So, 06.05.18 | 23:05 Uhr
Das Erste
Bodenlos
Schwindelerregende Wohnungspreise und die Stadtgesellschaft in der Krise
Die Wohnungs- und Immobilienpreise steigen in unseren Städten unaufhörlich. Wohnraum, ganz gleich ob Miet- oder Eigentumswohnungen, wird für einen wachsenden Teil der Bevölkerung unerschwinglich. Spekulanten, nationale und internationale Investmenttrusts tummeln sich auf den Immobilienmärkten und fahren fantastische Renditen ein, während immer mehr normal verdienende Menschen sich das Wohnen in der Stadt nicht mehr leisten können. David Chipperfileld, einer der gefragtesten Architekten weltweit, sagt, es ginge gar nicht mehr ums Wohnen, sondern nur noch ums Investment. Wohnungen und Häuser stehen leer, ihr steigender Wert werde nur noch zur Vermögensentwicklung benutzt. Er fragt sich: "Sollen wir (Architekten) uns wirklich noch den Kopf über die Gestaltung von Treppenhäusern zerbrechen, während draußen das Monster weiter wächst?" Die entfesselten Bodenmärkte entfalteten eine zersetzende Wirkung auf den sozialen Zusammenhalt der Stadtgesellschaft.
Nun regt sich in Deutschland prominenter Widerstand. Die "Münchner Initiative für ein anderes Bodenrecht", zu der u.a. Hans-Jochen Vogel und die ehemalige Münchner Stadtbaurätin Christine Thalgott gehören, fordert in einer bundesweiten Diskussion dazu auf, in Deutschland eine radikal andere Bodenpolitik einzuführen. "Der Boden ist kein Gut wie jedes andere. Vergleichbar Wasser und Luft ist er unverzichtbar für das menschliche Dasein. Boden ist zugleich unvermehrbar. Daher verbietet es sich, Boden dem freien Marktgeschehen zu überlassen. Unsere Verfassung betont die Gemeinwohlbindung des Eigentums. Beim Boden ist dem in besonderer Weise Rechnung zu tragen." So weit die Initiative in ihrem Münchner Aufruf für eine andere Bodenpolitik, die eben der Dreh- und Angelpunkt der steigenden Immobilienpreise sei. Der Boden könne nicht länger das Privateigentum Einzelner sein, fordern die Initiatoren.
"ttt" trifft den Stararchitekten David Chipperfield in Mailand, Reinier de Graaf, Partner von Rem Koolhaas im Office for Metropolitan Architecture (OMA) in Rotterdam und Christine Thalgott, sowie Hans-Jochen Vogel in München.
Beitrag: Alexander Stenzel
Stand: 06.05.2018 17:20 Uhr
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