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Ein Leben im Schreiben

Zum Tod des Schriftstellers Paul Auster

PlayMann mir ausgebreiteten Armen
Ein Leben im Schreiben: Paul Auster | Video verfügbar bis 05.05.2025 | Bild: Reuters/Eloy Alonso

Seine Romane schrieb er auf seiner legendären Olympia-Schreibmaschine, sie erzählen viel über den Autor selbst und natürlich über New York. Paul Auster gehört zu den beliebtesten Schriftstellern weltweit, nachdem er in den 1980er Jahren mit seiner New-York-Trilogie einen ersten Erfolg feierte. Am 30. April 2024 starb Paul Auster in seiner Wohnung in Brooklyn an einer Krebserkrankung. ttt hat mit seinem guten Freund, dem Regisseur Dani Levy, über Paul Auster gesprochen.

Die Notwendigkeit von Geschichten

Portrait des Filmemachers Dani Levy.
Der Filmemacher Dani Levy. | Bild: WDR

Sie ist die Hauptdarstellerin vieler seiner Romane: New York. "Stadt aus Glas" der Debütroman von Paul Auster im Jahr 1985 – sein Durchbruch. Geschichten widerfahren denjenigen, die in der Lage sind, sie zu erzählen. Die Aufgabe des Schriftstellers sei es, die Augen offen zu halten. "Geschichten sind existenzielle Bedürfnisse wie Essen, Schlafen oder ein Dach über dem Kopf. Wir brauchen Geschichten. Sie umgeben und bewohnen uns. Das Leben besteht aus Geschichten", sagte Paul Auster schon 1994. Den ersten Teil seiner New York Trilogie haben 17 Verlage abgelehnt. Doch statt zu verzweifeln hat er weitergeschrieben. Man sagt, in den USA war er ein Bestsellerautor. In Frankreich und in Deutschland ein Rockstar. "Für uns hier in Deutschland, die wir seine Romane gelesen haben, sowohl in Deutsch wie in Englisch war er der Prototyp eines amerikanischen Autos, den wir geliebt haben", sagt der Regisseur Dani Levy, "mit seiner Art, wie er Prosa erzählt. Also für mich war der große Jahrhundertautor."

Freundschaft mit Paul Auster

Als junger Filmemacher will Dani Levy die Rechte an einem Roman erwerben und schreibt Paul Auster einen Brief. Bei einem Besuch in New York freundet er sich mit dem Schriftsteller an. "Es gab sofort so eine hygienische Kommunikation mit ihm, etwas ganz Tolles", blickt Dani Levy zurück, "dieses Treffen mit ihm haben wir dann unserer Agentin beschrieben: 'New York war ein schöner Erfolg. Das Treffen mit Paul Auster war völlig unkompliziert. Er und seine Frau sind äußerst liebenswerte und intelligente, Menschen ohne Starallüren oder andere dumme Brancheneigenschaften.'" und ergänzt heute: "Ich behalte ihn in Erinnerung als jemand, wo ich einfach sagen würde: No bullshit."

Mann an Schreibmaschine
Paul Auster an seiner Schreibmaschine | Bild: Polaris/laif

Paul Auster, geboren 1947 in Newark, New Jersey, gleich gegenüber von New York. Sohn einer jüdischen Familie mit osteuropäischen Wurzeln. Er wächst auf im Amerika der Jahrhundertmitte. "Ich fing an zu schreiben, als ich neun war, schrieb Gedichte. Ich weiß nicht, was in mich gefahren war, aber ich hatte so eine Freude am Schreiben", erinnert er sich im Jahr 2017. Fast zwanzig Romane schreibt Paul Auster in der Zeit von Mitte der Achtziger Jahre bis kurz vor seinem Tod. Mit der Hand und an der Schreibmaschine. "Lebenslänglich verurteilt, Sätze zu machen", heißt es in seinem letzten Buch. Seine Texte sind immer auch eine Spiegelung seiner selbst.

"Zweifellos bist du ein beschädigter, ein verwundeter Mensch, ein Mann, der von Anfang an eine Wunde in sich herumgetragen hat (warum sonst hättest du dein ganzes Erwachsenenleben damit verbringen sollen, Worte auf Papier zu bluten?)", schreibt Auster in seiner an seinem Körper erzählten Autobiografie "Winterjournal" aus dem Jahr 2013. "Er trifft einen ins Herz mit seiner Sprache, mit seinen Gedanken, mit seiner Ehrlichkeit. Man spürt ihn beim Schreiben", sagt Dani Levy dazu.

Begegnung mit dem Tod

Seine erste Leserin seit mehr als vierzig Jahren: die Schriftstellerin Siri Hustvedt, seine Ehefrau. In seinem letzten Roman, "Baumgartner", ist es, als nehme er Abschied von ihr – ein Buch über die Liebe, Trauer und Verlust. Der Tod prägte Auster schon als Teenager, als ein Mitschüler vor seinen Augen vom Blitz erschlagen wurde. "Das hat mich mein Leben lang verfolgt", blickt Paul Auster 2017 zurück, "es hat verändert, wie ich über die Welt denke. Wie unsicher alles ist. Wie man in einem Moment lebt und im nächsten tot sein kann. Ohne jeden Grund.

Ein Stapel mit Büchern von Paul Auster.
Ein Stapel mit Büchern von Paul Auster. | Bild: WDR

Wie weiterleben nach dem Verlust einer geliebten Person? Paul Austers letzter Roman ist der Versuch einer Antwort auf genau diese Frage. Am 30. April 2024 ist er im Kreise seiner Familie zuhause in New York verstorben. Dani Levy: "Paul Auster hat sein Leben dafür geopfert oder bereitgestellt, unseren neugierigen, vielleicht auch manchmal kindlichen Blick auf die Welt und auf den Zufall oder nicht Zufall auf denn auf die Verkettung von Schicksalen usw. zuzurichten. Man wird überrascht wie ein Kind. Und das ist das Schöne an seinen Büchern. Und dafür hat er sein Leben lang geackert."

Autor: Max Burk

Stand: 05.05.2024 18:33 Uhr

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Westdeutscher Rundfunk
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