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Wie junge Menschen unsere Welt verbessern

Der Dokumentarfilm "Bigger Than Us"

PlayDie Umweltaktivistin Melati Wijsen in "Bigger Than Us"
Der Dokumentarfilm "Bigger Than Us" | Video verfügbar bis 05.02.2024 | Bild: "Bigger Than Us" / R: Flore Vasseur

"Bigger Than Us" – Größer als wir. Der Dokumentarfilm erzählt von sieben jungen Menschen, die für eine bessere Zukunft kämpfen: Für mehr soziale Gerechtigkeit, das Klima oder die Seenotrettung.

"Ich möchte diese Dinge nicht in den Nachrichten sehen, ich will sie verändern", sagt Mary in der Doku "Bigger Than Us".
"Unsere Arbeit ist größer als wir, denn es geht um uns alle. Wir leisten weiter Widerstand, wir kämpfen weiter. Wir werden es schaffen!", erzählt Xiuhtezcatl.

Melati Wijsen ist die Hauptfigur des Films. Seit sie 12 Jahre alt ist, engagiert sie sich gegen Plastikmüll in Indonesien. "Wir haben über siebeneinhalb Kilo Müll gesammelt", sagt Melati Wijsen. Für den Film trifft sie andere junge Aktivist:innen auf der ganzen Welt.

 "Als ich sie kennengelernt habe, war das Einzige, das ich fühlen konnte, pure Inspiration", sagt Melati Wijsen. "Diese Resilienz von jemandem zu sehen, der in deinem Alter ist, das ist wie ein Atemzug frischer Luft. Weil du weißt, dass es möglich ist; weil du weißt, dass sie es auch durchmachen: Die Herausforderungen, aber auch die Erfolge. Für mich war es krass, das zu sehen, weil ich weiß, dass die mentale Belastung für diese jungen Aktivisten wahnsinnig groß ist."

Eine von ihnen ist die 22-jährige Aktivistin Memory Banda aus Malawi. Sie kämpft gegen die traditionelle Unterdrückung und Ausbeutung von Mädchen und Frauen.   
"Die meisten Mädchen werden als Teenager schwanger, manche werden schon mit elf verheiratet. Denn sie sollen ihren Familien Geld einbringen", erzählt Memory Banda.

Nachdem sie sieht, wie ihre Schwester, selbst noch ein Kind, traumatisiert aus einem Initiationscamp zurückkommt, vergewaltigt und schwanger, wehrt sich Memory gegen den Brauch, heranwachsende Mädchen zu vergewaltigen und sie in Kinderehen zu zwingen. Mit Erfolg: Heute darf man erst ab 18 heiraten, die malawische Verfassung wurde geändert.

"Dass Frauen wie ihr in die Dörfer kommen, ermutigt die Mädchen. Sie möchten später so werden wie ihr", sagt eine angesehene Frau aus dem Dorf.

Hoffnung: durch junge Menschen, die etwas bewirken. Die Idee dazu kam Regisseurin Flore Vasseur im Gespräch mit ihrem kleinen Sohn. Er wollte wissen, was sie tun könnten, gegen den Klimawandel. Und ihr fehlten die richtigen Antworten, erzählt sie uns im Pariser Café Floreal Belleville.

"Als mein Sohn diese Frage stellte, das war so, das hat mich wirklich wachgerüttelt und mir gezeigt: Du musst etwas für diese Generation tun, weil es sonst niemanden gibt. Und sie brauchen Vorbilder, sie brauchen Dinge, die Hoffnung geben. Sie brauchen Lösungen", sagt Flore Vasseur.

Einen weiteren Anstoß zum Film gab ihr Melati, sie war demotiviert, als Flore Vasseur sie zum ersten Mal traf.

"Sie sagte: 'Wissen Sie, ich bin 16 und ich dachte, es würde einen Sommer dauern, bis die Regierung die Verbreitung von Plastiktüten verbietet, das ist jetzt vier Jahre her. Und ich habe meinen zweiten Burnout'. Ich hatte Angst, Melati würde aufhören. Und ich sagte zu ihr: 'Ok, ich werde dir zeigen, dass du nicht allein bist.' Darum dieser Film, in dem wir um die ganze Welt reisen.", sagt die Regisseurin.

Die erste Reise führte in den Libanon: zum 18-jährigen Mohamad Al Jounde. Ein syrischer Geflüchteter, der im Lager im Libanon aus dem Nichts eine Schule aufbaute, denn Bildung war für die geflüchteten Kinder nicht vorgesehen.  

"Hey, wie geht’s dir?", fragt Mohamad Al Jounde.
"Mir geht’s gut. Wie geht es dir, Mo?", antwortet Melati Wijsen.
Wiedersehen von Melati und Mohamad. Heute wohnt und studiert er in Malmö. Die Projekte im Libanon betreut er weiterhin – von Schweden aus.
"Also, Mo, erzähl mir doch mal ein bisschen mehr darüber, was im Libanon los ist", sagt Melati Wijsen.
"Die Inflation macht es ziemlich schwierig", antwortet Mohamad Al Jounde. "Sie führt dazu, dass viele grundlegende Dinge im Land nicht funktionieren. Wir konnten in letzter Zeit keine Gelder für das Kinderprogramm auftreiben. Es besteht die Gefahr, dass wir es schließen müssen."
"Wie bleibst du motiviert?", fragt Melati Wijsen.
"Es ist zu schwierig, aber es ist das, was getan werden muss", meint Mohamad Al Jounde.
"Ja, an manchen Tagen hat man gar keine Motivation, aber die Arbeit muss gemacht werden", sagt Melati Wijsen.
"Genau, die Arbeit muss gemacht werden", erwidert Mohamad Al Jounde.

Sie selbst war am Tiefpunkt, als die Dreharbeiten begannen. Durch die Begegnungen mit den anderen Aktivist:innen habe sie neuen Mut gefunden. Mittlerweile ist Einwegplastik auf Bali verboten, wie sie Ende 2019 bei der UN verkünden konnte: "Nach sechs Jahren Arbeit haben wir nun endlich das Verbot von Plastiktüten erreicht"

Melatis Arbeit geht weiter. Für die Zukunft wünscht sie sich vor allem eines: Unterstützung.

"Die Hälfte meines Lebens bin ich jetzt schon an vorderster Front für Veränderung, wenn ich zurückblicke, weiß ich: Da ist diese Energie, die die 12-jährige Melati hatte, um weiterzumachen", sagt die Aktivistin. "Aber wenn ich jetzt, als 22-Jährige, zurückblicke, spüre ich auch dieses Gefühl von Gemeinschaft, das ich die ganze Zeit hatte. Es geht darum, diese Netzwerke der Unterstützung zu schaffen, von denen wir mehr in den Schulen und der Gesellschaft brauchen. Wir brauchen das Gefühl, gehört und wirklich unterstützt zu werden, damit wir in der Lage sind, unsere Ideen umzusetzen."

"Bigger than Us": Geschichten von sieben jungen Menschen, die die Welt in kleinen Teilen schon zu einer besseren gemacht haben.


Beitrag: Mia von Hirsch

"Bigger Than Us" von Flore Vasseur (2021), ab dem 16. Februar im Kino.

Stand: 05.02.2023 18:00 Uhr

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