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Denis Scheck kommentiert die Top Ten Sachbuch

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Denis Scheck kommentiert die Top Ten Sachbuch | Video verfügbar bis 24.05.2025 | Bild: DasErste.de

Platz 10: Rutger Bregman – "Im Grunde gut"

Dass wir Menschen im tiefsten Inneren unseres Wesens in Wahrheit edel, hilfreich und gut sind, ist die originelle Hypothese dieser Geschichtsinterpretation. Der junge holländische Historiker widerspricht damit der Mehrheit seiner Kollegen, die eher einen "Alles-Schweine-außer-Mutti"-Ansatz vertreten. Doch niemand, der auch nur eine kleine Ahnung von der Perfidie mittelalterlicher Hexenprozesse, den Blutströmen der französischen Revolution oder dem millionenfachen Massenmord in den deutschen Konzentrationslagern besitzt, wird sich von Bregmans Beispielen überzeugen lassen. Bregmans Buch ist mentaler Kuschelrock.

Platz 9: Bas Kast – "Der Ernährungskompass"

Basierend auf einer Meta-Analyse aller zwischen 1950 und 2013 durchgeführten Ernährungsstudien gibt der Wissenschaftsjournalist Bas Kast beherzigenswerte Tipps für einen vernünftigen Speiseplan.

Platz 8: Volker Ullrich – "Acht Tage im Mai"

Ein faszinierend erzählter Bilderbogen vom Ende des Zweiten Weltkriegs, in dem der Historiker Ullrich auch weniger Bekanntes wie etwa den in der DDR lange verheimlichten Massensuizid von Demmin in den letzten Kriegstagen schildert: "Wer konnte, nahm Gift oder schoss sich eine Kugel in den Kopf. Andere schnitten sich die Pulsadern auf oder erhängten sich. Die meisten aber ertränkten sich. Frauen füllten Rucksäcke mit Steinen, banden Knoten um die Handgelenke ihrer Kinder und gingen so, fest aneinandergeschnürt, ins Wasser." Ein Buch, das unsere heutigen Kümmernisse relativiert.

Platz 7: Peter Hahne – "Seid Ihr noch ganz bei Trost!"

Wir schon, Herr Hahne. Nur leider ist beim Autor dieser in der Tat trostlosen Stammtischsuada keinerlei Erkenntnisgewinn festzustellen – O-Ton Hahne: "Subtile Christenverfolgung allüberall: Missionarische Studentengruppen bekommen an manchen deutschen Universitäten keine Räume; Klinikärzte, die Abtreibungen verweigern, werden entlassen. Während die klerikale Schickeria mit Gender und der Heiligen Greta paktiert und den Islam verniedlicht, müssen sich die Gläubigen an der Basis auf das Leiden vorbereiten. (….) Das frühere Osterei ist längst zum Schoko-Ei mutiert." Endlich benennt mal jemand mutig die wahren Schmerzpunkte unserer Gesellschaft.

Platz 6: Michelle Obama – "Becoming"

Es ist ja nicht ohne Ironie, dass eine der Bibeln des modernen Feminismus ausgerechnet von einer Frau stammt, die durch den Job ihres Mannes berühmt wurde. Die ermutigende Intelligenz, mit der Michelle Obama ihr Leben erzählt, läßt solche Überlegungen aber rasch verstummen.

Platz 5: Philippa Perry – "Das Buch, von dem du dir wünscht, deine Eltern hätten es gelesen"

Ein lesenswerter Erziehungsratgeber, in dem die britische Psychotherapeutin Philippa Perry aber leider auf das allerwichtigste Kapitel verzichtet: Warum es überhaupt sinnvoll sein sollte, Kinder in die Welt zu setzen.

Platz 4: Peter Seewald – "Benedikt XVI"

Uff: das ist keine Biographie, das ist eine Hagiographie, und mir hätten statt über 1100 Seiten auch die Hälfte gereicht. Aber nachdem ich einen anfänglichen Widerwillen überwunden habe, muss ich zugeben, dass ich mich mit immer größerer Faszination festlas und mit Seewalds Lebensbeschreibung erkenne, dass Joseph Ratzinger in der Tat neben Jürgen Habermas zu den prägenden Intellektuellen der Bundesrepublik zählt.

Platz 3: Daniele Ganser – "Imperium USA"

Eine absolut toxische Mischung von Wahrem und Falschem präsentiert der selbsternannte Schweizer "Friedensforscher" Daniele Ganser in diesem kruden Sachbuch, kulminierend in Verschwörungstheorien zu 9/11, der Ukraine und Wikipedia. Daniele Ganser ist ein Historiker aus der Schule Erich von Dänikens.

Platz 2: Tim Pröse – "Jan Fedder Unsterblich"

Der Schauspieler Jan Fedder verstarb über der Lektüre dieses Buchs; mir wurde bei der Lektüre dieses kitschigen und lahmen Anekdotenreigens über Drehs bei "Das Boot", "Großstadtrevier" und "Traumschiff" nur sterbenselend.

Platz 1: Maja Göpel – "Unsere Welt neu denken"

Nach so viel aus postfaktischem Schwindel geborenen Schwachsinn ist dieses besonnen argumentierende Buch der Ökonomin Maja Göpel für eine Reform unseres Wirtschaftssystems eine wahnsinnig wohltuende Lektüre. "Will die Menschheit nicht ihren eigenen Zusammenbruch herbeiführen, muss sie lernen, in einer vollen Welt zu wirtschaften, auf einem einzigen Planten, mit begrenzten Ressourcen." Maja Göpels angenehm unaufgeregt geschriebenes Buch hilft, diese neue Realität zu verstehen.

Stand: 24.05.2020 18:09 Uhr

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Norddeutscher Rundfunk
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