Do., 07.07.22 | 05:30 Uhr
Das Erste
Service: Die neue Grundsteuer
mit Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur Finanztip
Das Bundesverfassungsgericht hat 2018 das System zur Berechnung der Grundsteuer für unfair und deshalb verfassungswidrig erklärt: Bisher berechnen Finanzämter die Grundsteuer auf Grundlage so genannter Einheitswerte, die auf jahrzehntealten Grundstückswerten basieren. Diese berücksichtigen nicht die Preisentwicklungen der vergangenen 50 Jahre. Daher spiegelt sich der tatsächliche Wert eines Grundstücks oft nicht mehr in der Grundsteuer wieder. Eine Reform durch Bund und Länder dazu soll jetzt umgesetzt werden.
Damit die Grundsteuer künftig wirklichkeitsnäher ist, müssen Finanzämter nach und nach den aktuellen Wert jedes Grundstücks ermitteln. Es geht um rund 36 Millionen Grundstücke in Deutschland. Bis Ende 2024 wird die Grundsteuer noch nach der alten Berechnung erhoben. Grundstückseigentümer müssen aber schon in diesem Jahr - ab 1. Juli bis spätestens 31. Oktober die Daten liefern, mit denen Finanzämter den Grundstückswert ermitteln können. Ab 2025 wird dann die neue Grundsteuer fällig.
Wer muss Grundsteuer bezahlen?
Wer in Deutschland ein Grundstück besitzt oder im Grundbuch als Eigentümer einer Immobilie eingetragen ist, muss Grundsteuer zahlen. Darunter fallen alle, die zum Beispiel ein Haus, eine Eigentumswohnung, eine Garage oder auch ein unbebautes Grundstück besitzen. Auch Mieter zahlen - indirekt - Grundsteuer, weil Vermieter sie als Nebenkosten abrechnen und auf die Mieter umlegen können, wenn das im Mietvertrag vereinbart ist.
Die Grundsteuer ist eine so genannte Objektsteuer, die vierteljährlich für den Besitz von Grundstücken und Gebäuden zu zahlen ist. In Deutschland werden drei Arten Grundsteuer unterschieden.
Grundsteuer A: für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (mit deutlich niedrigerem Hebesatz). Der Hebesatz ist eine Prozentzahl, die Kommunen individuell festlegen und die die Höhe der Steuer bestimmt.
Grundsteuer B: für alle anderen Grundstücke wie Miet- und Geschäftsgrundstücke, Häuser, Wohnungseigentum und Teileigentum, wie Eigentumswohnungen oder Erbbaurechte.
Grundsteuer C: wird 2025 eingeführt. Mit dieser sogenannten Baulandsteuer können Kommunen einen erhöhten Hebesatz auf unbebaute, baureife Grundstücke erheben. Dies soll Eigentümer motivieren, ihr Grundstück zu bebauen und Wohnraum zu schaffen. Vor allem soll dadurch auch die Spekulation mit Grundstücken unattraktiver werden.
Wie gebe ich eine Grundsteuererklärung ab?
Nach dem Grundsteuerreformgesetz sind alle Grundstücksbesitzer verpflichtet, 2022 eine „Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts“ (Grundsteuererklärung) abzugeben. In den meisten Bundesländern erhalten die Betroffenen ein Schreiben vom Finanzamt dazu.
Die Erklärung muss zwischen dem 1. Juli und spätestens bis zum 31. Oktober elektronisch über das ELSTER-Onlineportal der Finanzbehörden abgegeben werden. In manchen Bundesländern kann die Meldung für ein unbebautes Grundstück, ein Ein- oder Zweifamilienhaus oder eine Eigentumswohnung auch über diese Website des Bundesfinanzministeriums erfolgen:
https://www.grundsteuererklaerung-fuer-privateigentum.de
Das geht auch, wenn es im Schreiben des Finanzamtes heißt, die Erklärung müsse über ELSTER erfolgen.
