeisterung ist echt. Gas, Wasser, Strom und ärztliche Versorgung gibt’s hier gratis und Maduro verspricht, dass alles so bleibt.

Hugo Chávez, verstorbener Staatspräsident von Venezuela
Hugo Chávez, verstorbener Staatspräsident von Venezuela

Chavez hatte im Oktober noch alles gegeben und die Wahl knapper als sonst gewonnen. Doch dann kam der Krebs zurück und er bat seine Anhänger Nicolas Maduro zu wählen, sollte ihm etwas zustoßen. Das blieb der letzte große Auftritt des Präsidenten der von der Hälfte seines Volkes verehrt wurde. Die Schlangen vor seinem aufgebahrten Sarg waren fünf Kilometer lang.

Chavez Wunsch ist für die meisten Chavisten Befehl und deshalb steht Elda Hernandez am Tag drauf vorm Haus und wird Teil der Propaganda für Nicolas Maduro. An seinem Wahlerfolg zweifeln die Nachbarn nicht.

Elda Hernandez:

»Capriles hat keine Chance. Jeder weiß, dass es in Venezuela mehr Arme gibt, als Reiche und bei uns ist es ganz einfach, die Reichen wählen Capriles, die Armen Maduro und Hugo Chavez.«

Henrique Capriles, Präsidentschaftskandidat Tisch der demokratischen Einheit
Henrique Capriles, Präsidentschaftskandidat Tisch der demokratischen Einheit

Henrique Capriles mobilisiert fast so viele Menschen wie Maduro. So sahen die Straßen in Caracas bei seinem Wahlkampfabschluß aus. Der vierzigjährige Gouverneur fordert Wirtschaftsreformen, er will die Bündnisse zu Iran, China und Russland überprüfen und Schluss machen mit Ölgeschenken an Kuba.

Henrique Capriles, Präsidentschaftskandidat Tisch der demokratischen Einheit:

»Dieses Land hat eine Regierung die vom Weg abgekommen ist, die korrupt ist und die ihr Volk hasst. Ich bin heute hierher gekommen um Eurer Vertrauen zu gewinnen und euch um Eure Stimme zu bitten, damit ich dieses Land retten kann.«

Vier Autostunden raus aus Caracas zeigt uns der Capriles Anhänger Alfredo Arévalo Land auf dem seine Familie fast hundert Jahre lang Zuckerrohr angebaut hat. 2009 wurde sein Besitz zum Wohle des Volkes, enteignet. Auf das Wohl wartet das Volk noch, denn seit der Enteignung wächst hier praktisch nichts mehr.

Jetzt ist hier ein Staatsbetrieb und die Arbeiter kommen sofort um nach unserer Drehgenehmigung zu fragen, obwohl wir draußen stehen. Aber sie wissen nicht, wer Alfredo ist.

Wissen Sie denn, was aus dem ehemaligen Besitzer des Landes geworden ist, frage ich sie.

Bäuerin:

»Wer der Besitzer war? Egal, der war kein Bauer, der hat hier nur Geld Geld Geld gescheffelt. Wir brauchen das Land dringender als er - zum arbeiten und zum leben.«

In einer seiner wöchentlichen Propagandasendungen hatte Hugo Chavez verkündet 29 Finkas in diesem Tal zu enteignen. Alfredo Arévalo und seine Nachbarn erfuhren es aus dem Fernsehen.

Die enteigneten Farmer wollen diese Regierung natürlich stürzen sehen. Die Angestellten, die auf den Finkas Jobs und Unterkunft verloren haben genauso. Am schlimmsten aber, sagen sie, sei die Machtlosigkeit.

Alfredo Arévalo:

»Wir dachten, wir könnten uns dagegen wehren, weil diese Enteignung natürlich völlig illegal war, aber die kamen hier mit schwerbewaffnetem Militär an und haben sich das Land einfach genommen, und da konnten wir nichts mehr tun.«

Einige Farmer im Tal hatten Glück und wurden nicht enteignet, die Auswahl erschien völlig willkürlich. So wie auf dieser Nachbarfinka wuchs früher in der ganzen Region Zuckerrohr. Alfredo Arévalo produzierte früher 150 Tonnen Zucker im Jahr, heute muss Venezuela Zucker importieren, denn das enteignete Land liegt jetzt fast ausnahmslos brach. Die angekündigten Wohnblocks für die versprochene Arbeiterheere, blanke Fantasie.

Familie Arévalo ist das Haus und ihr Erspartes geblieben und er hat einen Verwaltungsjob. Es geht ihnen auch heute nicht schlecht. Aber das Land, das sein Großvater vor 93 Jahren gekauft hat, wollen sie noch nicht aufgeben.

Alfredo Arévalo:

»Jeder weiß, dass das unser Land ist, und das meine Familie es seit 1920 bearbeitet. Diese Urkunde hier ist bis heute das einzige Schriftstück, dass etwas über den Besitz aussagt, und diese Urkunde gibt mir das Recht, wenn eine andere Regierung Venezuela zu einem Rechtsstaat macht, mein Land zurückzufordern.«

Elda Hernandez will nicht, dass andere reich sind, während sie subventionierte Lebensmittel kauft. Chavez sagt sie, wollte dass alle Venezolaner gleich sind, aber die waren nie so gespalten wie heute. Die eine Hälfte hat Angst, dass der Staat ihnen nichts mehr gibt wenn Henrique Capriles gewinnt und die andere Hälfte, hat Angst, dass der Staat ihnen alles nimmt, wenn Nicolas Maduro Chavez beerbt. Bis jetzt ist nur das sicher an diesem Wahltag, einen Präsidenten für alle werden die Venezolaner heute nicht wählen.

Autor: Peter Sonnenberg

ARD Studio Mexiko

Stand: 22.04.2014 13:49 Uhr

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