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Artenschwund und Klimakrise

Ist die Menschheit noch zu retten?

PlayDie Installation "Mootherr" (2021) von Laure Prouvoust
Ist die Menschheit noch zu retten? | Video verfügbar bis 16.04.2024 | Bild: WDR

"1,5 Grad. Verflechtungen von Leben, Kosmos, Technik" – so heißt eine Sonderausstellung, die in der Kunsthalle Mannheim bis zum 8. Oktober zu sehen ist. Der Titel nimmt Bezug auf die Begrenzung des Temperaturanstiegs um 1,5 Grad, auf die sich 197 Länder im Dezember 2015 geeinigt haben – und die nach heutigem Stand von keinem der Industrieländer zu erreichen sein wird.

In der 1,5-Grad-Ausstellung geht es ums große Ganze, darum, wie der Klimawandel alle Lebensbereiche beeinflusst. Ein zentraler Aspekt, der in der aktuellen Debatte zu kurz kommt, ist der seit Langem zu beobachtende Artenschwund. Indem die Menschheit die Artenvielfalt zerstört, zerstört sie ihre eigene Lebensgrundlage.

Wie sehr der Artenverlust unsere Existenz bedroht, darüber hat auch Katrin Böhning-Gaese, Professorin für Biodiversität an der Universität Frankfurt und Direktorin des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums, gemeinsam mit der Journalistin Friederike Bauer ein Buch geschrieben. "Vom Verschwinden der Arten – Der Kampf um die Zukunft der Menschheit" erscheint am 22. April bei Klett-Cotta. ttt hat sowohl mit den Autorinnen als auch mit dem Ausstellungskurator Johan Holten gesprochen. 

Inspiration für die Zukunft

Johan Holten
Johan Holten | Bild: WDR

Die 1,5-Grad-Ausstellung macht sinnlich erfahrbar, wie wir Menschen unserer Umwelt und uns selbst schaden. Sie zieht aber nicht nur Bilanz, sondern will die Debatte vorantreiben, wichtige Impulse zum Nachdenken darüber geben, wie wir es besser machen können. "Die Kunst kann über ihre symbolhaften Bilder die Leute dazu bringen, etwas zu überlegen, etwas zu sagen, zu spüren, reinzukommen, wo sie sonst nicht waren", sagt Johan Holten. Die Kunst wird zur Inspiration für die Zukunft.

Biodiversität ist die Grundlage des Lebens

Rund eine Million Arten könnten in den nächsten Jahrzehnten verschwinden – ein gigantisches Sterben, das untrennbar mit der Klimakrise verbunden ist. "Die Biodiversität ist unsere Existenzgrundlage als Menschen", sagt Katrin Böhning-Gaese. "Fast alles, was wir brauchen, sauberes Trinkwasser, unsere Nahrung, Bauholz, unsere Kleidung – das kommt zu drei Viertel aus der Natur.  Dazu brauchen wir Biodiversität." Und Friederike Bauer ergänzt: "Der Klimawandel entscheidet, wie wir leben, wie wir mit höheren Temperaturen zurechtkommen. Die Biodiversität entscheidet, ob wir leben, ob wir überleben können."

Heilung der Natur

Ein Sinnbild für die Verdrängung der Natur durch den Menschen ist Bahzad Sulaimans Installation "Chor". Sie veranschaulicht, dass es auf der Erde inzwischen mehr menschengemachte Stoffe wie Beton, Metall oder Plastik gibt als Biomasse. Doch anders als bei der globalen Erwärmung ist dieser Prozess nicht unumkehrbar: "Wenn man die Natur ein bisschen in Ruhe lässt, dann renaturiert sie sich von selber", so Katrin Böhning-Gaese. "Dann gehen die Bestände der Arten wieder nach oben oder die Ökosysteme werden wieder diverser und haben mehr Biomasse, binden mehr CO2. Das heißt die Natur kann sich selber heilen."

Friederike Bauer (li.) und Katrin Böhning-Gaese
Friederike Bauer (li.) und Katrin Böhning-Gaese | Bild: WDR

Dass wir Menschen diesen Heilungsprozess fördern können und müssen, auch das ist Thema ihres Buches. Dazu brauche es politischen und medialen Druck ebenso wie Eigenverantwortung. "Wenn die Wirtschaft ihre Bilanzen offenlegt und zeigt, welchen Fußabdruck sie auf Biodiversität hat und das dann über die Medien verbreitet wird, dann wird das etwas auslösen", so Böhning-Gaese. Das gilt auch für eine Reduzierung des Fleischkonsums und die Eindämmung der Lebensmittelverschwendung. Friederike Bauer: "Das ist sozusagen das Tempolimit für die Biodiversität. Das sind die Quick Wins, die ich erreichen könnte." Genau dazu, so Bauer, könne die Kultur "einen großen Beitrag leisten, indem sie diese Botschaft – dass die Natur politisch ist und dass der Mensch ein Teil der Natur ist und nicht gegen sie steht – mit ihren Mitteln weiterträgt."

Autorin des TV-Beitrags: Claudia Kuhland 

Die komplette Sendung steht am 16. April ab 20 Uhr zum Abruf in der Mediathek bereit.

Buchtipp

Friederike Bauer, Katrin Böhning-Gaese: Vom Verschwinden der Arten.
Der Kampf um die Zukunft der Menschheit
Klett-Cotta 2023, Preis: 22 Euro
(erscheint am 22.04.2023)

Stand: 16.04.2023 17:33 Uhr

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