Mi., 10.02.21 | 22:05 Uhr
Das Erste
Gefälschte Impfstoffe: Wie Kriminelle mit Corona Geld machen
- Medikamentenfälscher stoßen in die Lücke und werben mit illegalen Impf-Angeboten.
- Erste Fälschungen sind bereits aufgetaucht.
- Europol, die Weltgesundheitsorganisation WHO und die Weltzollorganisation warnen vor dem Kauf von Impfungen in illegalen Online Shops.
Corona-Impfstoffe sind knapp. Kriminelle wittern das ganze große Geschäft. Sie bieten gefälschte Impfstoffe an. Erste Banden sind bereits aufgeflogen. So stellte die chinesische Polizei im November 2020 gefälschten Corona-Impfstoff sicher und nahm einen Fälscher-Ring mit 80 Personen fest. Die kriminelle Gang hatte wirkungslose Kochsalzlösung in die Ampullen abgefüllt. Auch in Indien tauchen erste Fälschungen auf.
Europol alarmiert
Im Dezember 2020 warnt Europol, man erwarte gefälschten Impfstoff, um die große Nachfrage nach Impfstoff zu befriedigen, sobald eine offizielle Zulassung da sei.
Auch die Mexikanische Regierung ist alarmiert und meldet, es gäbe Informationen über die Vermarktung von illegalem Impfstoff über die sozialen Medien.
Illegaler Impfstoff aus dem Dark Web
Der IT-Sicherheitsexperte Oded Vanunu von der Firma Check Point in Tel Aviv hat Angebote zu Impfstoffen im Dark Web aufgespürt und ist mit dubiosen Anbietern zum Test in Kontakt getreten. Er beobachtet, dass mit der Zulassung der ersten Impfstoffe von Pfizer BioNtech und Moderna durch die US-amerikanische Behörde FDA das Angebot an illegalem Impfstoff Ende Dezember regelrecht explodiert ist. Die Befürchtung von Europol bestätigt sich:

"Wir haben viele Hunderte von Angeboten im Dark Web gesehen", sagt Oded Vanunu, von der Firma Check Point. "Und als wir die untersucht haben, da haben wir verstanden, dass es einen direkten Zusammenhang gibt zwischen der Versorgungslücke beim offiziell verfügbarem Impfstoff und der Nachfrage. Wir haben Anbieter gefunden, die Zehntausende illegale Dosen liefern können."
Schon beim ersten Kontakt bieten ihm die Verkäufer im Dark Net Lieferung nach Europa und auf Nachfrage auch nach Deutschland. Kurz und knapp antworten sie: "schick uns die Lieferadresse". Oded Vanunu geht davon aus, dass es Dealer gibt, die derzeit Lager aufbauen wollen, um dann bestimmte Orte auf der Welt zu beliefern.
Warnung der WHO vor privater Bestellung
Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt dringend vor privaten Bestellungen und appelliert an Patienten und den Medikamentenhandel, unbedingt innerhalb der regulierten Einkaufskette zu bleiben.
"Der Handel darf nur über sichere Quellen laufen, damit keine illegalen Produkte gekauft werden", sagt Pernette Bourdillon Esteve von der WHO.
Fälscher Mafia macht in der Pandemie Kasse

Schon seit Beginn Pandemie macht die Fälscher-Mafia Kasse, beobachtet Pernette Bourdillon Esteve: "Wir haben eine ganze Reihe von Berichten über gefälschte Medikamente, Test-Kits und Impfungen erhalten. Das ging gleich nach Beginn der Pandemie los. Der Schattenmarkt reagiert äußert dynamisch. Um die Lücken im Angebot zu füllen, werden Fälschungen angeboten."
"Plusminus" prüft die offiziellen Warnungen zu gefälschten Medikamenten und medizinischen Gütern der letzten zwölf Monate. Daran lässt sich ablesen, welche illegalen Medizingüter und Medikamente parallel zur Entwicklung der Pandemie aufgetaucht sind. Die dubiosen Angebote beginnen im Frühjahr 2020 mitten in Deutschlands erstem Lockdown. Die Fälscher-Mafia reagiert sofort und verkauft weltweit gefälschte Masken.

