Plastik auf der Haut

Wer heute duscht oder sich die Haare wäscht, schmiert sich fast automatisch Kunststoff in Haut und Haare. Viele Produkte kommen nicht ohne aus. Zwar ist Mikroplastik inzwischen weitestgehend verbannt, aber viele Hersteller verstecken in ihren Rezepturen weiterhin jede Menge Kunststoff.
Seit fünf Jahren versuchen die Kosmetikhersteller in Deutschland auf Kunststoffteilchen, das sogenannte Mikroplastik in ihren Kosmetikprodukten zu verzichten. So lange gilt bereits eine entsprechende Selbstverpflichtungserklärung. Die Bemühungen zeigen Wirkung. In etwa drei Prozent aller Produkte sind die kleinen Kunststoffteile noch enthalten. Betroffen sind beispielsweise weiterhin Peeling-Produkte.
Unsere Stichprobe im Fraunhofer Institut in Oberhausen hat dies bestätigt. Plastikpartikel haben wir in unseren Proben nicht gefunden. Das ist allerdings nur auf den ersten Blick ein guter Befund: "Es gibt andere Kunststoffe, in gelartiger, wachsartiger, löslicher Form, die oft in Kosmetikprodukten eingesetzt werden", erklärt Leandra Hamann. Die Biologin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Fraunhofer Umsicht.
Statt fester nun flüssige Kunststoffe in Kosmetika
Was viele Hersteller verschweigen, ist die Tatsache, dass statt der festen inzwischen jede Menge flüssige Kunststoffe in Kosmetikartikeln wie Duschgel oder Shampoo enthalten sind. Für den Verbraucher sind die in der englischsprachigen Auflistung der Inhaltsstoffe schwer auszumachen.

Kunststoff in Kosmetik hat viele Namen. Hinter diesen Bezeichnungen verstecken sich die gängigsten Kunststoffe: Acrylate Copolymer (AC), Acrylate Crosspolymer (ACS), Dimethiconol, Methicone, Polyamide (PA, Nylon), Polyacrylate (PA), Polymethyl methacrylate (PMMA), Polyquaternium (PQ), Polyethylene (PE), Polyethylene glycol (PEG)*, Polyethylene terephthalate (PET), Polypropylene (PP), Polypropylene glycol (PPG), Polystyrene (PS), Polyurethane (PUR), Siloxane, und Silsesquioxane.
Folgen laut Wissenschaftlern unklar
Die Auswirkungen auf Natur und Umwelt sind in den wenigsten Fällen abgeklärt. Deshalb plädieren Wissenschaftler wie Leandra Hamann für das Vorsorgeprinzip: "Da heißt es erstmal vorsichtig sein. Stoffe eher nicht einsetzten und erst wenn wirklich bewiesen ist, dass sie unschädlich sind, im Produkt verwenden."
Der Industrieverband für Körperpflege- und Waschmittel sieht das anders. "Anders als feste Kunststoffpartikel tragen sie nicht zur Verschmutzung von Gewässern bei", heißt es in einer Stellungnahme. Zu den flüssigen Kunststoffen heißt es: "Nach anerkannter Expertenmeinung sind gelöste Polymere in ihrer umweltrelevanten Form nicht toxisch und werden zudem überwiegend in Kläranlagen herausgefiltert."
Umweltbundesamt sieht ein Gefährdungspotenzial
Doch auch beim Umweltbundesamt sieht man den Einsatz dieser Stoffe kritisch. Von den festen Stoffen sei bekannt, dass diese Interaktion zu Zellwachstumsveränderungen führen, so Dr. Tamara Grummt, Toxikologin beim Umweltbundesamt im sächsischen Bad Elster. "Die Zellen kommunizieren auch nicht mehr richtig. Das heißt, das Gewebe kann sich nicht mehr entsprechend der biologischen Vorgaben entwickeln. Aus unserer Sicht besteht ein Gefährdungspotenzial." Bei den noch immer weitgehend unerforschten flüssigen Kunststoffen verweist Tamara Grummt deshalb auf den Einsatz von Kunststoffmaterial bei der Wasseraufbereitung: "Da gibt es eine Positivliste und da sind alle die Substanzen aufgelistet sind, die unschädlich sind für Rohre aus Plastik, die mit Trinkwasser in Berührung kommen. Und so was Ähnliches muss dann eben auch in der Kosmetikindustrie eingeführt werden."
Naturkosmetik frei von Kunststoffen
Wer sicher sein will, dass Produkte kunststofffrei sind, kann sich am Einkaufsratgeber des BUND orientieren. Außerdem bieten Smartphone-Apps wie "Code Check", "ToxFox" oder "Beat the Microbead" Hilfe beim Einkauf. Der einfachste Weg ist der Griff zur Naturkosmetik, die inzwischen in vielen Drogerie- und Supermärkten angeboten wird. Sie ist frei von Kunststoffen.