Mo., 25.04.22 | 05:30 Uhr
Das Erste
Service: Umgang mit Krisen
mit Birgit Langebartels, Psychologin
Der Krieg in der Ukraine löst auch bei den Menschen in Deutschland Angst und Schrecken aus. Angesichts der beängstigen Meldungen und verstörenden Bildern fühlen sich viele hilflos und ohnmächtig. Auch Corona, steigende Preise und Inflation bereiten Sorge und können zu Verunsicherung und Zukunftsängsten führen. Kommt es zu einer dauerhaften Belastung die nicht bewältig wird, kann das zu Depressionen und psychischen Erkrankungen führen.
Existenzielle Bedrohung durch Gewalt und Krieg
Die russische Invasion in der Ukraine stellt einen tiefen Einschnitt dar, zumal Russlands Präsident Putin mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht hat. Eine solche existenzielle Bedrohung durch Gewalt und Krieg in Europa hat die heutige Generation noch nie erlebt. Das führt zu dem Gefühl der Hilflosigkeit: Abläufen und Entscheidungen ausgeliefert zu sein, die wir nicht selbst beeinflussen können. Doch was kann jeder praktisch tun, um diesen Gefühlen zu begegnen und mit Krisen umzugehen?
Nachrichten dosieren
Zur Selbstführsorge gehört der richtige Umgang mit Nachrichten aus dem Kriegsgebiet und auf Social Media. Fragen Sie sich: Wieviel Informationen tuen Ihnen gut? Innere Unruhe, Schlafstörungen und die Unfähigkeit, sich auf den Alltag zu konzentrieren, können Zeichen eines beginnenden seelischen Ungleichgewichts sein. Hier kann es durchaus helfen, weniger beunruhigende Nachrichten zu konsumieren.
Seelisches Immunsystem stärken
Einige Menschen verarbeiten Stress und Ängste besser als andere und gehen sogar gestärkt aus Krisen hervor. Psychologen nennen diese Eigenschaft "Resilienz": Die menschliche Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu überstehen. Diese psychische Widerstandskraft können wir trainieren, indem wir uns so viel wie möglich mit etwas beschäftigen, was uns in unserem eigenen Leben Sinn und Kraft gibt.
Austausch und Akzeptanz fördern
Besonders der zwischenmenschliche Austausch ist bei der Bewältigung von Ängsten hilfreich. Sprechen Sie mit anderen über Ihre Sorgen und Ängste. Auch andere machen sich Sorgen, Sie sind damit nicht allein. Eingebunden in eine Gruppe zu sein und sich in tragende Beziehungen zu begeben, wirkt heilsam.
Auch ein zentraler Begriff aus der Psychotherapie spielt eine wichtige Rolle: Akzeptanz. Wenn ich keinen Einfluss auf eine Situation habe, hilft es sie innerlich anzunehmen und zu akzeptieren. Widerstand gegen etwas, das nicht zu ändern ist, verursacht Leid. Versuchen Sie daher die Situation so objektiv wie möglich zu betrachten. Nehmen Angstzustände jedoch überhand, sollten Sie sich professionelle Hilfe suchen.
Tätig werden
Beschäftigen Sie sich mit etwas Sinnhaftem und tun Sie etwas, das Ihnen Spaß macht. Kommen Sie ins Tun und werden Sie tätig. Der Alltag bietet Ihnen viele Möglichkeiten, etwas zu tun und sich zu engagieren.
Hilfe anbieten
Bieten Sie anderen Helfern oder geflüchteten Menschen aus der Ukraine Unterstützung und Hilfe an. Das hilft nicht nur den Menschen in Ihrem Umfeld, sondern auch Ihnen selbst, wenn Sie nicht ohnmächtig und tatenlos zusehen und wie das Kaninchen vor der Schlange sitzen. Amerikanische Studien haben gezeigt: Menschen die anderen Menschen helfen, leben glücklicher.
Weitere Informationen
• Quarks: So bewältigen wir eine Krise
https://www.quarks.de/gesellschaft/psychologie/phasen-einer-krise/
• WDR: Resilienz – Was die Seele stark macht
https://www1.wdr.de/mediathek/video-resilienz--was-die-seele--stark-macht-100.html
• SWR: Umgang mit Krisen: So kann man Kinder stark machen
https://www.swr.de/swr2/wissen/umgang-mit-krisen-so-kann-man-kinder-stark-machen-100.html
• Was Krieg mit unserer Psyche macht
https://presse.funk.net/pressemeldung/pm-psychologeek-ukraine/
Stand: 25.04.2022 07:45 Uhr
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