Die kommenden Monate liefern dubiose Shops online Corona-Test-Kits. Als im Herbst bekannt wird bekannt wird, dass die Corona-Erkrankung des damaligen US-Präsident Donald Trump mit dem Medikament Remdesevir behandelt wird, ist es auch im Internet zu haben – gefälscht! Wegen Corona verlagert sich der Medikamentenhandel zunehmend ins Internet. Mancher bestellt ohne Rezept und das geht nur bei illegalen Shops.
Die Fälscher-Mafia greift auf allen Ebene an: "Da ist ein großer Effekt auf gefälschte Medizin-Produkte auch bei anderen Erkrankungen", sagt Pernette Bourdillon Esteve von der WHO. "Nicht nur Covid-19. Das ganze medizinische System wurde attackiert."
Weltweiter illegaler Online Handel mit Arzneimitteln gesteuert aus München

Das zeigt sich auch bei diesem spektakulären Fall illegaler Arzneimittel Online Shops – Die Operation Hydra. Oberstaatsanwalt Thomas Goger von der Zentralstelle Cybercrime Bayern und die Zollfahndung München ermitteln gemeinsam mit vielen internationalen Partnern wegen der groß angelegten illegalen Einfuhr von illegalen Medikamenten aus Südostasien in die Bundesrepublik.
"Im Mittelpunkt dieser Ermittlungen stehen zwei Münchner Beschuldigte, die im Oktober letzten Jahres von uns gemeinsam mit den Zollbehörden festgenommen worden sind", sagt Oberstaatsanwalt Goger.
Im Oktober vergangenen Jahres schlägt die Münchner Zollfahndung zu. Erste Auswertungen der beschlagnahmten Datenträger ergeben, dass die Tatverdächtigen illegale Medikamenten in die ganze Welt vertrieben haben. Angeboten wurde zum Beispiel ein Präparat, dass versuchsweise zur Therapie gegen Covid-19 wirken soll. Vertrieben wurden Antibiotika, Medikamente gegen Krebs und vor allem: große Mengen Potenz- und Abnehmpillen.

"Der Einkauf der Ware hat überwiegend in Fernost stattgefunden und von dort sind diese Tabletten in das Freilager nach Singapur gelangt, große Sendungen, Containerweise", sagt Christian Schüttenkopf vom Zollfahndungsamt München. "Von dort erfolgte dann die Umverpackung und die Konzeptionierung, je nach individueller Bestellung, die zuvor der Kunde im Internet getätigt hat. Und von Singapur aus wurde dann weltweit im Postverkehr und überwiegend auch im Luftverkehr die Päckchen und Briefumschläge weiter verschickt."
Gegenmaßnahmen der Weltzollorganisation WCO
Bei der Operation STOP bringt die Weltzollorganisation WCO seit April 2020 weltweit Zollbehörden, Herstellerfirmen von Medizinprodukten, Medikamenten und Impfstoffen an einen Tisch, um Wissen auszutauschen und Strategien gegen die Fälscher zu entwickeln. Durch Schwerpunkt-Aktionen wurden bereits 307 Millionen Einheiten illegaler Arzneimittel und 47 Millionen Medizingüter, wie Masken, Handschuhe, Test Kits und Thermometer sowie 27 Millionen Liter Desinfektionsgel beschlagnahmt.
Unabhängig davon, wohin auf der Welt Kriminelle gefälschten Medikamente, Medizinprodukte oder Impfstoff liefern, ob an private Besteller oder ob sie ihn in offizielle staatliche Lieferketten einschmuggeln wollen, am Ende ist die Gesundheit aller Menschen bedroht. Auch durch gefälschte Negative-Corona-Testbescheinigungen, die seit neuestem im Web auftauchen.
Bericht: Sabina Wolf/BR
Stand: Februar 2021
Stand: 10.02.2021 22:51 Uhr
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