Interview mit Sabine Lorenz

Die Kuhflüsterin: Edith (Sabine Lorenz) wird Belinda ein Bußgeld aufbrummen.
Sabine Lorenz als Edith Merkes | Bild: ARD / Frank Dicks

Wie kann man Edith Merkes charakterisieren?

Edith hat wie alle Figuren in der Serie viele Facetten, aber sie ist von sehr spezieller Couleur:  Sie ist als sehr akribische, strenge Ordnungsamtschefin immer mittenmang. Wenig teamfähig, unnahbar, autoritär: Ich würde sie fast als "die Herrin" bezeichnen und Gitti, gespielt von Susi Banzhaf, ist ihre Sklavin und wird manipuliert und ordnungshörig gemacht. Sie wähnt sich vielleicht sogar als die Herrin von ganz Oberbreitbach. Belinda Mommsen (Cordula Stratmann) steht ihr dabei sehr im Weg. Manches fehlt ihr: Ein echter Zugang zu Menschen, Freundschaften und Liebe. Sehnsüchtig zwängt sie sich in ihr Kostümchen, ist sich ihrer Reize durchaus bewusst und sucht nach einem Mann. Edith ist scharf auf Belindas Nachbarn Winnes Wöllner, gespielt von Simon Böer. Herrlich, wie sie so kämpft. Ach, ich mag meine Edith sehr. Ihre Strenge, ihre Akribie und ganz besonders ihre, unfreiwillige, Komik: Ob ihr Wasser ins Gesicht spritzt, weil ein vorbeifahrender Traktor eine Wasserflasche platt macht, sie in ihren Highheels über den Hof stöckelt oder sie sich selbst in der Ahnengalerie als Bürgermeisterin fotografiert.

Schön ist auch, dass sie alle in diesem Chor singen.

Ja, das besonders, da dort die Du-Sie-Beziehung durcheinander kommt. Edith hat dort die Möglichkeit, aus sich herauszugehen. Sie singt sich ein Stück weit frei und verwirklicht sich – den anderen so nah, wie sie es sonst nicht kann.

Es scheint als hättet ihr Spaß beim Dreh?

Wir haben irrsinnig viel Spaß. Es ist ein fantastisches Team! Hochprofessionell, liebevoll und fröhlich. Diese Atmosphäre hält sich beständig, da machte das Arbeiten natürlich viel Freude. Ulli Baumann gibt die Möglichkeit und den Rahmen, sich wirklich zu entfalten und im Kopf und Körper die Figur entstehen zu lassen.

Findest du die Arbeit mit der Kuh spannend?

Ja, natürlich. Ich habe sie leider erst spät kennen gelernt. Sie ist wirklich sehr hübsch.

Hast du eine Szene mit der Kuh?


In der Rolle als Edith ist das schwierig. Sie lebt und arbeitet zwar gerne in diesem Dorf, aber heimlich sieht sie sich bestimmt in anderen Gefilden - als Großstadträtin oder ähnlich einflussreiches. Ich glaube, sie hat es nicht so mit Tieren. (lacht)

Edith scheint sehr ehrgeizig. Ist sie ein Frauentyp, den man auch in der Realität trifft?

Sie ist ehrgeizig und auch giftig teilweise, aber man spürt, dass sich darunter eine gewisse Wärme verbirgt. Ich finde schade, dass man bei manchen ehrgeizigen Frauen kaum Herz spürt, und darin unterscheidet sich Edith. Es dauert seine Zeit, aber auch Edith kann man erweichen.

Vielleicht schafft es der Winnes? Was kannst du über das Zusammenspiel der beiden Figuren sagen?

Der sowieso, rrr. Edith gibt ihr bestes: Hilfe, wie sie sich vor ihm aufbaut, Knöpfe öffnet, alles einsetzt und nicht mitbekommt, dass er irritiert ist und überhaupt nicht darauf einsteigt. Ich glaube fast, er hat etwas Angst vor ihr und sie bemerkt das nicht.

Wie lässt sich die Beziehung von Edith zu Belinda beschreiben?

Sie giften sich zwar an, aber sie ergänzen sich. Belinda ist sehr bodenständig, sehr ehrlich und warmherzig. Edith versteckt das alles, hat es abgeschnitten. Belinda wäre bestimmt manchmal gerne so sexy und direkt wie Edith. Beide sind sehr starke Frauen und ich denke, wenn es hart auf hart kommt, wären sie füreinander da. Aber das würden sie nie zugeben, niemals.

