Statement der Redaktion zum Film "Die Opfer – Vergesst mich nicht"

»Hinter jedem Foto eines Getöteten steht eine Familie, die nicht nur den Mord eines geliebten Menschen verkraften musste, sondern auch jahrelange falsche Anschuldigungen durch die Behörden und die Presse.«

»Die Geschichte der mutmaßlichen Mörder des sogenannten NSU ist ikonographisch verbunden mit den Bildern der kahlrasierten Neonazis Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und ihrer Komplizin Beate Zschäpe. Der öffentliche Blick war in den vergangenen Jahren auf die Täter gerichtet.

Den Opfern wurden nur Schlaglichter öffentlicher Aufmerksamkeit zuteil, meist waren es die Passfotos der Getöteten, die, Fahndungsfotos gleich, häufig mit der zynischen Überschrift 'Döner-Morde' veröffentlicht wurden. Doch seit 2011 ist erwiesen, dass die Opfer unschuldig waren. Es gab keine Morde im Milieu der 'Türken-Mafia'. Die Täter waren Neonazis und die Ermittlungen gingen jahrelang konsequent in die falsche Richtung.

Hinter jedem Foto eines Getöteten steht eine Familie, die nicht nur den Mord eines geliebten Menschen verkraften musste, sondern auch jahrelange falsche Anschuldigungen durch die Behörden und die Presse. Die Recherchen zu 'Die Opfer – Vergesst mich nicht' eröffneten einen nur schwer zu ertragenden Blick auf die Erniedrigungen und Ungerechtigkeiten, die den Angehörigen der Ermordeten bei den Ermittlungen zugemutet wurden, und der Film konfrontiert die Zuschauer mit einem unglaublichen Maß an Willkür durch die staatlichen Ermittler. Als Pars pro Toto erzählt 'Die Opfer – Vergesst mich nicht' die Geschichte einer dieser Familien, deren Schicksale im Grundrauschen der aktuellen Berichterstattung fast untergegangen sind.

Basierend auf der Autobiographie von Semiya Şimşek, der Tochter des ersten Mordopfers Enver Şimşek, wird die Geschichte eines 14-jährigen Mädchens erzählt, das nicht nur den unaufgeklärten Mord an ihrem Vater verwinden muss, sondern auch, dass ihr Vater in der Öffentlichkeit und von der Polizei als mutmaßlicher Krimineller gesehen wird.

Doch Semiya ist kein Opfer und der Film erzählt keine bloße Opfergeschichte. Es ist die berührende Geschichte einer jungen Frau, die sehr früh erwachsen werden musste und die an den furchtbaren Jahren der Ungewissheit und falschen Verdächtigungen gewachsen ist. Der Film begleitet Semiya über einen Zeitraum von elf Jahren – skandiert durch weitere heimtückische Morde an sieben türkischen und einem griechischen Mitbürger – und zeichnet ihren Weg nach, von einer unbeschwerten Teenagerin bis zu ihrer vielbeachteten Rede im Februar 2012 im Konzerthaus Berlin, bei der sie zur Stimme aller Angehörigen der NSU-Opfer wurde.«

Barbara Buhl, Götz Bolten und Corinna Liedtke (WDR)

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