Wie entwickelt sich das kindliche Gehirn?

1. Bei der Geburt ist das Gehirn noch längst nicht fertig
Vergleicht man es mit einem erwachsenen Gehirn, ist das Gehirn eines Neugeborenen nur ein Viertel so schwer – und es sieht völlig anders aus: Es ähnelt einem riesigen Gestrüpp aus Milliarden an Nervenzellen. Denn während der Schwangerschaft entstehen im Durchschnitt unglaubliche 250 000 Neuronen – pro Minute! Alles, was das Kind jetzt erlebt, führt dazu, dass sich die Neuronen miteinander verknüpfen. Dabei gilt: Je häufiger eine Erfahrung, desto ausgeprägter wird die neuronale Verknüpfung. Was dagegen nicht gebraucht wird, stirbt ab.
2. Die Bindung zu Bezugspersonen beeinflusst die Hirnentwicklung
Es müssen nicht zwangsläufig die Eltern sein: Wichtig ist eine enge und stabile Bindung zu einer Vertrauensperson. Angst, Unsicherheit und Stress dagegen führen dazu, dass das Kind im Alarmmodus auf alte und erprobte Muster zurückfällt – anstatt neue Verschaltungen zu bilden.
Untersuchungen mit traumatisierten Adoptivkindern zeigen: Entscheidend sind vor allem die ersten eineinhalb Jahre. Solange die Kinder noch in dieser Zeit in ein liebvolles, fürsorgliches Umfeld kamen, konnten sie kognitiv und psychisch sehr gut aufholen. Kamen sie erst später in ein sorgendes Umfeld, litten sie noch Jahre später an Entwicklungsstörungen.
Wichtig ist: Ob sich das Gehirn gut entwickelt oder nicht, hat nichts mit ökonomischen Mitteln der Eltern zu tun – oft ganz im Gegenteil: Es geht um Bindung, Zeit und ein Gefühl der Sicherheit. Eine forcierte Förderung zu Beginn kann dagegen sogar schädlich sein.
3. Was nicht gebraucht wird, wird abgebaut
Mit drei Jahren haben Kinder etwa doppelt so viele Synapsen wie Erwachsene – und dann wird's ernst: Jetzt wird entschieden, was wirklich gebraucht wird – nur die aktiven Verbindungen bleiben bestehen. Dieser Prozess dauert bis zur Pubertät an. Das bedeutet: Wir verlieren dabei phasenweise 4 Milliarden Synapsen täglich.
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