Verschwendete Lebensmittel
Wie die Industrie das Mindesthaltbarkeitsdatum für ihre Zwecke nutzt
Bei vielen wandern abgelaufene Lebensmittel sofort in die Tonne. Dabei sind sie meist noch gut. Der Industrie hilft ein kurzes MHD, den Absatz zu steigern.

Unterschied "Mindestens haltbar bis" und "zu verbrauchen bis"
Derzeit gibt es zwei verschiedene Daten, die die Haltbarkeit eines Lebensmittels angeben. Einmal das weit verbreitete Mindesthaltbarkeitsdatum. Ein Hersteller garantiert damit, dass ein ungeöffnetes Lebensmittel bis zu diesem Tag seine spezifischen Eigenschaften behält. Hierzu gehören neben einer einwandfreien mikrobiellen Beschaffenheit auch die Farbe, der Geruch, der Geschmack und die Nährwerte des Produkts. Wichtig ist, dass dies nur bei den vom Hersteller vorgegebenen Lagerbedingungen zutrifft. Das Datum ist also kein Verfallsdatum, sondern eine Herstellergarantie. Lebensmittel können auch danach noch von optimaler Qualität sein.
Im Gegensatz dazu steht das "zu verbrauchen bis" Datum, welches man zum Beispiel auf rohem Fleisch oder Fisch findet. Dieses Datum gibt an, bis wann ein Lebensmittel tatsächlich verbraucht worden sein sollte. Danach sollte man diese Produkte nicht mehr verzehren. Dann besteht die Möglichkeit, dass sich krankmachende Keime soweit vermehrt haben, dass eine gesundheitliche Gefahr vorhanden sein könnte.

Interesse der Hersteller
Das Mindesthaltbarkeitsdatum kann von den Herstellern frei festgelegt werden. Es gibt keine gesetzliche Regelung, die besagt, dass das MHD beispielsweise so lang wie möglich angesetzt werden muss. Das Problem daran ist, dass die Hersteller – aus finanzieller Sicht – kein Interesse daran haben, dass Lebensmittel möglichst lange haltbar sind und möglichst lange verzehrt werden, bemängeln Experten. "Die Hersteller haben natürlich ein Interesse, tendenziell ein sehr kurzes MHD anzugeben, damit die Supermärkte ihre Produkte schneller wegschmeißen, schneller neue Produkte bestellen. Dass heißt, die Hersteller können dann einfach mehr Produkte verkaufen, wenn das MHD kurz ist“, kritisiert Andreas Winkler von der Verbraucherorganisation Foodwatch.
Tipps für Verbraucher
Dieses ökonomische Interesse der Hersteller sollten Verbraucher im Hinterkopf haben, wenn Produkte laut MHD „abgelaufen“ sind. Denn häufig können diese noch problemlos gegessen werden. Aufpassen sollte man vor allem bei kühlpflichtigen Produkten wie Milch oder Joghurt. Hier gilt es, die eigenen Sinne einzusetzen, zu riechen und zu schmecken. Trotzdem kann man auch bei solchen Produkten einen Sicherheitspuffer der Hersteller mit einkalkulieren. Eher unproblematisch sind Trockenprodukten wie Nudeln, Reis, Mehl oder Salz. Sie können noch Monate, häufig sogar Jahre nach Ende des Mindesthaltbarkeitsdatums gefahrlos gegessen werden. Sogar noch länger ist dies bei Konserven der Fall.

Laborergebnis
Eine Stichprobe zeigt, wie lange Produkte nach dem Mindesthaltbarkeitsdatum noch problemlos verzehrt werden können. Annabell Neuhof hat dazu in Neuss bei zufällig ausgewählten Haushalten in Kühlschränken und Vorratskammern abgelaufene Lebensmittel eingesammelt und in ein Labor zur Keimanalyse gebracht. Das erstaunliche Ergebnis: "Sieben von neun Produkten waren aus mikrobiologischer Sicht von hervorragender Qualität. Und wir haben bei allen Produkten, die wir getestet haben, keine wirklich krankmachenden Keime nachgewiesen", erklärt Laborleiter Dr. Maher Korakli.
Produkt | MHD | Laborergebnis (10.07.2018) | Bewertung |
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Bonduelle Dosen-Erbsen | 19.06.2008 | Alle Richt- und Warnwerte erfüllt | Problemlos verzehrbar |
Sriracha scharfe Chilisauce | 28.07.2015 | Alle Richt- und Warnwerte erfüllt | Problemlos verzehrbar |
Grafschafter Goldsaft Zuckerrübensirup | 18.05.2018 | Alle Richt- und Warnwerte erfüllt | Problemlos verzehrbar |
Galbani Mozzarella | 11.06.2018 | Alle Richt- und Warnwerte erfüllt | Problemlos verzehrbar |
Zotarella Mozzarella | 13.06.2018 | Alle Richt- und Warnwerte erfüllt | Problemlos verzehrbar |
Govinda Erdmandeln | 11.05.2015 | Richtwert- Überschreitung "Bacillus cereus"; alle Warnwerte erfüllt | "Ich kann mir nicht vorstellen, dass in der Keimzahl dieses Lebensmittel sehr gefährlich für die Konsumenten ist." |
Belbake Milchreis (Pulver) | 28.08.2016 | Alle Richt- und Warnwerte erfüllt | Problemlos verzehrbar |
Lachs-Sahne-Gratin (Pulver) | 30.06.2016 | Alle Richt- und Warnwerte erfüllt | Problemlos verzehrbar |
Marinierte Fleischspieße (eingefroren) | 28.06.2018 | Richtwert- Überschreitung "Gesamt- Keimzahl"; alle Warnwerte erfüllt | "Dieses Produkt ist trotzdem eher unkritisch. Denn diese Fleischspieße werden gegrillt, also hitzebehandelt, und dadurch sind diese Keime dann tot." |