Achtung: Schadstoffe in Verpackungen?

Seit einigen Jahren sorgen Untersuchungen von Stiftung Warentest und Ökotest für Schlagzeilen. Experten fanden Mineralölbestandteile, die aus Verpackungen in Lebensmittel übergegangen waren. | Bild: WDR

Wie kommen Mineralölreste in Lebensmittelverpackungen?

Mineralölreste können über zwei Wege in Verpackungen gelangen: erstens durch die Bedruckung der Verpackung und zweitens über das Recycling. In beiden Fällen sind mineralölhaltige Druckfarben das Problem.

Werden solche Farben zum Beispiel für den Zeitschriftendruck verwendet und die Zeitschriften anschließend recycelt, lassen sich die Mineralölreste der Farben nur ungenügend aus dem recycelten Papier entfernen. Wird dann aus dem Recyclingpapier eine Lebensmittelverpackung, landen die bedenklichen Reste auch da drin.

Gelangen Mineralölbestandteile über die direkte Bedruckung in die Verpackung, können sie auch in nicht recycelten Kartons auftauchen. Ohne eine ausreichende Schutzbarriere ist es möglich, dass die Mineralölbestandteile ins Lebensmittel übergehen – besonders, wenn das Lebensmittel über einen längeren Zeitraum in der Verpackung lagert.

Was wurde untersucht und was sind die Gefahren?

Yvonne Willicks hat drei zufällig ausgewählte Schokoladen und drei zufällig ausgewählte Sorten Reis ins Labor geschickt und auf die Mineralölbestandteile MOAH und MOSH/POSH untersuchen lassen. MOAH bedeutet "mineral oil aromatic hydrocarbons", es handelt sich also um aromatische Kohlenwasserstoffe. Sie stehen laut des Experten Jürgen Stellpflug von Ökotest im Verdacht Krebs zu erzeugen. Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit schließen dieses Risiko nicht aus und raten dazu, den Gehalt im Lebensmittel so niedrig wie möglich zu halten.

MOSH bedeutet mineral oil saturated hydrocarbons, dabei handelt es sich also um gesättigte Kohlenwasserstoffe. POSH (polyolefin oligomeric sturated hydrocarbons) stammen aus Kunststoffen und lassen sich bei der Untersuchung nicht vollständig von MOSH unterscheiden, deshalb wurden beide Komponenten gemessen. Laut Bundesamt für Risikobewertung ist aus tierexperimentellen Studien bekannt, dass derartige Mineralölgemische zu Ablagerungen und Schäden in der Leber und den Lymphknoten führen können.

Manche dieser Stoffe stehen laut Ökotest auch im Verdacht sich im Körper anzureichern und langfristig Entzündungen der Herzklappen hervorzurufen. Eine offizielle abschließende toxikologische Bewertung dieser Mineralölkohlenwasserstoffen existiert noch nicht. Aber aus Sicht des Bundesinstituts für Risikobewertung sollten Mineralölkontaminationen von Lebensmitteln grundsätzlich minimiert werden.

Yvonne Willicks hat die Gehalte in den Lebensmitteln ermitteln lassen, um festzustellen, wie viel aus der Verpackung ins Produkt übergegangen ist. Bei MOSH/POSH kann es außerdem sein, dass Anteile über den Produktionsprozess oder über die Transportverpackung ins Lebensmittel gelangt sind.

 Die Labor-Ergebnisse:

Reis:

  • Der untersuchte Discounter-Reis und der Supermarkt-Reis liegen sowohl bei MOSH/POSH als auch bei MOAH mit 0,5 mg/kg unter der Bestimmungsgrenze. Gelten somit als unauffällig und in Ordnung.

  • Beim untersuchten Bio-Reis wurde ein Gehalt an aromatischen Kohlenwasserstoffen (MOAH) von 9,8 mg pro Kilo Reis festgestellt und ein Gehalt von insgesamt 31,4 mg/kg an gesättigten Kohlenwasserstoffen (MOSH/POSH). Das bewertet der Experte als bedenklich. Zwar gibt es bislang keine gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte, aber zumindest einen Entwurf dafür.


Der aktuelle Entwurf für die 22. Verordnung zur Änderung der Bedarfsgegenständeverordnung vom 24.07.2014 besagt, dass Lebensmittelbedarfsgegenstände aus Altpapierstoffen nur in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn die Gehalte an MOSH 24 mg/kg und MOAH 6 mg/kg nicht überschreiten.

