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Service: Irrtümer im Familienrecht

mit Karin Wroblowski, Fachanwältin für Familienrecht

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Service: Irrtümer im Familienrecht | Video verfügbar bis 29.08.2023 | Bild: WDR

Die zehn häufigsten Irrtümer im Familienrecht

1. Der Ehepartner haftet für die Schulden des anderen Ehepartners

Nein, das ist falsch. Jeder Ehegatte haftet nur für die von ihm eingegangenen Schulden. Wenn Darlehensverträge von einem Ehegatten abgeschlossen wurden, muss auch nur er darauf zahlen. Etwas anderes gilt nur, wenn Darlehensverträge von beiden Eheleuten unterschrieben sind oder die Bank vom anderen Ehegatten eine Bürgschaft verlangt hat.

2. Alles Vermögen gehört beiden Eheleuten

Jedes Vermögen verbleibt beim gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft bei dem Ehegatten, der es auch vor Eheschließung hatte. Läuft also beispielsweise ein Sparbuch auf den Namen eines Ehegatten, so ist es auch während der Ehe allein sein Vermögen. Der Ausgleich dieser Vermögenswerte erfolgt bei Trennung/Scheidung dann über den möglichen Zugewinnausgleichsanspruch.

3. Die Zahlung von Kindesunterhalt endet automatisch, wenn das Kind 25 Jahre alt ist

Falsch: Grundsätzlich ist der Unterhalt eines volljährigen Kindes daran geknüpft, ob es sich noch in der Ausbildung befindet. Wenn ein Kind zunächst Abitur macht, anschließend eine Ausbildung und sich dann zu einem darauf aufbauenden Studium entschließt, kann es sein, dass über das 27.Lebensjahr hinaus Kindesunterhalt zu zahlen ist.

4. Im Wechselmodell besteht keine Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt

Das ist einer der häufigsten Irrtümer. Korrekt ist beim Wechselunterhalt: Der Bedarf des Kindes wird anhand der zusammengerechneten Einkünfte der Eltern berechnet. Der Anteil, den die betreuenden Eltern dann zu zahlen haben, hängt von der Quote des eigenen Einkommens zum Gesamteinkommen beider Eheleute ab. Wenn also ein Ehegatte 2.000 € netto verdient und der andere 3.000 €, sind die Quoten (vereinfacht berechnet) zwei Fünftel zu drei Fünftel.

5. Nachehelicher Unterhalt muss nur für drei Jahre gezahlt werden

Der so genannte Betreuungsunterhalt muss gezahlt werden, bis ein Kind aus der Ehe das dritte Lebensjahr vollendet hat. Danach sind weitere Unterhaltsansprüche möglich, wenn beispielsweise das Kind darüber hinaus noch gesonderten Betreuungsbedarf hat oder andere Gründe (Krankheit, Alter, Erwerbslosigkeit) für einen Unterhaltsanspruch sprechen.

6. Für die Scheidung nehmen wir uns einen gemeinsamen Anwalt

Anwälte dürfen immer nur einen Ehegatten vertreten, um Interessenskonflikte zu verhindern. Bei einer so genannten einvernehmliche Scheidung mit einem Anwalt wird nur ein Ehegatte anwaltlich vertreten. Der andere Ehegatte hat keinen Anwalt im Scheidungsverfahren. Gibt es an einem Punkt Streit zwischen den Eheleuten, muss der bisher nicht anwaltlich vertretene Ehegatte sich einen eigenen Rechtsanwalt nehmen.

7. Eine Scheidung kann man online beantragen

Das ist nicht möglich. Man kann man online einen Anwalt mit der Einreichung des Scheidungsantrags beauftragen. Letztlich müssen aber beide Eheleute im Verhandlungstermin zur Scheidung persönlich erscheinen.

8. Eine Scheidung ist nicht gegen den Willen des anderen möglich

Grundsätzliche Scheidungsvoraussetzungen sind der Ablauf eines Trennungsjahrs und dann die Zustimmung des anderen Ehegatten zum Scheidungsantrag. Verweigert ein Ehegatte diese Zustimmung, prüft das Familiengericht, ob die Ehe zerrüttet ist. Dazu befragt es die Eheleute. Wenn der antragstellende Ehegatte erklärt, dass er keine Chance zur Wiederherstellung der Ehe sieht, spricht das Gericht in der Regel die Scheidung aus.

9. Ein Ehevertrag kann nur vor Eheschließung errichtet werden

Ein Ehevertrag kann vor und während der Ehe, auch als Scheidungsfolgevereinbarung nach der Trennung, geschlossen werden.

10. Wer eine Scheidung beantragt, zahlt die Kosten des Verfahrens

Wer die Scheidung beantragt, muss zunächst einen Gerichtskostenvorschuss einzahlen. Darüber hinaus ist dann in der Regel auch ein Vorschuss bei dem Anwalt fällig, der die Scheidung einreicht. Wenn der andere Ehegatte nicht anwaltlich vertreten ist, munss er keine Anwaltsgebühren. Bei Beendigung des Verfahrens muss derjenige trotzdem die Gerichtskosten zur Hälfte erstatten.

Weitere Informationen

• Bundesjustizministerium: Übersichtsseite mit Rechts-Informationen zu Familie und Partnerschaft
https://www.bmj.de/DE/Themen/FamilieUndPartnerschaft/Unterhaltsrecht/Unterhaltsrecht_node.html

• MDR, Ratgeber Recht: Scheiden lassen – das müssen Sie wissen (16.01.20)
https://www.mdr.de/ratgeber/recht/ehe-scheidung-rechte-ansprueche-anwalt-gericht-unterhalt-eigentum-zugewinn-100.html

• SWR, Kaffee oder Tee (14.03.22): Der Ehevertrag: Liebesversprechen mit Vertrag
https://www.swrfernsehen.de/kaffee-oder-tee/ratgeber/ehevertrag-102.html

• WDR For you: Scheidung in Deutschland (24.06.21)
https://www1.wdr.de/nachrichten/wdrforyou/deutsch/wdrforyou-scheidung-wie-geht-das-de-100.html

Stand: 29.08.2022 07:58 Uhr

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