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Der St. Pauli-Killer

Die Verhaftung Werner Pinzners
Die Verhaftung Werner Pinzners, Hamburg, 15. April 1986. | Bild: NDR

Die Aufforderung eines Kriminalbeamten "Na, dann schießen Sie mal los" nahm Werner Pinzner bei seiner Vernehmung wörtlich. Im Hamburger Polizeipräsidium erschoss er am 29. Juli 1986 während der Verhandlung den Staatsanwalt, seine Frau und zuletzt sich selbst - das Ende des St. Pauli-Killers, der von sich behauptete "von Flensburg bis München im Auftrag gemordet zu haben". Die Pistole hatte sich Pinzner von seiner Frau ins Vernehmungszimmer schmuggeln lassen, seine Anwältin hatte die Waffe besorgt.

Die Mafia von St. Pauli

Dieser spektakuläre Mord rüttelte Hamburg auf. Eine Stadt, deren Politiker lange weggesehen und gegen die Mafia von St. Pauli nie erfolgreich vorgegangen waren. Bei den Recherchen zu diesem Kriminalfall fragte Hamburgs ehemaliger Erster Bürgermeister Klaus von Dohnanyi die Autorin Danuta Harrich, was denn dieser Fall mit der Hamburger Politik zu tun gehabt haben soll. Er lehnte auch 16 Jahre nach den Morden noch jede Stellungnahme zu dem Thema vor der Kamera ab. Sein Parteikollege Rolf Lange, der 1986 wegen dieser Bluttat sein Amt als Innensenator aufgeben musste, spricht dagegen über die skandalösen Hintergründe der Tat und die politischen Konsequenzen. Auch seine Kollegin, die Justizsenatorin Eva Leithäuser, musste zurücktreten.

Als "wahnsinnige Zeit" beschreibt der heutige Stern-Chefredakteur und damalige Polizeireporter Thomas Osterkorn die 80er Jahre auf St. Pauli. Auf St. Pauli herrschten Zustände wie in Chicago zu Zeiten Al Capones. Die organisierte Kriminalität beherrschte die Bordellmeile Hamburgs. Zuhälterbanden kämpften brutal um Marktanteile und schreckten vor Morden nicht zurück.

Die Verhaftung von Werner Pinzner

Auf die Spur von Werner Pinzner kam die Hamburger Polizei nach vierjährigen Ermittlungen am Ostermontag 1985 nach einem Auftragsmord in einer Hamburger Villa. Die Patronen, aus den Körpern eines Bordellbesitzers und seines Haushälters, stammten aus einer Waffe, die schon häufiger für Auftragsmorde genutzt worden war. Ein Hinweis aus der Szene führte ein Jahr später zur Verhaftung Pinzners und seines Auftraggebers. Am 29. Juli 1986 will der bereits wegen 5-fachem Mord beschuldigte und geständige Werner Pinzner endlich drei weitere Taten gestehen und Hintermänner nennen. Die Ermittler gehen davon aus, dass Pinzner dadurch Vergünstigungen im Gefängnis erreichen will. Doch der hat für diesen Tag einen anderen Plan.

In Augenzeugen- und Zeitzeugenberichten wird dieser bis heute einmalige Fall in der deutschen Kriminalgeschichte rekonstruiert. Erstmals nach 16 Jahren schafft es die Augenzeugin Gitta Berger, die das Verhör Pinzners damals protokollieren sollte, offen über die schlimmsten Minuten ihres Lebens zu sprechen. Pinzner zwang sie damals mit vorgehaltener Pistole: "Und du schaust zu".

Film von Danuta Harrich-Zandberg und Walter Harrich (NDR)

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