Bei Überschreitung der Gehalte muss sichergestellt sein, dass der Übergang ins Lebensmittel bei MOSH (C20-C35) 2 mg/kg nicht überschreitet und bei MOAH (C16-C35) 0,5 mg/kg. Die in unserer Stichprobe ermittelten Werte liegen deutlich darüber! Da die Grenzwerte bislang aber nicht in Kraft sind, gibt es keinerlei rechtliche Konsequenzen bei einer Überschreitung.

Schokolade:

  • Bei der untersuchten Discounter-Schokolade wurde ein Gehalt an MOSH von 4,1 mg/kg festgestellt. Der Gehalt an MOAH lag unter der Bestimmungsgrenze. Jürgen Stellpflug von Ökotest bewertet dies als "befriedigend".

  • Bei der untersuchten Supermarkt-Schokolade wurde ein sehr geringer Gehalt an MOSH (1 mg/kg) festgestellt. Der Gehalt an MOAH lag unter der Bestimmungsgrenze. Hier sieht Ökotest keinen Grund zu Besorgnis.

  • Das Bio-Produkt fiel hingegen wieder durch höhere Werte auf. Es wurde ein Gehalt an gesättigten Kohlenwasserstoffen (MOSH/POSH) von insgesamt 14,5 mg/kg in der Bio-Schokolade festgestellt. Das bewertet der Experte als "mangelhaft" und bedenklich. Der Gehalt an MOAH lag erfreulicherweise jedoch unter der Bestimmungsgrenze.   

Ökotest fordert, dass die Festlegung von Grenzwerten politisch schneller vorangetrieben wird. Bis dahin bleibt dem Verbraucher nur zu versuchen, auf Verpackungen weitestgehend zu verzichten. Läden, wie Unverpackt in Mainz, Freikost Deinet in Bonn oder Original Unverpackt in Berlin sind eine Alternative. Leider gibt es solche Geschäfte bislang fast nur in Großstädten.

Was sagen die Hersteller?

Foto TC 30:25  Yvonne Willicks hat die Hersteller um Stellungnahmen gebeten. Was sagen sie zu den Mineralölfunden?

Von den meisten Herstellern hat Yvonne Willicks schriftliche Antworten erhalten.

Stellungnahmen zu den Laborergebnissen – warum sind Mineralölbestandteile in den Lebensmitteln?

Der Bio-Schokoladen-Hersteller teilt schriftlich mit: "Wir haben Ihre E-Mail sehr ernst genommen und sind erschrocken über die Resultate [...].Wir sind uns der Risiken von MOSH bewusst. Daher haben wir vor einiger Zeit in eine teurere Folie investiert, die eine höhere Barriere formt gegen diese Schadstoffe. In Bezug auf Ihre Untersuchungsresultate haben wir die Ursachen der erhöhten Werte noch nicht herausfinden können." Sie versichern, den Ursachen auf den Grund zu gehen und "prüfen erneut die Spezifikationen unserer Folie. Wir vermuten, dass die Ursache in anderen Rohstoffen liegen könnte, die wir daher alle erneut untersuchen."

Die Bio-Reis-Firma schreibt, sie sei "immer bestrebt, die ökologisch beste Verpackung zu wählen, um den ökologischen Fußabdruck so klein wie möglich zu halten. Dies bedeutet, dass wir für unsere Kochbeutelreis-Produkte Recycling-Papier für die äußere Verpackung benutzen. […] Dies könnte den Mineralölgehalt der Verpackung erhöhen und eine Einbringung ins Produkt könnte vorkommen.“ Aus diesem Grund habe man beschlossen, "von Recycling-Papier auf weißes Faserpapier umzustellen."

Der Händler der Produkte, die basic AG, schreibt: " … aufgrund der Ergebnisse Ihrer Untersuchungen haben wir als erste Maßnahme unverzüglich die betroffenen Artikel aus dem Verkauf genommen und umfangreiche Stellungnahmen der Hersteller angefordert. […]Wir fordern die Hersteller auf, geeignete Maßnahmen umzusetzen und analytisch zu belegen. Sollten die Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg haben, werden wir es uns vorbehalten, die Artikel komplett auszulisten."