So., 24.04.22 | 23:50 Uhr
Das Erste
Der selbstbewusste Auftritt der Ukraine
Die Scuola Grande della Misericordia. Höchste Sicherheitsstufe. Eröffnung der Ausstellung "This is Ukraine", initiiert vom ukrainischen Oligarchen Victor Pinchuk. Zur Eröffnung: eine Video-Ansprache von Wolodymyr Selenskyj. "Wenn Sie in einem Land in Frieden leben, wie fühlen Sie mit denen, die nur von Frieden träumen können und wie helfen Sie ihnen? Es gibt keine Tyranneien, die nicht die Kunst beschränken wollen. Weil sie die Macht der Kunst sehen. Kunst kann der Welt Dinge erzählen, die anders nicht geteilt werden können."
Der Angriffskrieg als trojanisches Pferd

Auch in den Giardini wurde kurzfristig eine Ausstellung organisiert. Ein Turm aus Sandsäcken und Bilder an Holzstelen. Aus dem Kriegsgebiet haben ukrainische Künstler Bilder geschickt, die unter dem Eindruck von Gewalt und Zerstörung in den letzten Wochen entstanden sind. Eine Mutter, die ihrem Kind die Kontaktdaten auf den Rücken schreibt, für den Fall, dass sie bei der Flucht verloren geht. Der Angriffskrieg als trojanisches Pferd.
Im offiziellen Pavillon der Ukraine wird eine Installation gezeigt. "Fountain of Exhaustion". Brunnen der Erschöpfung von Pavlo Makov. 78 Bronzetrichter. Das Wasser verteilt sich immer mehr, bis unten kaum noch etwas ankommt. "Das Werk symbolisiert zunächst die Erschöpfung der Menschheit", sagt Pavlo Makov. "Behandelt es unsere Beziehung zur Natur, unsere Beziehung innerhalb unseres Landes, mit unseren Nachbarn, unsere Beziehungen in der Politik, in unserem privaten Leben. Alles."
"An den Stadtränder brannte es schon"

Die Biennale-Ausstellung war lange geplant. Der Brunnen in Kisten im Atelier gelagert. Als die erste Bomben einschlagen, macht sich die Kuratorin Maria Lanko sofort auf den Weg. "Am 24. Februar, am Abend, fuhr ich zum Lager der Galerie und habe die Kisten in meinen Kofferraum geladen. Dann fuhr ich Richtung Süden los, weil all die Straßen im Westen schon verstopft waren. An den Stadtränder brannte es schon überall und die Sirenen waren die ganze Zeit an. Am Abend wurde es ein bisschen ruhiger und ich dachte: das ist ein guter Moment, um es zu versuchen."
Sie braucht mehr als ein Woche bis sie ukrainische Grenze Richtung Rumänien und schließlich Venedig erreicht. "Zu diesem Zeitpunkt handelte ich wie ein Roboter. Ich bin gefahren. Und wenn man zehn Stunden am Stück fährt, fühlt man nicht viel. Man ist ein Fahrer. Als ich in den nächsten Tagen aufgewacht bin, war ich immer so müde, so innerlich zerstört, dass ich kaum laufen konnte."
Das Ende der Existenz

Pavlo Makov konnte mit seiner Mutter und seiner Frau im Auto fliehen. Er gibt die Hoffnung nicht auf. "Für uns ist die letzte Chance. Entweder wir gewinnen. Oder es gibt kein Land mehr und wir verlieren alles. Es ist dann das Ende. Es ist das Ende des Lebens. Das Ende der Existenz."
Stand: 24.04.2022 19:15 Uhr
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