Nico Hofmann (Produzent) über die Arbeit an "Nackt unter Wölfen"

Interview mit Nico Hofmann

Produzent Nico Hofmann
Produzent Nico Hofmann | Bild: picture alliance

Der 70. Jahrestag der Befreiung des KZ Buchenwald war Anlass für den Film. Warum erst jetzt, nach sieben langen Jahrzehnten?

Für mich persönlich war die Neuauflage des Romans von "Nackt unter Wölfen" spannend: der "Aufbau Verlag" selbst hatte neueste historische Forschung zu Hilfe genommen, um Bruno Apitz‘ großen Stoff in einer kommentierten Fassung mit aktuellen Erkenntnissen neu aufzubereiten. Für mich selbst – im Westen geboren – war die Lektüre eine wahrhaftige Introspektion in das zutiefst erschütternde Lagerleben von Buchenwald.
Es gibt seit Jahrzehnten keine einzige deutsche Fernsehverfilmung mehr, die sich mit dem Themenbereich der Konzentrationslager von innen heraus beschäftigt – uns hat diese Aufgabe herausgefordert, wohlwissend welches hohe Maß an Verantwortung wir alle damit tragen.

Der Film ist nach Motiven des Romans von Bruno Apitz entstanden – was haben Sie bei Ihrer Arbeit ergänzt oder vertieft?

Im Grunde genommen haben wir die Vorlage von Apitz durch eine Begleitung mit namhaften Wissenschaftlern, Historikern, Forschern und Zeitzeugen vertieft, erweitert und präzisiert. Stefan Kolditz‘ Drehbuch ist durch unsere gemeinsame Recherche zu einem ganz eigenen Werk geworden.

"Nackt unter Wölfen" ist ein so bewegender Film, der dem Zuschauer nicht einen Moment der Distanzierung erlaubt und tiefe Betroffenheit auslöst. Hoffen Sie, damit Diskussionen auszulösen und wenn ja, welche?

Fernsehen wagt sich hier in einen ganz neuen Bereich der Erinnerungskultur vor, die Wahrnehmung von "Nackt unter Wölfen" mag schmerzhaft sein, auch kontrovers und irritie­rend, aber der Film setzt eine große innere Trauer frei. Diese Chance, sich mit dem Unfassbaren, was damals geschehen ist, auseinanderzusetzen, hat für mich persönlich eine enorme Wichtigkeit, und ich wünsche mir diese Fähigkeit zu trauern für mich und unsere Zuschauer.
Der Film lebt ganz entschieden von der Dialektik zwischen bestialischem Morden und einem tiefverankerten Humanismus in den entscheidenden Hauptfiguren, die um ihre Befreiung und um die Rettung eines Kinderlebens kämpfen. Wir haben uns der Romanvorlage historisch so genau wie möglich angenähert, um das Schicksal und Leid der Häftlinge erfassbar zu machen. Wir können natürlich kein authentisches Abbild der Realität liefern, son­dern eine künstlerische Annäherung.

Die Gedenkstätte Buchenwald hat Ihnen eine Drehgenehmigung erteilt – welche Szenen wurden dort gedreht?

Die Entscheidung der Gedenkstätte Buchenwald, uns eine Drehgenehmigung zu erteilen, erfolgte nach intensiver Abwägung und gleicht fast schon einer historischen Entscheidung. Grundlage war die Qualität des Drehbuchs von Stefan Kolditz. Die Genehmigung bezog sich vor allen Dingen auf die Darstellung des Außenbereiches, den wir im ganzen Ausmaß ohne diese Unterstützung nicht in der jetzt gegebenen Form hätten zeigen können. Wir sind der Gedenkstätte für diese Unterstützung außerordentlich dankbar.

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