Nicht möglich ist das in Hamburg, Hessen und Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern. Gehört das Grundstück einer Erbengemeinschaft oder liegt der Wohnsitz im Ausland, kann die Erklärung ebenfalls nur über ELSTER eingereicht werden.
Elektronische Abgabe über ELSTER
Die Formulare für die Grundsteuererklärung sind ab 1. Juli 2022 im ELSTER-Onlineportal der Finanzämter verfügbar. Für die Nutzung ist eine vorherige Registrierung und Authentifizierung notwendig. Durch einen Identifikationsnachweis wird sichergestellt, wer die Feststellungserklärung abgibt.
Die benötigten Zertifikate und Zugangsdaten werden per Post verschickt, so dass dieses Verfahren bis zu zwei Wochen dauern kann. Sie sollten daher rechtzeitig einen Zugang beantragen, wenn Sie ELSTER nutzen möchten.
Grundsteuererklärung auf Papier: in Härtefällen
Das Gesetz sieht nur in gut begründenden Härtefällen eine Abgabe auf nicht elektronischem Wege vor. Wer beispielsweise keinen Computer oder Internetanschluss hat, kann die Grundsteuererklärung auch auf Papier abgeben.
Dazu muss ein Härtefallantrag gestellt. Darin müssen Sie begründen, warum Sie die Erklärung nicht online abgeben können. Lediglich in Bayern kann die Erklärung auch ohne Begründung auf Papier abgeben werden.
Daten für die Grundsteuererklärung
Für die Berechnung der neuen Grundsteuer müssen folgende Daten gemeldet werden: Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, Immobilienart, Alter des Gebäudes und Verhältnis zwischen Wohn- und Nutzfläche.
Die Zahlen finden sich im Grundbuchauszug. Wer ihn nicht zur Hand hat, bekommt eine Kopie beim Grundbuchamt. Auch das Infoschreiben der Finanzverwaltung zur Neuberechnung sowie Einheitswertbescheid, Kaufvertrag oder Bauunterlagen können wichtige Informationen enthalten, die beim Ausfüllen der Grundsteuererklärung helfen.
Ab 1. Juli sind die Daten auch online über eine Karte des Bodenrichtwertinformationssystems (Boris-D) für die Bundesländer abrufbar. Einige Bundesländer stellen im Internet so genannte Grundsteuerviewer mit den nötigen Informationen bereit.
Wo finde ich Hilfe zur Grundsteuererklärung?
Wer die Feststellungserklärung nicht selbst machen kann oder will, kann einen Steuerberater damit beauftragen. Auch Anbieter klassischer Einkommensteuersoftware wollen im Juli 2022 Programme für die Grundsteuererklärung auf den Markt bringen. Mit diesen Programmen soll das Ausfüllen einfacher sein als bei ELSTER, kostenlos sind sie aber nicht.
Es besteht auch die Möglichkeit, sich von einem nahen Angehörigen helfen lassen: Hat dieser bereits eine ELSTER-Registrierung, ist die Abgabe der Grundsteuererklärung auch über dessen Nutzerkonto zulässig.
Weitere Informationen
• SWR Marktcheck: Wichtig für Mieter und Eigentümer: Alle Infos zur neuen Grundsteuer 2022 (28.06.22)
https://www.swrfernsehen.de/marktcheck/grundsteuer-neuberechnung-reform-100.html
• Tagesschau.de: Antworten auf häufige Fragen: Reform der Grundsteuer – Was Eigentümer jetzt tun müssen (01.07.22)
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/grundsteuer-reform-details-folgen-101.html
• ELSTER, Onlineportal der Finanzämter
https://www.elster.de/eportal/start
• Wissenswertes zur Grundsteuerreform, Grundsteuerviewer der Bundesländer https://www.grundsteuerreform.de/
• Bodenrichtwertinformationssystem (Boris-D)
https://www.bodenrichtwerte-boris.de/borisde/?lang=de
• Bundesministerium der Finanzen: Die neue Grundsteuer – Fragen und Antworten https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ/faq-die-neue-grundsteuer.html
Stand: 07.07.2022 07:54 Uhr