So., 12.07.20 | 23:35 Uhr
Das Erste
Der wunderbare Banksy
Der Moment, in dem der Brand beginnt. Mit dem Bild von einer Kerze, die eine amerikanische Flagge in Feuer setzt, kommentiert Banksy den gewaltsamen Tod von George Floyd, der Opfer von Polizeigewalt wurde.
Der Brexit wie ihn Banksy sieht. Zerstörung eines Sterns. Die Risse gehen weit. An einer Wand in Dover. "Das Werk wird strategisch zu einem Zeitpunkt platziert, zu dem ein Thema in den Medien ist und zu dem eine alternative Meinung dazu vielleicht nötig ist", sagt Ulrich Blanché, Street-Art-Forscher an der Universität Heidelberg.
Plötzlich hängt ein Bild im Krankenhaus

"Was siehst du?" Eine Überwachungskamera im Selbstgespräch. Ein Polizist beim Koksen. Seit 25 Jahren schleudert Banksy seine Kommentare zur Welt direkt in die Öffentlichkeit. Sein Valentins-Gruß: Rosen schießen, mit Schleuder. "Er ist immer noch ein Getriebener", sagt Christian Utz, Gründer des MUCA Museum München. "Er läuft nach wie vor mit offenen Augen durch die Stadt und wenn er etwas findet, was ihn anspricht, bei dem er sagt, an dem Ort muss das hin, dann wird er das tun."
Southampton. General Hospital. Anfang Mai. Über Nacht hing plötzlich dieses Bild an der Wand. Die Krankenschwester als Wonder Woman. Ein Dankeschön für alle Corona-Superhelden. Das Werk soll zu Gunsten des Gesundheitsdienstes versteigert werden. Spiderman und Superman: aussortiert.
"Ich brauche kein Museum"

Bis heute hat niemand Banksy enttarnt, obwohl er vor allem am Anfang durchaus auffällig arbeitete. Oft über Nacht wird die Kunst angebracht. Logistisch raffiniert. Mit viel Vorarbeit, Spionieren, Schmiere stehen. "Er hat von Anfang an gesagt: mich interessiert das institutionelle System nicht. Ich brauche nicht das Museum. Ich brauche nicht die Galerien. Ich brauche die Sammler nicht", sagt Blanché.

2018. Sotheby's London. Als der Hammer fällt, zerstört sich ein Original Banksy – ersteigert für 1,2 Millionen Euro – selbst. Eine merkwürdig perfekte Inszenierung. Weil der eingebaute Schredder das Kunstwerk nur halb zerlegt, wird es noch kostbarer. Es landet zur Strafe zunächst im Museum, im Banksy-Grab. Der Ballon als Symbol für Dinge, die sich nicht kontrollieren lassen. Freiheit!
Das britische Parlament als Affentheater

In Bethlehem richtet er direkt an der Mauer das Hotel mit dem – Zitat – "übelsten Ausblick der Welt" ein. "The Walled Off Hotel". Eine Anspielung auf das "Waldorf-Astoria". Innen: politisch anspielungsreiche Kunstwerke. Ein Wachturm wird zum Karussell – für alle Kinder. Übernachten kann man natürlich auch. Standort-Förderung. Der Nahostkonflikt als Kissenschlacht. Selbst die großen, unlösbaren Probleme kommentiert er mit Witz.
Das britische Parlament – als Affentheater in Öl. Neulich für 11 Millionen Euro versteigert. "Schade, dass es mir nicht mehr gehört", spottet Banksy auf Instagram. Der Kunstmarkt verschlingt Banksy, wo er einen zu fassen bekommt.
30 Kunstwerke in 30 Tagen

Dismaland. In Somerset baut Banksy einen Freizeitpark auf. Mit Schloss, übellaunigen Mäusen und Schlachtermeister im Pferdekarussell. 150.000 Besucher. 20 Millionen Pfund für die lokale Wirtschaft. "Er verändert nicht nur symbolisch etwas, indem er sagt: 'Ich prangere was mit meiner Kunst an.' Sondern er sagt tatsächlich: 'Ich ändere was'", so Ulrich Blanché, Street-Art-Forscher an der Universität Heidelberg.
2013 spielt er mit New York. 30 Kunstwerke in 30 Tagen. Der Bürgermeister jagt ihn. Dieser Viehtransporter taucht auf – mit Stofftieren. Panik-Schreie aus dem Inneren. Banksy findet immer wieder das eine präzise treffende Bild. Wo immer er hinreist – hier Venedig – reagiert Banksy direkt auf die Welt. Er ist ein Meister der Verdichtung. Mit Witz und Tempo, wie man es auf der Straße lernt.
Buch-Tipp
Xavier Tapies: "Banksy – Provokation", Midas Collection
Film-Tipp
"Banksy does New York", DVD/Blu-ray von polyband
Autor: Andreas Krieger
Stand: 12.07.2020 18:18 Uhr
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