Faktencheck zu "maischberger"

Sendung vom 23.05.2023

Faktencheck

Die Gäste (v.l.n.r.): Gregor Peter Schmitz, Dagmar Rosenfeld, Guido Cantz
Die Gäste (v.l.n.r.): Gregor Peter Schmitz, Dagmar Rosenfeld, Guido Cantz | Bild: WDR

Bei Maischberger wird engagiert diskutiert, Argumente werden ausgetauscht, es wird auch schon mal emotional und manchmal bleibt am Ende keine Zeit, um alles zu klären. Wenn Fragen offen bleiben, Aussagen nicht eindeutig waren oder einfach weitere Informationen hilfreich sein könnten, schauen wir nach der Sendung noch einmal drauf – hier in unserem Faktencheck.

Und das schauen wir uns an:

  • Werden Wärmepumpen in Zukunft vom Stromnetzbetreiber ferngesteuert?
  • Sind 50 Prozent der Deutschen für einen Rücktritt von Robert Habeck?

Werden Wärmepumpen in Zukunft vom Stromnetzbetreiber ferngesteuert?

In unserer Diskussion über die Wärmewende behauptete Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), es gebe Pläne, wonach die Heizungen von Wärmepumpenbesitzern künftig zentral ferngesteuert werden sollen. Wenn eine Wärmepumpe zu viel Strom verbrauche, könne die Temperatur im betreffenden Haus dann durch den Netzbetreiber entsprechend heruntergeregelt werden, so Aiwangers Behauptung. 

Streit um Wärmewende: Werden Heizungen künftig ferngesteuert?

Maischberger: "Sie haben einmal gesagt, zum Beispiel, dass – weil man beim Strom bleibt – wenn jetzt alle die Wärmepumpe einbauen, dann werden wir irgendwann zu wenig Strom haben, um die alle dann zu versorgen. Und dann haben Sie gesagt, dann wird Folgendes passieren: In Berlin werden die dann die Wärmepumpen, weil es ja geht, runterregeln in den Häusern. Das heißt, die werden in Berlin bestimmen, wie warm es bei mir zu Hause sein darf, weil dann der Strom nicht mehr für alle reicht. Meinen Sie das ernst?"

Aiwanger: "Natürlich. Und die Pläne sind ja da. Das wird ja ganz offen diskutiert, dass man mit Fernablesung sieht, wie warm es in deiner Heizung ist, und dass die Stromversorger deinen Pufferspeicher nutzen sollen, was ja zunächst mal begrüßenswert ist, dass ich Überschussstrom dann nutze, um den Pufferspeicher des Wärmepumpenbesitzers hochzutreiben und dort zu sagen, jetzt haben wir zu viel Strom –"

Maischberger: "Also, Sie glauben, da wird jemand in Berlin sitzen und Ihre Heizung dann zentral runterregeln, weil er glaubt, der muss weniger Strom haben?"

Aiwanger: "Am Ende wird es der Verteilnetzbetreiber tun im Auftrag des Bundes. Das ist ja jetzt das Gesetz, dass hier der Verteilnetzbetreiber am Ende abregeln muss oder soll, ohne den Bürger zu fragen. Bisher gibt es das ja nur, wenn er vorher in einem Vertrag zugesichert hat, du darfst mir den Strom abdrehen, dafür kriege ich aber einen günstigeren Tarif. Und jetzt dürfen dann die Verteilnetzbetreiber deinen Strom zurückdrehen und sagen, der kriegt jetzt rationiert Strom, weil der sonst im Netz nicht reicht."

Maischberger: "Frau Schulze."

Schulze: "Wenn ich so was höre –"

Aiwanger: "Na, das ist die Realität."

Stimmt das? Werden Wärmepumpen in Zukunft vom Stromnetzbetreiber ferngesteuert?

Am 1. Januar 2023 trat eine Änderung des Paragrafen 14a des Energiewirtschaftsgesetzes in Kraft, wonach die Bundesnetzagentur, die in Deutschland unter anderem für Strom- und Gasleitungen zuständig ist, Vorgaben erarbeiten kann, inwiefern Wärmepumpen und nicht öffentlich-zugängliche Ladepunkte für E-Autos zeitweise vom Netz genommen werden können. Hintergrund ist die zunehmende Belastung der Stromnetze, die u.a. durch die von der Bundesregierung angestrebte Elektrifizierung der Wärmeversorgung zu erwarten ist. Einfach formuliert: Je mehr elektrische Wärmepumpen in Deutschland betrieben werden, desto größer ist der Stromverbrauch hierzulande. Um eine Überlastung der Stromnetze zu verhindern, ist es technisch möglich, Wärmepumpen netzorientiert zu steuern, also in Phasen besonders hoher Auslastung vom Netz zu trennen oder den Verbrauch zu drosseln. 

