Faktencheck zu "maischberger"

Sendung vom 17.05.2023

Faktencheck

Die Gäste (v.l.n.r.): Paul Ronzheimer, Helene Bubrowski, Bernhard Hoëcker, Rüdiger von Fritsch
Die Gäste (v.l.n.r.): Paul Ronzheimer, Helene Bubrowski, Bernhard Hoëcker, Rüdiger von Fritsch | Bild: WDR / Thomas Kierok

Bei Maischberger wird engagiert diskutiert, Argumente werden ausgetauscht, es wird auch schon mal emotional und manchmal bleibt am Ende keine Zeit, um alles zu klären. Wenn Fragen offen bleiben, Aussagen nicht eindeutig waren oder einfach weitere Informationen hilfreich sein könnten, schauen wir nach der Sendung noch einmal drauf – hier in unserem Faktencheck.

Und das schauen wir uns an:

  • Welche Militärhilfen umfasst das neue Ukraine-Hilfspaket der Bundesregierung?

Welche Militärhilfen umfasst das neue Ukraine-Hilfspaket der Bundesregierung?

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius äußerte sich in der Sendung zu den neuen Waffenlieferungen für die Ukraine, die die Regierung kürzlich ankündigte. Der SPD-Politiker gab zu, dass es noch eine Weile dauern werde, ehe dieses Hilfspaket in der Ukraine ankomme. Einige Bestandteile müssten erst produziert werden, so Pistorius. Wie dieses neue Hilfspaket konkret aussehen soll, schauen wir uns hier noch einmal genauer an.

Militärhilfe für die Ukraine: Was steckt im neuen 2,7-Milliarden-Paket?

Maischberger: "Wenn man diese 2,7 Milliarden [Euro], das Paket sich anguckt – das klingt ja erst einmal sehr beeindruckend. Wie schnell kommt das eigentlich in der Ukraine an? Und wird das noch rechtzeitig sein für die Frühjahrsoffensive?"

Pistorius: "Für die Frühjahrsoffensive wird es definitiv nur in Teilen rechtzeitig kommen, das war aber auch nicht der Anspruch. Der Anspruch der Bundesregierung, meines Hauses und von mir ist, zu helfen mit den Dingen, die schnell helfen, schnell einsatzbereit gemacht werden können einerseits, aber die erst mal geliefert werden können müssen und die dann nachhaltig sind. Also, wir reden über Instandsetzung, Nachlieferung von Munition und Ersatzteilen. Es nützt nichts, etwas zu liefern, das nach vier Monaten gewartet werden muss, und dann hat sich niemand drum gekümmert, wie das geht. Das ist das Prinzip unserer Hilfe. Und natürlich stehen all diese Sachen nicht im Regal. Es fängt bei der Munition an und geht über Radhaubitzen weiter. Wir liefern ein Riesenpaket von Artillerie, Luftverteidigung, von Pionierfähigkeiten und vielem anderen mehr. Vieles von dem ist in der Produktion. Einiges wird sofort geliefert, aber anderes wird auch noch bis ins nächste Jahr dauern."

Stimmt das? Welche Militärhilfen umfasst das neue Ukraine-Hilfspaket der Bundesregierung?

Am vergangenen Samstag (13.5.2023) teilte das von Boris Pistorius geführte Bundesverteidigungsministerium mit, dass man die Ukraine mit weiteren Waffenlieferungen unterstützen werde. Das neue Paket soll einen Wert von insgesamt rund 2,7 Milliarden Euro haben. Demnach handelt es sich um die größte deutsche Waffenhilfe seit Kriegsbeginn. "Mit diesem wertvollen Beitrag an dringend benötigtem militärischen Material zeigen wir einmal mehr, dass es Deutschland mit seiner Unterstützung ernst ist", betonte Boris Pistorius am Samstag. Deutschland werde jede Hilfe leisten, die es leisten kann – "as long as it takes" – solange dies nötig sei, ergänzte er.

