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Meditation

Verschiedene Meditationstechniken

Zweimal am Tag wird es vollkommen still um Thomas Kabierschke. Dann zieht sich der Münchner, der als Berater und Trainer für einen großen Konzern arbeitet, zum Meditieren zurück. Wenn es geht, in einen eigens dafür eingerichteten Raum. Wenn er unterwegs ist, setzt er sich auch einfach ins Hotelzimmer. Thomas Kabierschke praktiziert Zen-Meditation, eine ursprünglich in Indien und später in China entstandene Form der Meditation.
Zen ist nur eine von vielen Meditationstechniken, die in den verschiedensten Kulturkreisen unabhängig voneinander entstanden sind. Meditierende berichten von totaler "Versenkung", von einem "Gefühl von Raum- und Zeitlosigkeit". Oft haftet diesen Erfahrungen etwas Mystisches und Unerklärliches an. Zu Unrecht, wie immer mehr Forschungsergebnisse zeigen. Denn nach und nach begreifen Wissenschaftler mit Hilfe moderner bildgebender Verfahren, was im Gehirn von Meditierenden passiert.

Meditation als Forschungsgebiet

Dabei ist inzwischen klar: Das Gehirn ist in diesem Zustand keineswegs "abgeschaltet", sondern - im Gegenteil – in bestimmten Bereichen besonders aktiv. In Deutschland suchen Forscher am Giessener "Bender Institut of Neuroimaging" nach messbaren Veränderungen im Gehirn von Meditierenden. Die versuchen sie in Übereinstimmung zu bringen, mit positiven Effekten, von denen die Probanden berichten. Ulrich Ott, Psychologe am Bender Institut of Neuroimaging, sieht die Meditation als "eine Form angewandter Hirnforschung". Denn – wie Meditierende über viele Jahrhunderte schon festgestellt haben, können sich Gehirn und Psyche auf Grund von Übungen verändern.

Meditation wirkt gegen Stress

Etwa beim Umgang mit Stress. Ulrichs Otts Kollegin, Britta Hölzel, die inzwischen am Massachusetts General Hospital in Boston forscht, hat das in einem Experiment nachgewiesen. Acht Wochen lang ließ sie gestresste Menschen meditieren. Dazu schulten die Wissenschaftler die Testpersonen zuvor in der sogenannten Achtsamkeitsmeditation. "Achtsamkeit", so definiert Britta Hölzel, "wird trainiert, indem die Probanden ihre Empfindungen, die im gegenwärtigen Moment spontan auftreten, in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken. Die Meditierenden üben dabei, diesen Empfindungen eine wohlwollende und akzeptierende Haltung entgegenzubringen." Diese Ausrichtung auf das Hier und Jetzt verhindere ein "Wegdriften" in Erinnerungen und Grübeleien.

Eindeutige Ergebnisse

Acht Wochen später, nach ihren regelmäßigen Meditationen, berichteten die Testpersonen, dass sie sich deutlich weniger gestresst fühlen. Untersuchungen im Magnetresonanztomographen am Anfang und Ende des Experimentes zeigten, dass in dieser Zeit Veränderungen im Gehirn auftraten: Die Dichte der grauen Substanz in bestimmten Gehirnbereichen hatte während der acht Wochen zugenommen. Die Forscher vermuten, dass auch neue Verknüpfungen zwischen Zellen entstanden sein könnten. Effekte, die vergleichbar sein könnten mit denen beim Lernen. Auch andere Untersuchungen weisen darauf hin, dass Gehirnbereiche, die für Aufmerksamkeit und Emotionen zuständig sind, durch Meditieren positiv beeinflusst werden können.

Nutzen im Alltag

Das hat Thomas Kabierschke an sich selbst beobachtet: Durch die Meditation sei er in der Lage, sich sehr gut zu konzentrieren zu können, sagt er. "Ich lasse mich wenig ablenken, ich kann bei einer Sache konsequent bleiben und kann so störende Dinge, zum Teil auch Emotionen, wenn sie nicht angemessen sind, ausblenden." So profitiert er im ganz normalen Leben von seiner täglichen Meditation. Im therapeutischen Bereich haben Wissenschaftler die positiven Effekte von regelmäßiger Meditation schon länger erkannt. Viele Studien zeigen, dass Meditation etwas bei Angststörungen, Depressionen oder Schmerzstörungen hilfreich sein kann.

Meditieren gegen Demenz?

Zwei Studien könnten sogar darauf hindeuten, dass regelmäßiges Meditieren den Verfall des Gehirns im Alter verlangsamen könnte - und so etwa ogar eine Vorbeugung gegen Demenzerkrankungen wäre. Allerdings ist ein kausaler Zusammenhang in diesem Fall noch längst nicht bewiesen. Sicher dagegen ist: Meditation sieht vielleicht ein bisschen mystisch aus, ist aber alles andere als Hokuspokus.

Adressen & Links

Thomas Kabierschke
Bergstraße 15
81539 München
Tel: (089) 625 09 471
www.zenkreis.de

Bender Institute of Neuroimaging
Justus-Liebig-Universität Giessen
Otto-Behaghel-Str. 10H
35394 Gießen
Internet: www.bion.de

Autor: Daniel Schwenk

Stand: 06.07.2012 12:19 Uhr

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