Di., 07.06.22 | 05:30 Uhr
Das Erste
Service: Ärger mit der Bahn
mit Kay P. Rodegra, Rechtsanwalt
Ob geschäftlich oder privat, Millionen nutzen jeden Tag im Nah- und Fernverkehr die Bahn. Und die "Pünktlichkeit" der Bahn ist nur noch sprichwörtlich. Im April kamen weniger als 70 Prozent der Fernzüge pünktlich an. Neue Baustellen im Schienennetz führen demnächst zu weiteren Verspätungen und Ausfällen. Das 9-Euro-Ticket wird zusätzlich für volle Züge im Nahverkehr sorgen. Bahnkunden benötigen Geduld. Ärger ist programmiert.
Kann man bei einer Zugverspätung sein Ticket zurückgeben?
Ja. Kommt es zu einer erwarteten Verspätung am Zielbahnhof von mehr als 60 Minuten oder fällt der Zug gänzlich aus, kann man sein Bahnticket zurückgeben und bekommt den vollen Fahrpreis einschließlich Sitzplatzreservierung erstattet.
Bekommt man eine Entschädigung, wenn man verspätet am Ziel ankommt?
Ja. Wer mit 60 Minuten oder mehr zu spät ankommt, kann den Fahrpreis um 25 Prozent mindern. Ab 120 Minuten bekommt man 50 Prozent zurück. Der Grund für die Verspätung ist übrigens egal. Ein Bahnunternehmen kann sich nicht auf höhere Gewalt (Wetter, Unfall u.ä.) berufen. Der Bahnkunde sollte sich die Verspätung des Zuges auf seinem Ticket bestätigen lassen - entweder bereits im Zug oder am Serviceschalter im Bahnhof.
Liegt die Entschädigungshöhe unter 4 €, bekommt man den Betrag nicht ausbezahlt, sondern der Bahnkunde muss weitere Fälle abwarten und seine Entschädigungsforderung dann gesammelt einreichen.
Welche Hilfe gibt es, wenn man nachts auf dem Bahnhof strandet?
Fällt abends ein Zug aus und es gibt keine Möglichkeit der Weiterfahrt zum Zielbahnhof, so dass man bis 24:00 Uhr ankommt, kann der Bahnkunde ein Taxi zum Zielbahnhof nehmen. Das gilt auch, wenn ein nächtlicher Zug (planmäßige Ankunftszeit zwischen 0 und 5 Uhr) mit einer Verspätung von mindestens 60 Minuten am Zielort ankommen würde. Die Taxikosten werden bis max. 80 € erstattet. Kommt man nachts gar nicht mehr an das vereinbarte Ziel, kann man vom Bahnunternehmen die Unterbringung in einem Hotel verlangen.
Wie macht man die Ansprüche bei Verspätungen geltend?
Mit dem Fahrgastrechte-Formular. Das ist schnell ausgefüllt und man reicht es zusammen mit dem Fahrschein ein. Unbedingt vorher eine Kopie vom Fahrschein machen. Online findet man das Formular z.B. unter: https://www.bahn.de/service/fahrplaene/fahrgastrechte Das Formular erhält man auch beim Zugpersonal oder im Bahnhof am Service-Point. Ansprüche können auch online über das Kundenkonto (www.bahn.de) oder über die App "DB Navigator" angemeldet werden.
Habt man in überfüllten Zügen Anspruch auf einen reservierten Sitzplatz?
Ja, die Reservierung behält ihre Gültigkeit. Fällt der Zug mit dem reservierten Platz aus oder wird die Reservierung vom Bahnunternehmen nicht vorgenommen oder aufgehoben, kann man sich die Reservierungsgebühr erstatten lassen.
Flug verpasst wegen einer Zugverspätung – zahlt die Bahn den Ersatzflug?
Nein. Das Wegerisiko trägt insoweit der Bahnreisende. Anders bei einem sog. „Rail & Fly-Ticket“, das im Namen eines Reiseveranstalters bei einer Flugpauschalreise verkauft wird. Hier hat der Kunde einen Anspruch gegen den Reiseveranstalter.
9-Euro-Ticket
Für Bahnkunden, die mit einem „9-Euro-Ticket“ in Nahverkehrszügen unterwegs sind, gelten diese Fahrgastrechte ebenfalls.
Weitere Informationen
• Schlichtungsstelle Öffentlicher Personenverkehr zu Fahrgastrechten
https://soep-online.de/rechte-bahnreisen/
• Hinweise der Deutschen Bahn zu Fahrgastrechen
https://www.bahn.de/service/fahrplaene/fahrgastrechte
• Hinweise der Deutschen Bahn zu Fahrgastrechten: nationale Regelungen
https://www.bahn.de/service/fahrplaene/fahrgastrechte/nationale_regelungen
• Informationen zum Thema von der Stiftung Warentest
https://www.test.de/Fahrgastrechte-Bahn-Entschaedigung-bei-Verspaetung-Streik-Zugausfall-4762311-0/
• Gesetztestexte der EU zu Fahrgastrechten
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=celex%3A32007R1371
Stand: 07.06.2022 07:41 Uhr
Kommentare