So., 17.01.21 | 23:05 Uhr
Das Erste
Kamala Harris
Das ist sie. Die älteste Demokratie der Welt. Amerika, zersetzt von innen. "Unser Rechtstaat wurde angegriffen", sagt Kamala Harris. "Wir wissen, dass wir besser sein sollten."

Ein Land am Abgrund. Es ist ihr Moment. Kamala Harris. Staatsanwältin. Im höchsten Amt, das eine Frau in den USA jemals errungen hat. "Sie könnte als Vizepräsidentin eine nie dagewesene Bedeutung bekommen", sagt ihr Biograf Dan Morain.
Wer ist die Frau, auf der so viele Hoffnungen liegen?
Eine Juristin, gefeiert wie ein Popstar. Kamala Harris ist zum Symbol für eine Sehnsucht geworden. Nach einem Amerika, das es vielleicht wieder geben könnte. Ein Land, das vereint ist: im Glauben an die Demokratie. Und das bereit ist, sie zu verteidigen.

Wer ist die Frau, auf der so viele Hoffnungen liegen? Geboren wird Kamala Harris in Kalifornien, 1964. Amerika ist auch damals im Umbruch. Es ist die Zeit der Bürgerrechtsbewegung. Kamala ist die erste Amerikanerin der Familie. Die Mutter kommt aus Indien, der Vater aus Jamaika. In diesem Haus wächst sie auf. Berkeley. Studenten-Proteste, die Eltern mittendrin. In vielen Bereichen sind Afroamerikaner noch immer benachteiligt. Als Kamala in die zweite Klasse kommt, beschließt die Stadt, das zu ändern. Kamala ist eine der ersten, die jeden Morgen in eine Schule gebracht werden, die bis dahin nur von weißen Kinder besucht wurde.
"Kamala Harris, im Namen des Volkes"
In der Highschool kommt es zu einem Erlebnis, das ihr Leben verändern wird. Ihre beste Freundin ist damals Wanda Kagan. "Ich wurde damals von meinem Stiefvater sexuell missbraucht" sagt Kagan. "Eines Tages habe ich Kamala davon erzählt. Und sie hat sofort gesagt: 'Okay, du ziehst jetzt zu uns.' Und das tat ich. Das hat damals mein Leben verändert. Später hat sie mir mal gesagt: das war der Moment, an dem sie wusste, dass sie Menschen für ihre Taten zur Verantwortung ziehen will."

Kamala Harris studiert Jura, wird Staatsanwältin. Später wird sie sagen: Der Moment, an dem ihr Leben eine Bedeutung bekam war, als sie das erste Mal im Gericht stand. "Ich erhob mich und sagte in diesem Moment zum ersten Mal die Worte: Kamala Harris, im Namen des Volkes."
Harris ging in die Höhle des Löwen
Kamala Harris wird die erste weibliche Bezirkstaatsanwältin San Franciscos. Und somit Teil eines Justizsystems, das oft die bestraft, die sich nicht wehren können. "Sie ist damals in die Höhle des Löwen gegangen", sagt Morain. "Das war ein mutiger, aber auch ein umstrittener Schritt. Sie arbeitete jetzt für ein System, das vor allem Afroamerikaner diskriminierte."
Wer erwartete, dass sie das System von innen reformieren würde, wurde enttäuscht. Rassismus-Vorwürfe gegen ihre Beamten häufen sich. Minderheiten werden kriminalisiert. Menschen zu Unrecht eingesperrt. Kamala Harris schweigt zu alldem. Auch als sie Justizministerin Kaliforniens wird. "Erst als sie Senatorin wurde, begann sie klar progressive Positionen zu vertreten", sagt Morain. "Sie wurde eine der Anführerinnen des Widerstands gegen Donald Trump."
Viel steh auf dem Spiel
Kamala Harris betritt den Senat in dem Moment, als in Washington "alternative Fakten" einziehen. Sie wird zur erbitterten Gegnerin eines reaktionär-konservativen Amerikas. Supreme Court-Richter, die Abtreibungen kriminalisieren wollen, treibt sie öffentlich in die Enge. "Fällt Ihnen ein Gesetz ein, bei dem der Staat Entscheidungen über männliche Körper trifft?" – "Wie meinen Sie das ganz spezifisch?" – "Männlich, im Vergleich zu: weiblich." – "Da fällt mir nichts ein, nein."
Kamala Harris. Auf ihr ruht die Hoffnung vieler. Auf dem Spiel steht nichts Geringeres als die freiheitlich-demokratische Kultur des Landes. Die Rückkehr dazu könnte mit ihr gelingen.
BUCHTIPP
Dan Morain: "Kamala Harris. Die Biographie", Heyne Verlag
Autorin: Ronja Mira Dittrich
Stand: 18.01.2021 12:56 Uhr
Kommentare