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Die Öko-Sheriffs

Der Rhein-Main-Donau-Kanal verbindet die größten deutschen Flüsse und ist somit eine der wichtigsten Wasserstraßen Europas. Allein den bayerischen Teil des Kanals – zwischen München und Nürnberg – durchfahren jeden Monat bis zu 600 Frachter aus mehreren Ländern.

Nicht ungefährlich - denn an Bord der tonnenschweren Schiffe befindet sich häufig Gefahrgut wie Benzin oder Diesel. Aber auch Tanks mit Betriebsöl, die regelmäßig entleert werden müssen - aus Bequemlichkeit zum Teil direkt in den Kanal. Doch die Frachter sind nicht allein auf dem Wasser: Ausgestattet mit einem mobilen Labor und jeder Menge biologischem Fachwissen erledigen hier die Ökosheriffs der Wasserschutzpolizei ihren Streifendienst. Ihre Aufgabe: Ökosünder aufspüren und dingfest machen.

Chemischer Fingerabdruck

Es ist kurz nach fünf Uhr, die Sonne geht gerade auf und für die Ökosheriffs beginnt der Dienst. Am frühen Morgen rechnen die Frachter am wenigsten mit einer Kontrolle. Der erste Einsatz: Ein Ölfleck in der Nähe einer Schleuse. Ein einziger Liter kann eine Fläche verschmutzen - so groß wie fünf Fußballfelder.

Mit Hilfe eines chemischen Fingerabdrucks wollen die Polizisten herausfinden, woher das Öl stammt. Dazu nehmen sie zunächst eine Probe aus dem Kanal. "Das ist die erste Probe und dann machen wir die Referenzprobe bei den in Frage kommenden Schiffen", erklärt Gerhard Lindl, Leiter der Wasserschutzpolizei.

Kontrollgang

Die Detektivarbeit beginnt: Ein paar hundert Meter flussabwärts: Ein Frachter aus Kiel. Per Funk wird der Kapitän verständigt. Dann kommt der schwierigste Teil: Übersteigen auf den Frachter bei voller Fahrt. An Bord wird zuerst das Ölkontrollbuch in Augenschein genommen. Dann geht es in den Bauch des Schiffes, in den Maschinenraum. Hier nehmen die Polizisten die Referenzprobe.

Hinterher werden beide Proben an das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie nach Hamburg geschickt - zur weiteren Analyse. Stimmen die Ölproben überein, ist der Umweltsünder identifiziert. Ihm droht eine Strafe von bis zu 18 000 Euro.

Ufer voller Industriemüll und alter Kanister

Die Frachter auf dem Kanal sind nicht die einzigen Umweltsünder, um die sich die Ökosheriffs kümmern. Rund zweihundert Fälle waren es im letzten Jahr: illegaler Industriemüll, Gülleeintrag im Grundwasser oder alte Kanister, die gedankenlos am Ufer des Kanals entsorgt wurden.

Bei den Kanistern ist Vorsicht geboten. Denn man kann nie wissen, was genau drin ist: "In den meisten Fällen ist es glücklicherweise Altöl, aber denkbar ist wirklich alles von Lösungsmitteln wie Terpentin bis hin zu Pestiziden, Unkrautvernichtungsmitteln oder sonstigen hochgradig giftigen Substanzen", weiß Christian Bauer von der Wasserschutzpolizei Beilngries.

Gemeinsam mit Sondermüllexperten werden die Kanister untersucht. Denn oft lassen sich aus den Inhaltsstoffen Rückschlüsse auf den Täter ziehen. Auch der internationale Gefahrguttransport auf der Straße steht im Visier der Ökofahnder. Erst vor kurzem haben sie einen Tanklaster erwischt, der auf einem Parkplatz illegal Diesel abgelassen hat. Hier ermitteln die Polizisten gerade in Richtung Schweden und Italien.

Chemisches und ökologisches Wissen erforderlich

Die Ausbildung als Umweltpolizist ist nicht einfach und erfordert enorme Ausdauer. Neben einer genauen Kenntnis der Tier- und Pflanzenwelt am Wasser müssen die Ökosheriffs auch über Hunderte von Schadstoffen Bescheid wissen: Wie müssen Laugen gekennzeichnet sein? Welche Gefahrgutnummer hat Benzin? Warum kann Rapsöl während des Schifftransports explodieren?

Nach der regulären Polizeischule belegen die Polizisten deshalb zuerst einen dreimonatigen Schifffahrtslehrgang an der Bundesschule der Wasserschutzpolizeien in Hamburg. Danach kommen diverse Schulungen in Radarkunde. Und ganz wichtig: Umweltlehrgänge, in denen die Polizisten in Chemikalien-, Abfall- und Pflanzenschutzrecht fit gemacht werden. Doch der Einsatz lohnt sich. Denn durch die geschickten Methoden der Ökosheriffs konnte schon so mancher Umweltsünder geschnappt werden.

Autor: Boris Geiger

Adressen & Links

Wasserschutzpolizeistation Beilngries

Eichstätter Straße 3
92339 Beilngries
Tel.: 08461-6403-155

Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH)

Bernhard-Nocht-Straße 78
20359 Hamburg
Postfach 30 12 20
20305 Hamburg
Tel. 040-3190-0

Internet: [www.bsh.de]

Stand: 11.05.2012 13:04 Uhr

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