Viele Netzbetreiber bieten schon jetzt vergünstigte Stromtarife für Kunden an, die sich für die netzorientierte Steuerung ihrer Wärmepumpe entscheiden. Dies geschieht auf freiwilliger Basis. Der Kunde kann sich auch gegen eine solche Steuerung entscheiden, muss dann im Gegenzug aber weiterhin den normalen Stromtarif zahlen. Dieses Prinzip der Freiwilligkeit will die Bundesnetzagentur nun ändern. Ein entsprechendes Eckpunktepapier aus dem November 2022 sieht vor, dass Netzbetreiber bei drohenden Überlastungen die Leistung von Wärmepumpen vorübergehend reduzieren können. Im Gegenzug soll – unabhängig von tatsächlichen Leistungsreduzierungen – eine pauschale Vergünstigung des Netzentgelts erfolgen. Ab dem 1. Januar 2024 soll dies für alle neu in Betrieb genommenen Wärmepumpen verpflichtend sein. Gleichzeitig werden die Netzbetreiber in die Pflicht genommen, den Netzausbau bedarfsgerecht voranzutreiben.

Inwieweit dieses Eckpunktepapier in die Tat umgesetzt wird, darüber wird derzeit in einem Festlegungsverfahren beraten, wobei diverse Interessenvertreter in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Eine abschließende Regelung wurde noch nicht gefunden. Doch in jedem Fall ist die Vorstellung, dass künftig jemand zentral per Knopfdruck über die Raumtemperatur beim Endverbraucher entscheiden wird, in dieser Form nicht zutreffend. 

Schon jetzt ist die netzorientierte Steuerung durch einige Auflagen reglementiert. So darf eine Wärmepumpe laut Paragraf 7 der Bundestarifordnung Elektrizität maximal sechs Stunden pro Tag vom Netz getrennt werden. Diese sogenannte Sperrzeit darf allerdings nicht zusammenhängend geschehen, denn eine einzelne Unterbrechung darf niemals länger als zwei Stunden dauern. Außerdem ist gesetzlich geregelt, dass die Zeit zwischen zwei Heizpausen mindestens so lang wie die letzte Sperrzeit sein muss. In vielen Fällen kann die Sperrzeit ohne größere Probleme kompensiert werden. Neu gebaute oder energetisch sanierte Gebäude mit guter Dämmung verlieren auch bei sehr tiefen Außentemperaturen kaum Wärme. Hier eignen sich besonders Fußbodenheizungen zur Überbrückung der Heizpausen. Der Boden wirkt als thermischer Speicher, der auch dann Wärme an das Haus abgibt, wenn die Heizung abgeschaltet ist. Aber auch andere Speicherformen wie Puffer- oder Schichtladespeicher sind denkbar. 

Am gestrigen Dienstag (23.5.2023) wurde zudem bekannt, dass die Bundesregierung die verpflichtende Erfassung von Informationen zur Heizung eines Gebäudes durch die Kommunen plant. Laut dem Gesetzentwurf, der durch Bundeswirtschafts- und Bundesbauministerium erarbeitet wurde, sollen die Kommunen bestimmte Daten erheben: "gebäudescharfe jährliche Endenergieverbräuche" für den Zeitraum der letzten drei Jahre, zudem die Art der Heizungsanlage, deren Leistung, das Jahr der Inbetriebnahme und weitere Daten zum Gebäude selbst. Aber auch diese Maßnahmen sollen nicht einer Regulierung des individuellen Heizverhaltens einzelner Endverbraucher dienen. Vielmehr soll auf Grundlage der erhobenen Daten der Ausbau der kommunalen Wärmenetze geplant und so die Heizwende hin zur Klimaneutralität vorangetrieben werden. 

Fazit: Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) behauptete in der Sendung, es gebe Pläne, wonach die Heizungen von Wärmepumpenbesitzern künftig zentral ferngesteuert werden sollen. Wenn eine Wärmepumpe zu viel Strom verbrauche, könne die Temperatur im betreffenden Haus dann durch den Netzbetreiber heruntergeregelt werden, so Aiwangers Behauptung. Das stimmt so nicht. Richtig ist, dass die Bundesnetzagentur derzeit über ein Eckpunktepapier berät, wonach ab dem 1. Januar 2024 bei allen neu eingebauten Wärmepumpen der Verbrauch im Fall drohender Netzüberlastung vom Betreiber gedrosselt werden kann. Geplant ist im Gegenzug eine pauschale Reduzierung des Netzentgelts. Die Raumtemperatur beim Endverbraucher wird auf diese Weise aber nicht ferngesteuert. Schon jetzt erhalten Wärmepumpenbesitzer, die sich freiwillig für eine solche netzorientierte Steuerung entscheiden, vergünstigte Stromtarife. Die Wärmepumpe darf vom Netzbetreiber aber maximal zwei Stunden am Stück und insgesamt sechs Stunden täglich vom Netz genommen werden. In der Regel können diese Sperrzeiten durch eine entsprechende Wärmespeicherung ohne Probleme überbrückt werden. 

Sind 50 Prozent der Deutschen für einen Rücktritt von Robert Habeck?

