Interview mit Franzsika Weisz

Franziska Weisz in "Die viete Gewalt".
Franziska Weisz in "Die viete Gewalt".

Sie haben in England Politik studiert. Ist es für die Rolle hilfreich gewesen, den politischen Betrieb zu kennen?

Ich habe Internationale Beziehungen und Medien studiert, mich später auf Entwicklungs- und Umweltpolitik spezialisiert. Was mich an der Politik schon immer interessiert hat, ist das Zusammenspiel mit den Medien. Medien üben Druck auf Politiker aus, umgekehrt versuchen Politiker Einfluss darauf zu nehmen, was die Zeitungen über sie drucken. Auf den ersten Blick sind da klare Fronten, aber keiner kann ohne den anderen existieren. Diese gegenseitige Abhängigkeit, aber auch Befruchtung, ist genau mein Thema! Deshalb bin ich auch ein so großer Fan der Serien "Borgen" und "House of Cards". Dann in einem Film wie "Die vierte Gewalt" mitzuspielen, der dieses Sujet aufgreift und so spannend erzählt, war für mich ein großes Glück.

Als Politikerin wird man geboren, heißt es. Bringen Sie dieses Talent mit?

Ich bringe eine tiefe Sympathie für diese junge Politikerin mit und ein Wissen um die Zwickmühle, in der sich Katharina Pflüger befindet. Beim Lesen des Drehbuchs konnte ich jeden einzelnen ihrer Schritte mitempfinden. Ich musste mir ihr Verhalten nicht groß zusammenreimen. Doch es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen der Figur und mir: Ich kann mich nicht vor Leuten hinstellen und eine Rede halten. Wenn ich nur eine Geburtstagsansprache halten muss, sterbe ich hundert Tode. Als Alleinunterhalterin vor einer Gruppe funktioniere ich einfach nicht. Dieses Talent bewundere ich an Katharina Pflüger.

Benutzt die Politikerin den Journalisten für ihre Machtspiele – oder nutzt er sie aus?

Jeder versucht, den anderen für sich einzuspannen. Sie arbeiten beide in harten Branchen, in denen sie kämpfen müssen, um ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen. Doch sie haben auch ihre Ideale: Er sucht als Journalist nach der Wahrheit, sie setzt sich als Politikerin für eine gute Sache ein. Weil sie dazu keine Maschinen sind, kommen ihnen bald die Gefühle in die Quere. Es gibt in unserer Geschichte nicht die Guten und die Bösen im moralischen Sinn. Jeder spielt seinen Part. Jeder hat seine selbstlosen Momente.

Sie lässt den Journalisten nah an sich heran, obwohl er ihre Chefin stürzen will. Ist sie integer?

Sie verhält sich absolut loyal gegenüber der Ministerin. Ihr Kopf sagt, der Typ benutzt dich nur, um an deine Chefin heranzukommen. Zugleich wünscht sich ihr Herz, dass seine Worte und Blicke echt sind. Es ist ein irrationaler Aspekt, den ich an ihr sehr mag. Ansonsten ist Katharina eine klassische Karrierefrau. Vielleicht hat sie hier und da mal eine Männergeschichte, aber der Beruf steht bei ihr ganz klar im Vordergrund. Sie kommt aus der konservativen Ecke, streitet aber für einen anderen, sozialeren Weg in der Gesundheitspolitik. Als ihr dieser Journalist den Kopf verdreht, ist sie anfangs zurückhaltend. Kann ich ihm vertrauen? Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Jede Figur pokert. Hatten Sie beim Spielen immer ein paar Tricks parat?

Man nimmt sich ja nicht vor: Ich spiele jetzt Intrige, oder: Ich spiele jetzt falsch. Ein gutes Drehbuch erkennt man im Allgemeinen daran, dass der Text gesprochen und der Subtext gespielt wird. Und je weiter sich die Schere zwischen beiden öffnet, desto spannender ist eine Situation. In unserem Drehbuch geht in fast jeder Szene die Schere sehr weit auseinander. Jeder agiert anders, als er es verbal vorgibt. Die Sprache ist das essentielle Mittel in der Politik und im Journalismus. Sie ist die Waffe schlechthin. Diese Konstellation hat mich als Schauspielerin sehr gereizt: Wie gehen Menschen miteinander um, die diese Waffe einzusetzen wissen und sich gegenseitig durchschauen?

Wie liefen die Duelle mit Benno Fürmann?

Das Drehen mit Benno war eine große Bereicherung für mich. Ich habe Benno als sehr sozial denkenden Menschen kennengelernt, was sich am Set in einer angenehmen und guten Stimmung niedergeschlagen hat. Er hat Spaß an der Verwandlung und viel übrig für Ironie. So war das Zusammenspiel sehr konzentriert und nuanciert, gleichzeitig aber lustig und lustvoll, wenn es darum ging, unsere Figuren Katz und Maus spielen zu lassen.

Der Film schlägt ein enorm hohes Tempo an.

Das finde ich super. Der Film geht das Tempo von Politik und Medien mit. Wenn eine Meldung online steht, müssen Politiker schnell reagieren, ohne lange darüber nachdenken zu können. Wir springen oft regelrecht in die Szenen hinein. So gibt es keine toten Meter, die der Film nicht braucht. Die Zuschauer kommen immer dann hinzu, wenn eine Situation sich gerade zuspitzt oder eskaliert. Es passiert wahnsinnig viel gleichzeitig, doch der Film belohnt einen für das genaue Zusehen und genaue Zuhören. Die Dinge werden nicht mit dem großen Gong vorbereitet, sie passieren einfach, man nimmt sie wahr und später erklären sie sich. Dann denkt man: Klasse, was bin ich doch für eine schlaue Zuschauerin.

Sieht man Sie eines Tages vielleicht in der Politik?

Gerade jetzt möchte ich mit Politikern nicht tauschen. Die Themen, die in der europäischen Politik zurzeit verhandelt werden, sind wegweisend und mit schweren Konsequenzen verbunden. Es geht auf vielen Ebenen wirklich um Leben und Tod. Solche Entscheidungen möchte ich nicht verantworten müssen. Es genügt in der Politik nicht, nur Rampensau zu sein. Es ist eine sehr harte Aufgabe.

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