So., 25.09.22 | 23:05 Uhr
Das Erste
Mit subversiver Aktionskunst zum zivilen Ungehorsam
Das Peng! Kollektiv
Ziviler Ungehorsam für jede und jeden! Das kann man beim Peng! Kollektiv im Rahmen eines Worshops lernen – und darum geht es auch bei den Aktionen des Kollektivs: Mit subversiven Kampagnen, einem Gemisch aus Aktivismus, Hacking und Kunst wollen sie aufrütteln und die Gesellschaft zum Handeln bringen. Oft am Rande der Legalität: sei es, sich als Fluchthelfer nach Deutschland mit dem eigenen Auto, auf dem Rückweg vom Urlaub, zu betätigen, sei es im Supermarkt zu klauen, um das ersparte Geld direkt an die Produzierenden zu schicken oder Informationen zu leaken. Ziel ist für das Künstlerkollektiv immer die Welt ein bisschen besser und weniger brutal zu machen, als sie ist. Klingt vielleicht naiv, ist aber ganz ernst gemeint. ttt begleitet die Aktivisten von Peng! bei ihrer neusten Aktion, bei der es um den Krieg in der Ukraine und die Energiekrise geht.
Deutsche Befindlichkeit mit dem Tempolimit

"Ausgangspunkt war, das von Deutschland nach wie vor Geld nach Russland Geld fließt, um Öl einzukaufen. Das sind seit Kriegsbeginn 8 Milliarden Euro, und das ist immens viel Geld, welches in die russische Kriegs- und Rüstungsindustrie fließt," erklärt Elise vom Peng! Kollektiv. Die Aktivisten drehen ein Kampagnenvideo. Mitten in der Pampa. Mitten in einem Dilemma. Eine Ukrainerin ist zentraler Teil der Aktion. Im Peng! Kollektiv finden sich Künstler, Wissenschaftler, Handwerker wie IT-ler für einzelne Projekte zusammen. Diesmal der Tanz um ein weiß-rotes Schild, und die 8 Milliarden Euro für Russland. "Eine super banale, super einfache Möglichkeit wäre, die 7% allein schon einsparen würde, wäre ein Tempolimit einzuführen", so Elise. "Das wird heiß diskutiert gerade, und eine Ausrede oder ein Argument, warum das nicht durchgesetzt wird, ist das Verkehrsminister Wissing gesagt hat, dass es nicht genügend Schilder gibt, und das ist der Aufhänger, an dem wir uns anlehnen."
Die Welt ein bisschen besser machen
"Bei Peng verwenden wir Methoden von Aktivismus, Kunst oder Aktionskunst, um gesellschaftskritische Themen in den öffentlichen Brennpunkt zu kriegen, also häufig eben Themen, die gesellschaftskritisch sind," sagt Norbert vom Kollektiv. Der Aufruf an Biontechmitarbeiter, Impfstoffdaten zu leaken, um den armen Staaten zu helfen, genauso wie der Protest dagegen, das Flüchtlinge sterben, während sich Reiche durch Grundstückdeals in die EU einkaufen können – Kapitalismus auf links gedreht: "Wir werden NFTs von Kunstwerken verkaufen, um damit goldene Visa zu finanzieren. International bekannte KünstlerInnen wie Nora al-Badri, Bitnik, Nadine Kolodziey, Jill Senft, Übermorgen und Yesman haben uns Werke gespendet, um das Experiment in Gang zu bringen."
Methoden von Aktivismus, Kunst oder Aktionskunst

Die internationale Debatte über den Kolonialismus bis zum Niederreißen von kritischen Denkmälern: Das Peng! Kollektiv stellte eine inzwischen gelöschte Karte online, die deutsche Denkmäler markierte, die die Kolonialzeit verherrlichen. Das empfanden einige als Aufruf zur Zerstörung. "Das ist natürlich häufig eine Gratwanderung," sagt Norbert. "Also wir rufen natürlich nicht zu Straftaten auf, da muss man aber auch ganz klar sehen, das dann zum Teil auch, um gewisse Probleme an die Öffentlichkeit zu bringen, dann Leute zum Teil los gehen und Denkmäler kaputtmachen. Was wir finden können, wie wir wollen. Das ist aus unserer Hand. Wir rufen dazu ganz klar nicht auf, wir wollen auch nicht zu Straftaten aufrufen."
Auf der Berliner Terrorliste?
Schon vor einigen Jahren sollten Mitglieder von Peng! sogar auf der Berliner Terrorliste landen. Das spendenfinanzierte Kollektiv agiert öfters an der Grenze zum Strafrecht, das sorgt für Aufmerksamkeit, um seine Ziele zu erreichen. Auch die Aktion mit dem Tempolimit soll aufrütteln – und unsere deutsche Befindlichkeit anprangern.
"Ich glaube ein Punkt ist auch die Freiheits-Frage, weil es natürlich ein starker Gegensatz ist, wenn in Deutschland Freiheit bedeutet, so schnell fahren zu können wie man möchte," so Elise. "Und man eine andere Seite hat. Wir hatten ukrainische Aktivistinnen, mit denen wir zusammengearbeitet haben, und generell Menschen aus der Ukraine für die Freiheit was anderes bedeutet, etwas viel Elementareres."
Mehr zum Peng! Kollektiv in "Rebels", ab 6. Dezember in der ARD Mediathek.
(Beitrag: Thorsten Mack)
Stand: 25.09.2022 18:29 Uhr
Kommentare