Sandra Maischberger zitierte in der Sendung eine aktuelle Umfrage, wonach die Hälfte der Deutschen einen Rücktritt von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck befürworten würde. Woher die Umfrage stammt und was genau drinsteht, schauen wir uns hier noch mal genauer an. 

Grüne im Umfrage-Tief: Wollen 50 Prozent der Deutschen, dass Habeck zurücktritt?

Maischberger: "Es gibt heute eine Umfrage, 50 Prozent sind dafür, dass Habeck zurücktritt. Gehören Sie zu diesen 50 Prozent?"

Cantz: "Ja."

Maischberger: "Frau Rosenfeld, das war eine schnelle Antwort."

Rosenfeld: "Das war eine sehr schnelle Antwort."

Maischberger: "Wie sieht es bei Ihnen aus?"

Rosenfeld: "Ich finde, es gibt keinen Grund dafür, dass Robert Habeck zurücktreten muss. Es sind Miseren in seinem Ministerium passiert, er hat auch Fehler gemacht, was den Umgang mit seinem Staatssekretär angeht, Patrick Graichen, an dem hat er zu lange festgehalten."

Maischberger: "Vetternwirtschaft, wie Herr Cantz das nennt."

Rosenfeld: "Aber das, wofür er vor allem in der Debatte steht, nämlich das Gebäudeenergiegesetz, die Heizungsnovelle, die ist ja nun nicht allein die Idee von Robert Habeck gewesen, sondern das ist eine Idee der gesamten Koalition."

Stimmt das? Sind 50 Prozent der Deutschen für einen Rücktritt von Robert Habeck?

Die zitierte Umfrage erschien am gestrigen Dienstag (23.5.2023) in "Bild". Sie stammt vom Meinungsforschungsinstitut INSA und zeige, dass 50 Prozent der Deutschen der Meinung seien, Robert Habeck (B’90/Grüne) müsse als Bundeswirtschaftsminister zurücktreten. 28 Prozent hätten hingegen angegeben, Habeck solle seine Arbeit fortsetzen, weiteren 16 Prozent sei es egal, ob Habeck das Amt niederlegt oder nicht. Auf die übrigen 6 Prozent wird nicht eingegangen. 

In der Rangliste der beliebtesten Politiker, die INSA wöchentlich für "Bild" ermittelt, belegt Habeck aktuell Platz 16. Damit machte er im Vergleich zur Vorwoche einen Rang gut. Beliebtester Politiker ist laut INSA derzeit Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), gefolgt von den beiden Ministerpräsidenten von NRW und Bayern, Hendrik Wüst (CDU) und Markus Söder (CSU). Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) belegt den sechsten Platz. 

Bei diesem sogenannten INSA-Meinungstrend handelt es sich laut Angaben des Instituts um eine online erhobene, repräsentative Umfrage, wobei mindestens 2.000 Personen befragt werden, die zum Umfragezeitpunkt wohnhaft in Deutschland und mindestens 18 Jahre alt sind.

Im ZDF-Politbarometer, das monatlich durch die Forschungsgruppe Wahlen erhoben wird, erhielt Robert Habeck zuletzt (Stand: 5.5.2023) von den Befragten die viertbeste Bewertung. Vor ihm liegen auch hier Boris Pistorius, Olaf Scholz und Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (B’90/Grüne). Die Forschungsgruppe Wahlen erhebt ihre Daten durch die telefonische Befragung einer repräsentativen Stichprobe von etwa 1.250 Wahlberechtigten in ganz Deutschland.

Wenn am nächsten Sonntag (28.5.2023) Bundestagswahl wäre, würden Habecks Grüne laut INSA-Erhebung mit 14 Prozent auf dem vierten Platz landen – noch hinter der AfD (17 Prozent). Stärkste Kraft wäre die CDU/CSU (27,5 Prozent), gefolgt von der SPD (20,5 Prozent). Die Forschungsgruppe Wahlen sah die Grünen zu Beginn des Monats noch vor der AfD (17 Prozent gegenüber 15 Prozent). Auch hier lag die Union (30 Prozent) vor der SPD (19 Prozent). In einer Erhebung von Infratest dimap vom 12. Mai 2023 lagen Grüne und AfD mit jeweils 16 Prozent gleich auf. 

Fazit: Sandra Maischberger zitierte in der Sendung eine aktuelle Umfrage, wonach die Hälfte der Deutschen einen Rücktritt von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck befürworten würde. Die Umfrage stammt vom Meinungsforschungsinstitut INSA und zeigt tatsächlich, dass 50 Prozent der Befragten der Meinung seien, Robert Habeck (B’90/Grüne) müsse als Bundeswirtschaftsminister zurücktreten. 28 Prozent hätten hingegen angegeben, Habeck solle seine Arbeit fortsetzen, weiteren 16 Prozent sei es egal. In dieser Personalfrage gehen die Umfragen allerdings auseinander. Während Habeck in der INSA-Rangliste der beliebtesten Politiker zuletzt den 16. Platz belegte, erhielt er unter den Befragten der Forschungsgruppe Wahlen die viertbeste Bewertung. 

Stand: 24.05.2023

Autor: Tim Berressem