Mit dem neuen Paket setzt die Bundesregierung zwei Schwerpunkte. Zum einen sollen die Landstreitkräfte der Ukraine mit der Lieferung von Schützen- und Kampfpanzern gestärkt werden. Daneben will Deutschland aber auch die Flugabwehr der Ukraine deutlich aufrüsten. Konkret soll die Ukraine 20 weitere Marder-Schützenpanzer, 30 Leopard-1-Panzer sowie 18 Radhaubitzen erhalten. Letztere waren schon Ende 2022 vom Verteidigungsministerium angekündigt worden. Darüber hinaus plant die Bundesregierung die Lieferung von vier weiteren Iris-T-SLM-Flugabwehrsystemen, 12 Iris-T-SLS-Startgeräten und Hunderten Lenkflugkörpern für das System. Zudem sollen 15 weitere Gepard-Flugabwehrpanzer geliefert werden. 

Zusätzliche Hilfe erhält die Ukraine bei der Aufklärung von feindlichen Stellungen. Geplant ist hier die Lieferung von bis zu 200 Aufklärungsdrohnen. Ebenso ist die Abgabe von über 100 logistischen Unterstützungsfahrzeugen sowie 100 geschützten Gefechtsfahrzeugen vorgesehen, die vor allem zum Transport von Truppen an die Front dienen sollen.

Wie das Bundesverteidigungsministerium mitteilte, kommen sämtliche Bestandteile des Hilfspakets entweder aus Industriebeständen oder sie werden erst noch von der Industrie hergestellt. Bundeswehrbestände werden also nicht angetastet. 

Die neuen Lieferungen werden aus einem Sonderbudget finanziert, das die Bundesregierung eigens für die ukrainische Waffenhilfe aufgelegt hat. Ende März 2023 genehmigte der Haushaltsausschuss, dass die Bundesregierung allein in diesem Jahr rund 5,2 Milliarden Euro für die Unterstützungsleistungen ausgeben kann.

Nach eigenen Angaben hat die Bundesregierung seit dem russischen Angriff auf die Ukraine bereits Waffen und militärische Ausrüstung im Wert von 2,75 Milliarden Euro genehmigt. Hinzu kommt weiteres Material, das nicht genehmigungspflichtig ist. Pistorius sagte am vergangenen Donnerstag (11.5.2023) bei einem Truppenbesuch, die militärische Hilfe summiere sich bislang auf "etwas über vier Milliarden Euro". 2,7 Milliarden Euro kommen nun also noch hinzu.

Die ukrainische Regierung dankte Deutschland für das angekündigte Milliarden-Paket. Präsidentenberater Mychailo Podoljak sagte, die westlichen Waffenlieferungen zeigten, dass "Russland dazu verurteilt" sei, seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu verlieren und auf der "Bank der historischen Schande zu sitzen". Gleichzeitig mahnte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba zur Eile. Die Ukraine benötige jegliche Unterstützung immer so schnell wie möglich. Man schätze es, wenn alles dafür getan werde, um Lieferungen zu beschleunigen. Über Zeitpläne könne man diskutieren. Wann das deutsche Hilfspaket die Ukraine in welchem Umfang erreichen wird, darüber gibt es seitens der Bundesregierung keine konkreten Angaben. 

Im internationalen Vergleich ist Deutschland der drittgrößte Geber von Militärhilfen für die Ukraine. Das geht aus dem "Ukraine Support Tracker" des Kieler Instituts für Weltwirtschaft hervor. Mit Abstand die größten Hilfen haben die USA zugesagt (43,2 Milliarden Euro), gefolgt vom Vereinigten Königreich (6,6 Milliarden Euro). Deutschland ist in der Statistik mit 3,6 Milliarden Euro gelistet, wobei das neue Hilfspaket noch nicht berücksichtigt ist. 

Fazit: Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) äußerte sich in der Sendung zu den neuen Waffenlieferungen für die Ukraine, die die Regierung kürzlich ankündigte. Laut Verteidigungsministerium soll dieses bislang größte deutsche Hilfspaket für die Ukraine ein Volumen von rund 2,7 Milliarden Euro haben und sowohl die Landstreitkräfte als auch die Flugabwehr gegen die russischen Angriffe unterstützen. Sämtliche Bestandteile des Hilfspakets kommen laut Ministerium entweder aus Industriebeständen oder sie werden erst noch von der Industrie hergestellt. Bundeswehrbestände werden nicht angetastet. Finanziert werden die Hilfen aus einem Sonderbudget der Bundesregierung. Wann die angekündigten Lieferungen die Ukraine erreichen werden, darüber gibt es seitens der Bundesregierung keine konkreten Angaben. 

Stand: 18.05.2023

Autor: Tim Berressem