SENDETERMIN Mi., 04.01.23 | 05:30 Uhr

Psychologe Mansour: "Ich glaube, diese Menschen werden wir nicht mehr erreichen"

Täter der Silvester-Krawalle

PlayAhmad Mansour, Psychologe und Autor
Psychologe Mansour: "Ich glaube, diese Menschen werden wir nicht mehr erreichen"  | Video verfügbar bis 04.01.2025 | Bild: WDR

Der Psychologe und Autor Ahmad Mansour war in der Silvesternacht selbst in Berlin unterwegs. Die Täter beschreibt seien "junge Männer, vor allem mit Migrationshintergrund." Das sei nicht so einfach zu sagen in der Landschaft der Debatten in Deutschland. "Aber das ist enorm wichtig, weil das hat mit Sozialisation, das hat mit Männlichkeitsbildern, das hat mit Erziehungsmethoden und das hat mit der Verachtung des Rechtsstaats zu tun."

Dass ein Migrationshintergrund zwangsläufig zu einer Missachtung des Rechtsstaats führt, glaubt er allerdings nicht: "Es gibt genug Leute mit Migrationshintergrund, die auf der anderen Seite standen. Aber es gibt Menschen, die aufgrund ihrer Sozialisation, aufgrund patriarchalischer Strukturen, aufgrund ihrer Wahrnehmung des Rechtsstaats einfach dieses Land verachten, nicht akzeptieren." Diese Menschen hätten das Gefühl, dass sie keine Konsequenzen zu befürchten hätten, wenn sie Straftaten begehen.

"Sachlich differenziert, aber offen" diskutieren

Wichtig sei, die Debatte über die Ereignisse aus der Berliner Silvesternacht "sachlich differenziert, aber offen" zu führen: "Jedes Mal kommen wir zu dem Schluss, dass die andere Seite rassistisch sei und die Seite, die nicht die Herkunft oder die Integrationsprobleme bespricht, moralischer wäre", kritisiert er. Stattdessen sei es wichtig, Fragen nach der Sozialisation zu stellen, um anschließend andere Konzepte zu entwickeln, "um diese Menschen in Integrations- und Präventionsarbeit besser erreichen zu können"

"Ich arbeite viel in Gefängnissen und ich glaube, da spielen enorm viele Faktoren eine Rolle." Neben dem Verhältnis in den Familien nannte er Bildungsprobleme und "das Gefühl, nicht dazuzugehören": "All das können wir aber bearbeiten, wenn wir Schulen haben, die in der Lage sind, diese Menschen auf Augenhöhe zu erreichen, ihnen Werte zu vermitteln und sie für unsere Gesellschaft zu gewinnen", sagte Mansour: "Aber auf der anderen Seite brauchen wir auch konsequente Rechtsstaatlichkeit, die diesen Menschen zeigt, dass es keine Bagatelldelikte sind, Polizisten oder Rettungskräfte anzugreifen."

Diese Menschen werden wir nicht mehr erreichen

Über die festgenommene 145 Täter sagte Mansour: "Ich glaube, diese Menschen werden wir nicht mehr erreichen. Es ist nicht so, dass Sozialarbeit oder Präventionsarbeit Menschen erreicht, wenn sie schon konsequent Straftaten begangen haben." Stattdessen wolle er sich um diejenigen kümmern, die "diese Bilder sehen und das total cool finden, weil es Teil ihrer Jugendkultur ist, durch Gewalt ihre Männlichkeit zur Schau zu stellen. Die können wir erreichen. Die sind in Schulen, in Jugendzentren, in sozialen Medien, die sind in Willkommensklassen, die sind in Asylheimen."

Diesen Menschen müsse man klarmachen, "warum unser Staat so funktioniert: Dass unsere Polizei nicht schwach ist, wenn sie nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten hat. Dass wir kein Polizeistaat sind und trotzdem in der Lage sind, diese Leute zu verfolgen.

Stand: 04.01.2023 15:41 Uhr

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