Gab es eine witzige Szene vom Dreh, die dir im Gedächtnis geblieben ist?

Die Traktor-Szene war sehr lustig, die haben wir in Slow Motion eingefangen. Man sieht wahrscheinlich mein sehr verzerrtes Gesicht voller Ekel. Ach, und dann gab es eine Traumsequenz mit Gitti Padberg: Sie träumt, sie wäre hier in meinem Büro Chefin, würde mir meinen Dienstwagen abnehmen und mir mein Dienstfahrrad übergeben. In der Szene brülle ich sie sehr seltsam an, während sie total aufgetakelt vor mir steht. Die Szene war sehr sehr schön zu drehen.

Ihr habt eine tolle Lokation hier aufgebaut - es ist ein schöner Drehort oder?

Es ist ein hervorragender Drehort, vor allem weil es so idyllisch gelegen ist. Unwirklich schön und es bietet einen sehr intimen Rahmen für unser Zusammenwirken: Mit kurzen Wegen für alle Gewerke, Kollegen und die ganze Crew. 

Du machst wahnsinnig viel: Du spielst Theater und hier nun Comedy. Ist das ein Bereich, in dem du mehr machen möchtest oder bevorzugst du eher die ernsthaften Sachen und die dramatischen Rollen?

Es ist eigentlich sehr skurril. Ich war in meinem früheren Leben Gesellschafterin einer Comedy-Filmproduktionsfirma, in der wir natürlich nur Comedy gemacht haben. Während dieser Zeit, habe ich mich nach etwas anderem gesehnt. Ich wollte die schweren großen Rollen spielen und merkte dann aber, dass das auch nicht alles ist: Ich musste wohl erst reifen. Nun, wo ich meinen eigenen Witz entdeckt habe, die innere Komik, nehme ich mich nicht mehr so ernst. Komik ist schwerer als mancher schwerer Grieche, den ich gespielt habe, weil es da auf so viele Kleinigkeiten ankommt – auf Schnelligkeit, auf richtiges Timing und feine Akzente. Ich finde sehr große Freude daran, gerne mehr.

Wenn es eine zweite Staffel geben sollte und die Rolle weiter geht, was würdest du dir wünschen?

Mich würde noch mehr interessieren, wie Edith privat ist und was sich noch alles hinter ihrer Fassade verbirgt. Ist sie zu Hause die Jogginghosentante und frisst Chips in sich hinein? Was hat sie für heimliche Schattenseiten? Hat sie vielleicht alte Freunde und Familie? Wann zeigt Edith ihre weiche Seite? Lässt sie sich auch mal gehen?  Da gibt es noch so viel zu entdecken!

Wie ist dein Verhältnis zu Kuh Mutti bzw. Ilse in so kurzer Zeit?

Ilse, ist eine ganz, ganz hübsche, ungewöhnlich von der Farbe, und ich mag Kühe sehr gerne. Da ich Vegetarierin bin, habe ich natürlich gleich Mitleid und denke, wann wird die Arme geschlachtet. Ich hätte gerne mal eine Szene mit ihr. Mark Werner, schreib bitte eine!

 Bist du so ein Landtyp?

Ich habe früher gemeint, kein Landtyp zu sein. Ich habe lange in Städten gewohnt und habe das Land verweigert. Mein Vater ist Geologe. Da musste ich als Kind überall mit hin, in Steinbrüche und Wälder wandern, wo ich gar nicht hin wollte. Doch vor Jahren, als ich anfing in der Schweiz Theater zu spielen, bin ich alleine in den Wald gegangen – dort habe ich die Natur schätzen gelernt. Was zur Folge hatte, dass ich aus München eine Zeitlang ins Allgäu gezogen bin und dort in einem Weiler gewohnt habe. Sehr pure Natur und totale Stille. Was allerdings bei aller Landliebe wirklich schwer zu ertragen ist, ist die Gülle: Ein abartiger Gestank. (lacht) Jetzt wohne ich am Bodensee und das ist so ein Zwischending zwischen Kleinstadt und Land. Ich brauche und liebe die Nähe zur Natur mittlerweile.