So., 19.03.23 | 23:05 Uhr
Das Erste
Die Frau und die Schrift
Die Konzeptkünstlerin Jenny Holzer im Düsseldorfer K 21
Sie ist eine der renommiertesten US-amerikanischen Künstlerinnen: Jenny Holzer. 1950 in Ohio geboren, lebt und arbeitet sie seit vielen Jahren in New York. Bekannt geworden ist sie in den 1970er Jahren mit gesellschaftskritischer Text-Kunst und einem außergewöhnlichen Einsatz neuer Technologien. Jetzt widmet ihr die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen die bisher umfangreichste Überblicksausstellung in Deutschland. Zu sehen ist sie bis zum 6. August.
Meisterin des Wortes
Jenny Holzers Medium ist die Sprache – ob auf LED-Leuchtschriftbändern, Installationen, gedruckt auf T-Shirts oder Plakaten. Ihre provozierenden und irritierenden Textbotschaften trägt sie in die Öffentlichkeit, auf Straßen und Plätze, aber auch in internationale Ausstellungen und Museen. 1990 bespielte sie als erste Frau den US-Pavillon auf der Biennale in Venedig. Ihre Werke waren unter anderem auch in den Guggenheim Museen in New York und Bilbao, im Whitney Museum of American Art in New York und dem Louvre Abu Dhabi zu sehen.
Kunst mit Aussagekraft

Jenny Holzer beschäftigt sich mit den ganz großen Themen: Krieg, Gewalt, Machtmissbrauch, Feminismus, Populismus. Ihre Kunst hat Aussagekraft. Sie will aufklären und aufschrecken, die Menschen zum Umdenken anregen. Ihr erstes und bekanntestes künstlerisches Werk im öffentlichen Raum waren die "Truisms" ("Binsenweisheiten"): eine Serie von Einzeilern, die in den Jahren 1977 bis 1979 als anonyme Poster an Gebäuden, Mauern und Zäunen in Lower Manhattan plakatiert waren. "Das Gute an der Arbeit auf der Straße ist, dass man schnelle und sehr ehrliche Reaktionen bekommt", sagt sie, "vor allem wenn man anonym ist, wie ich es war. Ich stand einfach an der Seite und beobachtete, ob die Leute anhielten oder nicht, und manche schrieben mir sogar zurück."
Mitte der 1980er Jahre entdeckte sie das Material Stein als neues Trägermedium und kombinierte Steinbänke aus Granit mit LED-Leuchtschriften.1993 machte sie mit dem spektakulären Zyklus "Lustmord", der im Magazin der "Süddeutschen Zeitung" erschien, auf die Gräueltaten gegen Frauen im Bosnienkrieg aufmerksam. Das Magazin-Cover ließ sie mit Farbe und menschlichem Blut drucken. Auch die Folterungen im Irak oder Akten der US-Regierung zur Strategie der Kriegführung hat sie als Themen für ihre Kunst aufgegriffen und daraus großflächige Malereien gestaltet.
"Schaut her!"

Mit ihren Werken zeigt Jenny Holzer dem Publikum, wie sehr es durch visuelle und sprachliche Reize manipulierbar ist. Als Aktivistin will sie sich nicht verstanden wissen, wohl aber als politische Künstlerin oder poetische Gesellschaftskritikerin. "Ich bin nicht optimistisch genug. Aber ich glaube, dass man versuchen sollte, das zu verbessern, was um uns herum ist, ganz zu schweigen von dem, was wir tun."
In der Überblicksausstellung im K 21 sind u.a. Poster, Gemälde und ihre Arbeiten aus Stein zu sehen. Aktuell ist die LED-Wandarbeit UKRAINE entstanden. Das Display präsentiert Auszüge aus Berichten der Vereinten Nationen über Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen – ergänzt um persönliche Zeugnisse ukrainischer Künstler und Autorinnen.
Auch in Düsseldorf ist Jenny Holzers Kunst nicht rein museal. Ganz im Sinne der Street Art trägt sie sie hinaus die Stadt. In den U-Bahnhöfen trifft ihre Wort-Kunst auf das Alltagsleben. "Es ist vielleicht besser, wenn die Leute nicht wissen, dass es sich um Kunst handelt, sondern wenn sie einfach nur lesen und, wenn sie dazu bereit sind, über den Inhalt nachdenken. Das ist mir am liebsten."
Autorin des TV-Beitrags: Anke Rebbert
Die komplette Sendung steht am 19. März ab 20 Uhr zum Abruf in der Mediathek bereit.
Stand: 19.03.2023 18:47 Uhr
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