Mi., 25.08.21 | 22:00 Uhr
Das Erste
Fragwürdige Geldanlage mit Zimmervermittlungen
- Geldanlage-Portal Share BNB im Visier der BaFin
- Kleinanleger im deutschsprachigen Raum geprellt
- Vermarkter lebt inzwischen in Portugal
Christina Rissmeyer hat fast 1.000 Euro an Share BNB überwiesen. Sie wird das Geld vermutlich niemals wiedersehen. Für die alleinerziehende Mutter aus dem Bremer Umland ist das eine Katastrophe. "Ich wollte Geld für meine Kinder anlegen", sagt sie. Von einem Bekannten hatte die 37-Jährige von einer vermeintlich lohnenswerten Investment-Möglichkeit erfahren. Ende vergangenen Jahres besuchte sie schließlich eine Online-Informationsveranstaltung, auf der sie mehr erfahren sollte. Mehrere andere Interessierte fanden sich dort ebenfalls ein, alle gehörten wirtschaftlich eher zum unterprivilegierten Teil der Gesellschaft. Die meisten hatten über Mund-zu-Mund-Propaganda von der Sache erfahren. Initiator der Veranstaltung war Gero W. aus Bremen, der sich selbst als Finanzberater bezeichnet. Er warb leidenschaftlich für eine vermeintlich hochrentable Geldanlage namens Share BNB.
Share BNB hat hohe Renditen versprochen
Laut Gero W. soll Share BNB mit der Zimmervermittlungs-Plattform Airbnb, einem US- Milliardenkonzern, kooperiert haben. Airbnb bestreitet dies auf Nachfrage von Plusminus und Radio Bremen. Anlegern und Anlegerinnen wie Christina Rissmeyer versprach der sogenannte Finanzexperte, sie könnten weltweit Anteile an Airbnb-Gästezimmern erwerben und würden am Gewinn beteiligt, den diese erwirtschafteten. 16 bis 24 Prozent pro Monat lautete das enorme Renditeversprechen, das auch auf der Share-BNB-Webseite genannt wird. Kunden, die neue Anleger werben, verspricht Share BNB zudem satte Vermittlungsprämien.
Das Unternehmen ist erst im Herbst 2020 als englische Limited gegründet worden. Eine Limited gilt als Rechtsform mit besonders niedrigen Anforderungen an die Gründer. Seitdem wurde Share BNB fast ausschließlich online von einem Netzwerk an Außendienstmitarbeitern wie Gero W. beworben. Schwerpunkt der Vermarktung ist augenscheinlich der deutschsprachige Raum. Entsprechenden Gruppen im Messengerdienst Telegram folgen Tausende Menschen. Aber auch auf Facebook, YouTube oder Instagram ist Share BNB vertreten. Doch schon wenige Wochen nach dem Start des Unternehmens häuften sich in den Online-Foren die Beschwerden von offenbar geprellten Kunden.
Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen aus Beweismangel ein
Auch Christina Rissmeyer wartet seit Monaten auf die versprochenen Erträge. Auf der Internetseite von Share BNB wird sie ein ums andere Mal vertröstet. Immer wieder werden Server-Probleme als Grund für die Verzögerung angegeben. Plusminus spricht auch mit anderen Share-BNB-Anlegern – sie berichten ähnliches. Christina Rissmeyer erstattet schließlich Anzeige bei der Polizei. Die zuständige Staatsanwaltschaft Oldenburg hat die Ermittlungen laut einem Sprecher allerdings aus Mangel an Beweisen eingestellt.
Share BNB-Vermittler lebt inzwischen in Portugal

Auch die Bremer Polizei hat sich auf Anfrage mit Share BNB beschäftigt und gelangt zu der Einschätzung, dass es sich bei der beschriebenen Vorgehensweise augenscheinlich um eine Form von betrügerischem Schneeballsystem handele. "Diese zeichnen sich regelmäßig dadurch aus, dass vermeintlich hohe Renditen bei einem vorgeblich geringen Risiko versprochen werden", so Pressesprecher Nils Matthiesen. Zudem ziele das Schneeballsystem insbesondere darauf ab, viele neue Investoren zu rekrutieren, um so möglichst hohe Summen zu generieren.
Vermittler Gero W. lebt mittlerweile nicht mehr in Bremen, sondern in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon. "Life is good", schreibt er unter ein Strandfoto auf seiner Facebook-Seite. Auf Nachfragen seiner Share-BNB-Kunden reagiere er nicht mehr, berichten uns Geschädigte. Auch unsere Bitte um ein Interview lässt der gelernte Speditionskaufmann unbeantwortet.
Finanzaufsicht untersagte Share BNB Geschäfte in Deutschland
Umso mehr interessiert sich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) für die Recherchen zu Share BNB. Die Behörde ermittelt seit Ende Juni gegen Share BNB. Offizielle Begründung: Es bestehe der Verdacht, dass das Unternehmen unerlaubt Bankgeschäfte beziehungsweise Finanzdienstleistungen in Deutschland anbiete, ohne über eine entsprechende Erlaubnis zu verfügen. Am 6. Juli legt die BaFin noch einmal nach. Auf ihrer Webseite teilt sie mit: "Die BaFin hat (…) gegenüber der Share BNB LTD, Großbritannien, die sofortige Einstellung des unerlaubt betriebenen Einlagengeschäftes angeordnet."
Ob sich demnächst wieder Staatsanwaltschaften mit Share BNB beschäftigen, entscheidet sich laut BaFin in den kommenden Wochen. Dann entscheidet sich ebenfalls, ob auch gegen die Hintermänner des Schneeballsystems ermittelt wird. Die Webseite von Share BNB ist mittlerweile offline.
Bericht: Sebastian Manz
Kamera: Marina Schnieders
Schnitt: Benjamin Suhling
Stand: 25.08.2021 22:58 Uhr
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