So., 11.10.15 | 12:03 Uhr
Das Erste
Presseclub
Seit ziemlich genau zehn Jahren regiert Angela Merkel Deutschland. Sie musste die Finanzkrise managen, hat die Energiewende durchgesetzt und Europas Kurs gegenüber Griechenland bestimmt. Jetzt aber steht die Kanzlerin vor ihrer größten politischen Herausforderung: In der Flüchtlingskrise spürt Merkel zum ersten Mal massiven Gegenwind aus den eigenen Reihen. Viele Konservative halten die "Politik der offenen Grenzen" für fatal und befürchten, dass Deutschland überfordert wird. Fast täglich verlangt die CSU von Merkel eine Kursänderung; auch in der CDU-Fraktion und an der Basis gibt es offene Kritik. Zudem fragen sich viele ehrenamtliche Helfer, wie es weiter gehen soll, wenn täglich bis zu 10.000 Flüchtlinge nach Deutschland kommen.
Die Kanzlerin gibt sich unbeirrt. Im Fernsehen erklärt sie ihre Politik und bleibt dabei: "Wir schaffen es." Eine ganze Reihe von Maßnahmen soll das sicherstellen. Die Koordination der Flüchtlingspolitik wird ins Kanzleramt verlegt, das Asylrecht verschärft. In Verhandlungen sollen Europas Staats- und Regierungschefs zu einer gerechten Verteilung der Flüchtlinge gedrängt werden. Und ein Abkommen mit der Türkei soll dafür sorgen, dass weniger Flüchtlinge den Weg nach Europa suchen. Doch all dies wird dauern - während die Stimmungslage in Deutschland zu kippen droht. Sprachen vor wenigen Wochen die meisten Menschen noch über die Chancen, die die Flüchtlinge für Deutschland bedeuten, scheinen mittlerweile Sorgen und Ängste gewachsen zu sein. Aber die Kanzlerin, die ihre bisherigen Erfolge als vorsichtige Pragmatikerin erzielt hat, hat sich festgelegt. Sie hat ihr politisches Schicksal mit der Beältigung der Flüchtlingskrise verknüpft.
Kann die Kanzlerin mit ihrer Politik die Flüchtlingskrise lösen? Wie weit folgt ihr ihre Partei noch? Und wie berechtigt sind die Sorgen und Ängste der Bürger?
Darüber diskutiert WDR-Fernsehdirektor Jörg Schönenborn am Sonntag im "Presseclub" mit den Gästen:
Nikolaus Blome, Publizist
Tina Hildebrandt, Die Zeit
Bascha Mika, Frankfurter Rundschau
Roland Tichy, Publizist