So., 29.01.23 | 23:05 Uhr
Das Erste
"Co:Creation"
Ein Kunst-Experiment für ARD Kultur
Der "Garten der Lüste" ist eines der bekanntesten Werke des niederländischen Malers Hieronymus Bosch. Entstanden ist es zwischen 1490 und 1500. Das Triptychon zeigt auf dem linken Flügel den Garten Eden mit Gott, Adam und Eva, im Mittelteil den Garten der Lüste und rechts die Hölle. Es ist eine Vision des Jenseits, Lust, Exzess und Furcht in einem Werk zugleich. Boschs "Garten der Lüste" wurde zur Inspiration für ein großes Kunstexperiment, dessen Entstehung der WDR für ARD Kultur dokumentiert hat.
Kollaborative Kunst statt Konkurrenzdenken

Wie würde ein Garten der Lüste heute aussehen? Fünf Kunstschaffende - Anna Ehrenstein, Danielle Brathwaite-Shirley, Kianí del Valle, Harriet Davey und Tara Habibzadeh – haben aus ihrer Perspektive eine moderne Version geschaffen. Das Besondere: Sie arbeiteten nicht am gleichen Ort. Sie verwendeten verschiedene digitale Werkzeuge und sie sprechen verschiedene Sprachen. Wie bei einem Staffellauf haben sie jeweils ihre Idee und ihre Umsetzung weitergegeben. Sie waren durch das gemeinsame Schaffen verbunden, ohne als Kollektiv zusammen zu sein.
Abstammung und Identität
So hat Anna Ehrenstein für ihren Videobeitrag befreundete Performancetänzerinnen und -tänzer eingeladen. "Ich denke, dass wir in der Arbeit bestimmte Momente des Bildes so überzeichnet haben, dass sie schon eine Karikatur werden", sagt sie. "Wenn man sich die Hölle anguckt auf dem Bild, dann sieht das aus, wie ein Wochenende im Berghain und Leute haben echt Spaß da dran."

Alle Beteiligten hat die Frage nach Abstammung und Identität beschäftigt. Und so will das Experiment auch ein Zeichen setzen. "Es müssen mehr Frauen und mehr trans- und nicht-binäre Menschen diese Formen von Kunst machen, weil sie eben doch teilweise noch immer sehr männerdominiert sind", sagt Kuratorin Lisa Long, "deswegen wurden sie vielleicht auch hier ausgewählt, weil es einfach ein Bereich ist, wo sie an vorderster Stelle stehen, und das könnte noch mehr werden."
"Das Digitale ist real"
Möglich ist diese besondere Form kollaborativer Kunst durch die digitale Technik. Harriet Davey ist auf 3D-Grafiken spezialisiert: "Das Digitale ist real, und es gibt keinen Unterschied zwischen beidem. Jeder hat ein Smartphone und macht Fotos, ich habe ein paar Scans gemacht. Alles ist komplett verlinkt."
Entstanden ist so eine Art Collage mit einem Überraschungseffekt für die Kunstschaffenden selbst, aber auch für die Betrachter. "Man versteht auf einmal Zusammenhänge anders, man hat irgendwas entdeckt, was vorher nicht da war", sagt Lisa Long. "Und so entfaltet sich ein Werk und öffnet sich immer mehr."
Premiere der Co:Creation war in der Julia Stoschek Collection in Berlin, einer der weltweit größten Privatsammlungen für internationale Medienkunst. Ab sofort ist das Gemeinschaftswerk im Rahmen einer Doku über den Entstehungsprozess in der ARD-Mediathek zu sehen.
Autor des TV-Beitrags: Dirk Fleiter
Die komplette Sendung steht am 29. Januar ab 20 Uhr zum Abruf in der Mediathek bereit.
Stand: 29.01.2023 17:43 Uhr
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