So., 06.03.22 | 23:20 Uhr
Das Erste
Flucht vor den Bomben
Fotograf Florian Bachmeier an der ukrainisch-polnischen Grenze
Der Fotograf Florian Bachmeier begleitet die Ukraine und ihre Menschen seit 13 Jahren. Auch in diesen Tagen nach Ausbruch des Krieges war er dort und hat im ukrainisch-polnischen Grenzgebiet fotografiert. ttt hat ihn nach seiner Rückkehr in seiner oberbayrischen Heimat getroffen.
Alltagsbeobachtungen
Immer wieder ist Florian Bachmeier in das Land gereist und hat die Spuren des gewaltsamen Konfliktes dokumentiert: auf dem Maidan in Kiew, in abgelegenen Dörfern, auf der Krim, im Donbass und anderen umkämpften Gebieten. Es sind Alltagsbeobachtungen. Sie erzählen von den Nachwirkungen der (post-)sowjetischen und Weltkriegsgeschichte – Aufnahmen, die die Perspektivlosigkeit spürbar machen.
"Im Schwebezustand"

Die so entstandene Sammlung hat er "In Limbo" genannt: "im Schwebezustand". Die Menschen und die Landschaften, die zu sehen sind, scheinen in einem Zwischenreich zu existieren, in dem vor allem die Ungewissheit dominiert. "Limbo" heißt auch der äußerste Höllenkreis in Dantes "Göttlicher Komödie". Er ist der Ort für diejenigen Seelen, die als Ungetaufte keinen Zugang zum Paradies haben, aber auch nicht für eine Sünde bestraft werden. Unter dem Titel "In Limbo" ist ein Bildband im Verlag Buchkunst Berlin erschienen. Bis zum 31. Mai sind die Fotografien in einer virtuellen Ausstellung zu sehen, die der Verlag Buchkunst zusammen mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. organisiert hat.
Die Not der Flüchtlinge

Vor wenigen Tagen ist Florian Bachmeier aus dem ukrainisch-polnischen Grenzgebiet zurückgekehrt. Seit Beginn der russischen Invasion sind Hunderttausende auf der Flucht. Er hat die Not und das Leid der Menschen gesehen, die Angst in ihren Gesichtern. Viele Frauen haben kleine Kinder dabei, während die Männer das Land nicht verlassen dürfen und mit Bussen zurückfahren. Täglich werden die Schlangen länger. "Ich kann mir nicht vorstellen, wie lange sie jetzt inzwischen sind", sagt er. "Es bricht wirklich teilweise Chaos aus an der Grenze. Es kommt zu Panikausbrüchen und es kommt auch tatsächlich, muss man sagen, zu Gewalt. Da konnte ich gar nicht fotografieren, weil es natürlich in diesem inneren Grenzbereich gar nicht erlaubt war."
In Deutschland und der EU ist die Welle der Solidarität groß – sowohl auf politischer als auch auf persönlicher Ebene. Für die Menschen aus der Ukraine ist sie lebensrettend.
Florian Bachmeier

Florian Bachmeier ist am Tegernsee in Oberbayern geboren. Das Fotografieren hat er in Spanien gelernt und danach Geschichte studiert. Er arbeitet unter anderem für "Geo", "taz", "Die Zeit", "Spiegel" und "NZZ" und ist in der ganzen Welt unterwegs: im Flüchtlingslager Moria, im Oman, in Abchasien, Rumänien, Westafrika und Bangladesch. Auch für die "unsichtbare Gefahr" Corona hat er Bilder gefunden. Eines davon wurde als "Pressefoto Bayern des Jahres 2020" ausgezeichnet.
Buchtipp
Florian Bachmaier: In Limbo.
Hrsg. von Thomas Gust und Ana Druga, mit einem Essay von Kateryna Mishchenko.
Verlag Buchkunst Berlin 2021, Preis: 40 Euro
Autor des TV-Beitrags: Andreas Ammer
Die komplette Sendung steht am 06. März ab 20 Uhr zum Abruf in der Mediathek bereit.
Stand: 07.03.2022 08:22 Uhr
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