Sa., 01.12.18 | 04:25 Uhr
Das Erste
László Krasznahorkai: "Baron Wenckheims Rückkehr" (S. Fischer)
Eine groteske Reise in die Vergangenheit und eine schrille Konfrontation mit der Gegenwart – László Krasznahorkai beschreibt eine apokalyptische Vision seiner ungarischen Heimat.
Baron Wenckheim hat sein Geld in Argentinien verspielt. Mit vielen Koffern aber wenig Geld begibt er sich auf die Suche nach der ehemaligen Geliebten in seine Heimatstadt Gyula. Dort wird er, in der Hoffnung auf sein vermeintlich großes Vermögen, als Retter der heruntergekommenen Stadt mit großem Pomp erwartet.
Doch das komödiantische Setting dieser spektakulären Heimkehr ist eine Täuschung. Die Geschichte von der romantischen Verklärung eines in den politischen Umbrüchen der Zeit moralisch verwahrlosten Landes und der Sehnsucht nach einem omnipotenten Heilsbringer nimmt nach und nach einen grotesk-tragischen Verlauf.
Ein Trauerchor verkündet die nahende Katastrophe

In diesem, seinem 10. Roman, entwirft Krasznahorkai eine morbide Welt. Die Menschen in ihr kreisen verloren und irrlichternd um ihr eignes Schicksal. Sie alle erzählen die Geschehnisse aus ihrer ganz subjektiven Perspektive: der ehrgeizige Polizeipräsident, der autoritäre Chefredakteur, der überforderte Bürgermeister, skrupellose Geschäftemacher, gewaltbereite Halbstarke, die enttäuschte Geliebte oder der vor der Welt in eine Waldhütte entflohene berühmte Professor.
Es ist ein disharmonischer Trauerchor, dessen absurder Sound in dem entstandenen Chaos die nahende Katastrophe verkündet. László Krasznahorkai: "Das Chaos ist nicht der Endzustand, sondern der natürliche Zustand der Welt."
Stand: 30.08.2019 03:29 Uhr
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