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England: Der Wahnsinn am Londoner Wohnungsmarkt

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England: Der Wahnsinn am Londoner Wohnungsmarkt | Bild: WDR

Achtung, das ist ein Porno, ein Immobilienporno – man kann einfach nicht weggucken. Sollte man aber besser.  Auf dem Designersofa werden sich schon bald die Superreichen  lümmeln. Peter Wetherell zeigt das Sahnestückchen mit  der Non-Chalance des Gentlemans. Prime-Location, Spitzenpreis – Fast 50 Millionen Euro soll das Penthouse mit den sieben Bädern einspielen. Minimum.

Peter Wetherell, Makler:

»Meine Klienten sind im Cash-Geschäft. Also sie zahlen bar. Sie sehen den Wert, den sie kaufen – sie transferieren Wohlstand von der Bank in Stein und Wasser.«

Eine Führung wie durch einen Filmset – schließlich hat sich hier schon Tom Cruise gebettet. Und Cher. Nacheinander. Für 80.000 Euro die Woche. Wetherell preist den  James Bond Moment.

Wie hoch die Gewinnmarge des Besitzers sein wird, darüber schweigt der Gentleman-Makler. Die Geschäfte in London laufen erstklassig – ein solches Penthouse ist Prestige und Investition. Vor allem für Ausländer.

Macht sicher Spass hier zu kochen, frage  ich und ernte Erstaunen –

Peter Wetherell, Makler:

»Jaja aber meine Klienten lassen catern.«

Protest gegen die Luxusmieten.
Protest gegen die Luxusmieten. | Bild: WDR / WDR

London – cool, schön, begehrt. Glücklich wer hier hat. Die Megacity der Milliardäre atmet Geld und giert nach mehr.  London catert für die Reichen,  wenig Steuern, viel Sicherheit, gute Schulen. Den Blick immer nach oben. Großstadt Glämorous – Großstadt Gnadenlos.

Noch sind sie ein kleines Trüppchen, aber sie werden immer mehr in London, ihre Botschaft ist kraftvoll. Schluss mit der sozialen Säuberung. Wohnen ist  Menschenrecht.

In Peter Wetherells feinem Maifair machen die Anwohner der Barnet-Siedlung  mobil gegen einen Investor, der sie aus ihren Wohnungen vertrieben hat.

Dilem Kurt, Anwohner:

»Sie zerstören alles, unser ganzes Leben. Keiner kümmert sich, niemand hört uns zu,  immer nur Lügen.«

Hier im Barnet Estate im Norden Londons haben bis vor kurzem 150 Familien gelebt, dann kam die Zwangsräumung – das Fleckchen Erde mit der guten U- Bahnanbindung an die City, zu kostbar für Sozialwohnungen. Auch hier sollen jetzt  Luxusappartements  entstehen.

Hier zeigt  Londons Housing-Krise ihr traurigstes Gesicht.

Und Dilem führt zu dem Haus, in dem sie glücklich waren. Perfekt war es, für Bruder und Eltern, eine schöne Küche, ein Zuhause eben. Man hat sie kurzerhand in eine Notunterkunft verfrachtet.

Dilem Kurt, Anwohner:

»Alles dreht sich in London ums Geld. Reiche können hier leben, wir nicht. Wir haben kein Geld. Hast du es, bist du gut dran, hast Du es nicht, bist du draußen.«

Hoch, höher!  London boomt. Verändert nicht nur das Gesicht. Auch die Seele. Südlich der Themse – ein Riesenprojekt. 18.000 Wohnungen. Noch mehr Luxus. Diesmal Für Chinesen. Wohnen werden die hier nicht. Aber Geld machen. Monoploy. Und Londons Mittelschicht spielt nicht mehr mit.

Frühstück gibt’s bei den Browns nur im Stehen, manchmal dauert die Fahrt zur Arbeit in die City drei Stunden, aber eine Wohnung in Stadtnähe können sie sich nicht leisten. Unbedingt möchten sie kaufen – schon wegen der erstaunlichen Auflagen im Mietvertrag.

Eirin Brown, wohnt außerhalb von London:

»Da ist diese Ausschluss-Klausel, die uns verbietet, Kinder zu haben. Was sie dürfen hier keine Kinder haben? – Ganz schön hart!«

Miese Mieterrechte und die britische DNA, dass jeder ein Häuschen sein eigen nennen sollte – treibt die Beiden jedes Wochenende durch immer neue Stadtteile. Mit jedem Kilometer näher ran an die Stadt und mit jedem Monat, der vergeht, werden Londons Haus- Preise unerreichbarer. Walstomstow im Nordosten – bis vor kurzem war das hier kein dolles Pflaster – jetzt lassen sich auch hier Spitzenpreise erzielen. Goldgräberstimmung.  Zu wenig Angebot, zu hoch die Nachfrage.

Aufsager:

»Umgerechnet 730.000 Euro, eine Menge für zwei kleine Schlafzimmer und dann 15 Prozent Anzahlung – wieder nichts.«

Deswegen haben sie sich jetzt auf ein Blinddate eingelassen.

Eine Kuppel-Website für klamme Häuslekäufer hat sie mit Xavier zusammengespannt. Auch der will nicht mehr Mieter  sein. Sich einfach zusammentun, das könnte eine Lösung sein und Schule machen in London

Drei Minuten gibt ihnen der Makler – und bitteschön schnell entscheiden. Die Konkurrenz ist  groß. Wir dürfen nicht mit rein. Also Handy raus und abgefilmt. Aber wie bitte schön soll man in drei Minuten entscheiden, ob Raum und Blinddate passen. Geht gar nicht. Der Traum vom eigenen Haus bleibt ein Alptraum nicht nur für die Browns.

Sir Edvards Träume sind aus Stahl und Glas. Der Stadtplaner kennt nur das Superlativ. Über 200 Wolkenkratzer in Bau und Planung, vor allem ausländische Investoren drängen an die Themse. Mit aberwitzigen Preisen.

Sir Edward Lister, stellvertretender Bürgermeister London:

»Wir können die Preise nicht senken. Da draußen gibt es einen Markt. Wir glauben nicht, dass es gut wäre, mit den Preisen zu spielen. Das vertreibt das Investment und wir brauchen es. Wir müssen 50.000 Wohneinheiten schaffen – im Jahr.«

Nur für wen? Und wem eigentlich gehört London?

Den milliardenschweren Kunden von Peter Wetherell, die die Preise hochtreiben  und eine Labor-Regierung fürchten, weil die aufräumen will - mit so manchem Reichenprivileg. Oder Paaren wie den Browns – für die der Häusletraum trotz  konservativer Wahlversprechen unerreichbar bleibt, oder Jungen Frauen wie Delim – die jeden Tag spüren  wie weit die Schere klafft – in dieser  Stadt, die trotz allem ein Sehnsuchtsort ist.

ARD London/Autorin: Hanni Hüsch

Stand: 26.04.2015 20:28 Uhr

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Westdeutscher Rundfunk
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