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Der Schmücker-Mord

Ulrich Schmücker
Polizeifoto von Ulrich Schmücker | Bild: dpa

In der Nacht vom 4. zum 5. Juni 1974 wurde im Berliner Grunewald der Student Ulrich Schmücker gefunden: Kopfschuss. Kurze Zeit nach der Tat ging bei einer Presseagentur eine Erklärung der "Bewegung 2. Juni" ein: Schmücker sei als Verräter und Konterrevolutionär hingerichtet worden. Der Fall schien klar: ein Fememord im terroristischen Milieu.

Schmücker wollte eigentlich Pfarrer werden, um die Welt zu verbessern, ging dann aber einen anderen Weg: Wie viele andere in seiner Generation radikalisierte er sich. Er ging nach Berlin und stieß 1972 zu den Anfängen der "Bewegung 2. Juni". Doch als Terrorist hatte er wenig "Erfolg": Er und drei andere wurden verhaftet, bevor sie eine Bombe am türkischen Generalkonsulat in Bonn legen konnten. Als Schmücker hörte, dass ein anderes Gruppenmitglied schon ein Geständnis abgelegt hatte, redete auch er.

Nach seiner Freilassung tauchte er wieder in die Szene ein. Es wurden jedoch Details seiner Aussage bekannt, und man rückte immer mehr von ihm ab. Hartnäckig versuchte er sich zu rechtfertigen. Es nützte ihm nichts, er wurde als Verräter ermordet. Die Geschichte wühlte die Berliner Szene auf, und der Fememord brachte einige zur Besinnung und zur Distanzierung von den Untergrundgruppen.

Die Ermittler kamen den Tätern schnell auf die Spur, Verdächtige wurden festgenommen, einer legte ein Geständnis ab und wurde zum Kronzeugen der Anklage. Doch nach 591 Verhandlungstagen in 15 Jahren stellte das Berliner Landgericht das Verfahren im vierten Durchgang ein. Dreimal hatte vorher der Bundesgerichtshof die Urteile gegen die Angeklagten aufgehoben, denn jedes dieser Verfahren strotzte von Manipulationen, Ungereimtheiten und unaufgeklärten Aspekten. Der wichtigste Grund: Der Verfassungsschutz wollte in Zusammenarbeit mit Richtern und Staatsanwälten geheim halten, dass er tief in den Fall verstrickt war.

Ein rechtsstaatlicher Prozess war nicht mehr möglich, der Mord an Ulrich Schmücker blieb juristisch ungesühnt. Der Film schildert, wie Journalisten und Anwälte die Manipulationen des Verfahrens aufdeckten. Vor allem aber beschreibt er den Weg des Ulrich Schmücker in einen vermeidbaren Tod: seinen Weg in die Militanz und sein hilfloses Spiel zwischen der linken Szene und dem Verfassungsschutz.

Film von Ute Bönnen und Gerald Endres (RBB)

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