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Archäologische Sensation

Frühe Kultur im Amazonas-Gebiet entdeckt

PlayDas Forscherteam um den Bonner Archäologen Heiko Prümers stehen nebeneinander und lächeln in die Kamera.
Frühe Kultur im Amazonas-Gebiet entdeckt | Video verfügbar bis 28.08.2023 | Bild: Heiko Prümers / DAI

Muss die Geschichte Südamerikas umgeschrieben werden? Lange war man davon ausgegangen, dass es im Amazonas-Gebiet keine Kultur gab, bevor spanische Entdecker im 15. Jahrhundert das Land erreichten. Doch ein Forscher*innen-Team um den Bonner Archäologen Heiko Prümers hat sensationelle archäologische Entdeckungen gemacht.

"Es ist sicherlich ein Paradigmenwechsel," so Prümers. "Während man vorher das Amazonasgebiet als Ganzes praktisch für kulturfrei erklärt hat, und Amazonien, das muss man dazusagen, ist so groß wie Europa, haben wir jetzt eben zum ersten Mal Anlagen, Siedlungen, mit einem urbanen Charakter, den man dort vorher nicht vermutet hat.“

Sensationelle archäologische Entdeckung

Blick auf eine Laser-Karte.
Das Forscherteam hat mit einer Laser-Technik den Regenwald abgescannt und allen Pflanzenwuchs weggerechnet.  | Bild: Heiko Prümers / DAI

Mit Laser-Technik hat das Forscher*innen-Team den Regenwald abgescannt und allen Pflanzenwuchs weggerechnet. Herausgekommen ist eine Siedlungsfläche so groß wie Thüringen, 16.000 Quadratkilometer. Und die bislang größte Stadt der "Casarabe-Kultur" – eine Stadt so groß wie im 17. Jahrhundert Bonn.

Als die spanischen Konquistadoren im 15. Jahrhundert hier in der "neuen Welt" aufschlugen, war die Casarabe-Kultur bereits seit 100 Jahren wieder verschwunden. Warum, ist bislang unklar. In der Geschichtsschreibung waren es die Spanier, die die Zivilisation zu den sogennaten "Wilden" brachten. Was sie nicht wussten, und wir bis heute auch nicht: im Boden unter ihren Füßen ruhten Menschen, die es verstanden, Flötenmusik aus Storchenschwingen zu machen. Und Keramik mit kunstvollen Verzierungen.

Der Schatz ist in Gefahr

Eine Karte, die zeigt, wo das Gebiet liegt.
Eine Siedlungsfläche so groß wie Thüringen, 16.000 Quadratmeter. | Bild: Heiko Prümers / DAI

"Wir haben Keramikgefäße, die sind über einen Meter hoch, das sind also keine Objekte, die jemand einfach so nebenbei herstellt, da bedarf es schon einer Kenntnis, dass diese Gefäße beim Brennen nicht springen,“ erklärt Prümers. Ob die Casarabe-Kultur im Amazonas-Tiefland mit den berühmten Hochkulturen der Anden mithalten kann, das muss noch erforscht werden.

"In den Anden haben wir 100 Jahre Forschungsgeschichte, und in Amazonien beginnt das Ganze erst. Wahrscheinlich wird man vieles von dem, was wir jetzt zum ersten Mal sehen, in 100 Jahren erst erklären können," sagt der Archäologe. Er forscht seit 23 Jahren in Bolivien. Die Entdeckung der Casarabe-Kultur ist die Krönung seiner Arbeit. Aber der kulturelle Schatz, jahrhundertelang verborgen und geschützt vom Regenwald, ist in Gefahr.

Die Geschichte wird umgeschrieben

"Aber im Prinzip ist es etwas, was aus vergangenen Zeiten stammt. Das Interessante ist, oder das Traurige, dass gerade in der Region, wo wir tätig sind, im letzten Jahr 35.000 Quadratkilometer, das ist das Saarland und Berlin zusammen, für landwirtschaftlicher Nutzung freigegeben worden sind. Und da das Geld da ist, wird es auch gemacht werden.“ Zumindest was bis jetzt vom Erbe Boliviens gefunden wurde, ist in La Paz gesichert. Die Geschichte Amazoniens muss umgeschrieben werden.

(Beitrag: Ralf Dörwang)

Stand: 28.08.2022 18:51 Uhr

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Norddeutscher Rundfunk
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