Gespräch mit Josef Heynert

Thiesler (Josef Heynert, li.) versucht den Geiselnehmer (Urs Rechn, Mitte) zu überwältigen.
Thiesler versucht den Geiselnehmer zu überwältigen. | Bild: NDR / Christine Schroeder

Was mögen Sie an Volker Thiesler und was macht ihn in Ihren Augen zu einem guten Ermittler?

Thiesler ist ein loyaler Typ. Das hat er schon mehrfach und auch zuletzt in "Wendemanöver" wieder unter Beweis gestellt. Was ihn in meinen Augen vor allem auszeichnet, ist aber, dass er keine vorgefertigte Meinung hat. Thiesler bewegt sich nicht in festgefahrenen Denkstrukturen, er bleibt offen. Er denkt über alles in alle Richtungen nach. Seine Loyalität macht ihn nicht kritiklos, und er kann auch über seinen Schatten springen und Leuten Recht geben, die er eigentlich nicht mag. Wenn er zum Beispiel findet, dass Pöschel in der Sache richtig liegt, dann stimmt er ihm auch zu, obwohl er ihn für einen aufgeblasenen Fatzke hält. Im Denken frei zu sein und offen an die Fälle und die Menschen heranzugehen – das macht, denke ich, auch einen guten Kriminalbeamten aus.

Thieslers Affäre mit Vivian Bukow ist beendet, die Freundschaft zu Sascha Bukow auch. Wohin geht jetzt die Entwicklung?

Ich sehe auf jeden Fall keine einfache Lösung. Dass die beiden zusammen einen trinken gehen und dann ist alles wieder gut – so wird das nicht laufen. Das wäre ja auch nicht spannend. So wie wir die beiden Figuren bislang kennengelernt haben, ist klar, dass sie zwar professionell miteinander arbeiten können, aber den Sand im Getriebe wird man nicht so schnell rausspülen können. Thiesler hat mit Bukows Frau gevögelt und Bukow hat ihn angeschossen. Dicke Freunde, die zusammen in die Sauna gehen, werden sie erst mal nicht mehr werden. Dazu sind sie beide zu verstockt und dazu ist auch zu viel passiert.

Thiesler und Bukow nehmen hier einen Dealer hoch. Die beiden sind schnell, effektiv, nicht zimperlich – und perfekt aufeinander eingespielt. Wie haben Sie das erarbeitet?

Vieles von dem, was wir da spielen, ist erst vor Ort entstanden. Wir fragen immer danach, was wichtig und richtig für eine Szene ist, und sagen nicht, das ist mein Text, den hab ich gelernt, den will ich jetzt auch unterbringen. Da kann es auch mal passieren, dass Charly die zehn Sätze, die er hat, nicht sagt, sondern andere den Text übernehmen. Es ist also nicht vorgefertigt, wer wann was macht, sondern wir denken dramaturgisch im Sinne der Szene. Dass ich in dieser speziellen Szene in dem Club durchs Fenster reinspringe, stand zum Beispiel auf keinem Blatt Papier. Das haben wir am Set entwickelt. Dass wir dem Dealer sein eigenes Koks zu futtern geben ebenso. Wir haben vor Ort einfach gemerkt: Damit ein Dealer seine Quelle verrät, müssen wir mehr Druck machen, mit mehr Schmackes an die Sache rangehen. Dass es bei uns auch mal ein bisschen ruppiger zugeht, ist ja auch eine Handschrift von Rostock.

Wann ergeben sich solche Gespräche mit Polizeibeamten?

Wir haben in Rostock das Glück, dass wir mit Komparsen zusammenarbeiten, die wirklich Polizisten sind. Das ist anders als in Großstädten, wo es professionelle Komparsen gibt, die damit ihren Lebensunterhalt verdienen. In Rostock – wo wir maximal zweimal im Jahr sind – kommen dann eben Polizisten. Für sie ist das ihr "Polizeiruf"; die finden es toll, dass es so ein Sonntagsabendformat mit ihrer Stadt gibt. Und natürlich schauen sie uns auch auf die Finger. Sie sagen uns, was von dem, was wir da tun, realistisch ist und was nicht. Das ist auch für uns Schauspieler oft ein Gewinn.

Den Rostocker "Polizeiruf 110" gibt es nun schon einige Jahre. Wie gefällt Ihnen die kontinuierliche Arbeit an der Rolle?

Dass wir uns die Zeit nehmen konnten, die Affäre zwischen Thiesler und Vivian über vier, fünf Folgen zu entwickeln und das nicht in einmal neunzig Minuten abhandeln mussten, war natürlich super. So kann es ein bisschen mehr in die Tiefe gehen, und das ist ein tolles Arbeiten. Wir haben es tatsächlich geschafft, dass die Zuschauer sich nicht nur für den einzelnen Fall interessieren, sondern auch dafür, wie es mit unseren Figuren weitergeht. Verpasst man einen "Tatort", hat man natürlich eine spannende Geschichte verpasst, aber bei uns gibt es darüber hinaus noch Dinge, die interessant sind. Wenn man von neuen Formaten liest, die episodenübergreifend erzählen, werden wir oft als Beispiel oder sogar Vorbild genannt. Da dazuzugehören macht schon stolz.

(Das Interview führte Birgit Schmitz)

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