SENDETERMIN Di., 06.06.23 | 23:05 Uhr | Das Erste

ARD Story: Arm und Reich vor Gericht

Wie gerecht ist unsere Strafjustiz?

PlayArm und Reich vor Gericht
Arm und Reich vor Gericht | Video verfügbar bis 06.06.2025 | Bild: NDR

Patrick H. sitzt in seiner Zelle in der JVA Berlin-Plötzensee und erzählt von dem Tag, den er wohl nie vergessen wird: Als die Polizei gegen seine Tür hämmert, ihn verhaftet und ins Gefängnis bringt. Dabei wurde Patrick H. nie zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Er konnte lediglich seine Geldstrafe nicht zahlen. Und der 28-Jährige ist damit nicht allein: Mehrere Tausend Menschen in Deutschland erleben jedes Jahr das Gleiche. Viele von ihnen haben nicht einmal vor Gericht gestanden. Sie alle haben eines gemeinsam: Sie sind arm. Ist das Zufall? Oder haben es Menschen mit mehr Geld im deutschen Justizsystem leichter?

Wer kein Geld für einen Anwalt hat, steht im Zweifel ohne Verteidigung vor Gericht. Denn Pflichtverteidiger werden schätzungsweise nur in zehn Prozent der Fälle eingesetzt, wenn eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr im Raum steht und in einigen Ausnahmefällen.

Haben es Menschen mit mehr Geld im deutschen Justizsystem leichter?

Ein Wachturm der JVA Berlin-Plötzensee. Hier sind rund 250 Gefangene eingesperrt, die nie zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden sind.
Ein Wachturm der JVA Berlin-Plötzensee. Hier sind rund 250 Gefangene eingesperrt, die nie zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden sind. | Bild: NDR / Alex Grantl

Wer genug Geld für seine Verteidigung ausgeben kann, sucht sich Anwälte wie Nikolaos Gazeas. Seine Kanzlei in Köln zählt zu den Topadressen für Wirtschaftsstrafrecht in Deutschland. Kanzleien dieser Art verlangen Stundensätze um die 400 Euro. Gazeas hat Beschuldigte in Cum-Ex-Strafverfahren vertreten und die Verteidigung im Schmiergeldprozess um ehemalige Siemens-Manager koordiniert. Er schätzt: 80 Prozent seiner Fälle werden entweder eingestellt oder enden mit einem Freispruch. "Mehr Geld gleich bessere Verteidigung gleich bessere Chancen vor Gericht, das ist in vielen Fällen leider zutreffend."

Die "ARD Story" hat sich umgesehen in deutschen Gerichtssälen und Gefängnissen, spricht mit Gefangenen, Verurteilten und Beschuldigten, mit Richterinnen, Staatsanwälten und dem Leiter eines Gefängnisses. Das Reportageteam konfrontierte auch Bundesjustizminister Marco Buschmann mit der Frage, wie er die deutsche Strafjustiz gerechter machen will und ob seine Reformvorschläge dafür ausreichen.

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