"Originale 45" – Mediatheksschwerpunkt

In der ARD-Mediathek haben wir zum Thema Kriegsende 1945 eine Auswahl der wichtigsten, eindrücklichsten aber auch fast vergessenen Bilddokumente aus der Zeit von 1945 bis 46 zusammengestellt.
In der unmittelbaren Nachkriegszeit, den Jahren 1945 und 1946, machten die Alliierten in den vier Besatzungszonen viele Filmaufnahmen in Deutschland – einem Land zwischen Chaos und Neuanfang. Kameraleute der britischen, amerikanischen und Roten Armee dokumentierten das Alltagsgeschehen, die Wiederaufnahme des gesellschaftlichen und politischen Lebens und den Wiederaufbau.
Daraus entstanden im Stil der Wochenschau nach der Kapitulation ab Mai 1945 die Nachrichtenfilme "Welt im Film" sowie "Der Augenzeuge", die sehr authentische Einblicke geben: in die Lebensumstände der Menschen – und in die Propaganda der damaligen Zeit in allen Besatzungszonen Deutschlands. Durch die eindrücklichen Bilder und die Wortwahl der Kommentare erhält man einen sehr authentischen Eindruck von der Situation im Deutschland dieser Zeit.
Bilder, die ein Land am Wendepunkt zeigen
Unser multimediales Projekt beschäftigt sich besonders mit der Situation der Kinder des Krieges. Daher liegt auch bei den ausgewählten Originalaufnahmen der Fokus weitgehend dort. Die Kleinsten, die als Waisen mit Milch aufgepäppelt werden. Buben und Mädchen, die zu Dutzenden versorgt werden müssen. Sprachlose Kinder, die ihre Eltern suchen. Jugendliche, die ihre Schulen wieder mit aufbauen müssen. Mütter und Söhne, die Brennholz für den Winter sammeln.
Bilder – 75 Jahre alt, aus Bayern und Berlin, aus Hamburg und Köln, aus West und Ost, die uns ein Land an einem Wendepunkt zeigen und Menschen, die nach dem Zusammenbruch eines ganzen Systems von vorne anfangen müssen.

Ergänzt werden diese Nachrichten durch längere Filme, die einen klaren Auftrag haben: Den unbedingten Neuanfang nach Hitler-Deutschland. Darunter ist der bekannte US-Propagandafilm "Your job in Germany" von Frank Capra vom April 1945, der den amerikanischen GIs jedes Vertrauen und jede Annäherung an die Deutschen untersagen sollte.
Als besonderes Highlight präsentieren wir in diesem Zusammenhang den DEFA-Film "Zwei Deutsche" von Gitta Nickel aus dem Jahr 1988 – ein Dokument, das ausgehend von zwei ikonischen Kinderfotos aus den letzten Kriegstagen den Lebensweg dieser beiden Kriegskinder in Ost (Hans Henke aus Finsterwalde) und West (Wilhelm Hübner aus Landshut) nachzeichnet. Die Bilder von beiden gingen um die Welt. Das Foto des verzweifelten Hans Henke in dem zu großen Militärmantel und die Aufnahme des stolzen Wilhelm Hübner mit dem Eisernen Kreuz, der dem "Führer" Meldung machen darf. Beide wurden zu Sinnbildern des Krieges, zu Symbolen für die Verführung und die Verzweiflung einer ganzen Generation. Der Film spürt den Lebenswegen der damals Sechszehnjährigen nach.
Als Bonus gibt es darüber hinaus fünf ausgewählte Zeitzeugeninterviews (aus Hamburg, Delmenhorst, Hildesheim, Wetzlar und Griesborn) aus der Fernsehdokumentation "Kinder des Krieges" (online abrufbar in der ARD Mediathek und auf daserste.de ab dem 22. April 2020, 18.00 Uhr und am 4. Mai 2020 um 20.15 Uhr im Ersten).
Text: Susann Reich und Anaïs Roth
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