So., 04.12.22 | 23:35 Uhr
Das Erste
Ein Jahr voller guter Nachrichten
Der slowakische Künstler Martin Smatana trotzt der Welt
Als vor zwei Jahren die Corona-Pandemie unsere Welt in einen Alptraum schickte und niemand wusste, ob und wie er je enden würde, las ein junger slowakischer Trickfilmregisseur täglich die Nachrichten.
Mit Corona und drei Pinguinen im Strickzeug fing alles an

Er wollte etwas Positives finden, um nicht depressiv zu werden und stieß auf eine ungewöhnliche Meldung. Ein alter Australier, hieß es da, strickte Pullover für Pinguine, die Opfer einer Ölpest geworden waren. Er wollte sie davor bewahren, das giftige Öl beim Putzen ihres Gefieders zu verschlucken.
"Als ich das las, bekam ich gleich Gänsehaut, mir wurde warm ums Herz. Und ich dachte: 'Hey, ich will mehr von dieser Sorte Nachrichten.' Und so begann ich, gezielt danach zu suchen." Mit den drei kleinen süßen Pinguinen im Strickzeug – so fing alles an.
Auf der Suche nach kleinen, persönlichen Geschichten, die ermutigen
Martin Smatana verwendet Stoffe für seine Animationsfilme. In seinem Studio gibt es sozusagen eine Art Bibliothek für seine Bilder aus gebrauchten Textilien. Auf diese Weise ist auch das Buch entstanden: Ein Jahresbuch voller guter Nachrichten. Über 50 hat Martin Smatana gesammelt und ins Bild gesetzt. Wie die von der an Alzheimer erkrankten spanischen Ballerina Marta Cinta, die sich beim Hören der Musik von "Schwanensee" an die frühere Choreographie erinnerte und wieder zu tanzen begann.

"Für mich persönlich ist eine gute Nachricht eine, die anderen Menschen hilft, neuen Lebensmut zu finden. Das kann ein ganz kleines Detail sein, irgendetwas, das jeden Tag um uns herum passiert."
Smatana, in der kleinen Stadt Trnava bei Bratislava zuhause, destilliert aus dem Gebräu des täglichen Horrors in den Medien ein beachtliches Quantum Trost. Über zwölf Jahre lang hatte Tinney Davidson in Comox, Kanada, am Fenster den Schülern auf dem Weg zur Schule zugewinkt. Am Tag, an dem sie ins Pflegeheim ziehen sollte, versammelten sich Hunderte von ehemaligen Schülern vor ihrem Haus, um Danke zu sagen.
"Normalerweise suche ich nicht nach diesen großen, globalen Nachrichten, sagen wir, wenn ein Land es schafft, die Luftverschmutzung zu reduzieren. Das ist eine gute Nachricht, zweifellos. Aber mich interessieren doch eher die kleinen, die persönlichen Geschichten."
Internationaler Erfolg mit dem Animationsfim "The Kite"

Bekannt wurde Smatana als Animationsfilmer mit "The Kite" (Der Drachen). Aufwendig produziert – analog in klassischer stop-motion-Technik – erzählt er darin die Geschichte eines kleinen Jungen, der täglich seinen Großvater besucht, bis dieser eines Tages stirbt – aber aus dem Leben des Kleinen nicht verschwindet.
"Als ich den Film vorbereitete, merkte ich, Textilien sind einfach das perfekte Material für stop-motion-Animation. Der Wind spielt ja eine Hauptrolle in der Geschichte. Und ich fragte mich, wie kann ich das am besten zeigen? So kam ich auf Stoff. Damit kann ich Haar für Haar einzeln bewegen, Stück für Stück, und am Ende sieht es wirklich aus wie Wind, der ins Gras fährt."
Magische Poesie dank gebrauchter Textilien und stop motion
Mit seinem Film war Smatana 2020 auf der Berlinale, dafür gewann er weltweit 60 Preise, das berühmte New Yorker Museum of Modern Art (MOMA) nahm "The Kite" in seine Kollektion auf. Der magischen Poesie seiner Textilkunst kann man sich nur schwer entziehen, was sich Smatana so erklärt:
"Ich weiß nicht, du spürst sofort, dass es ganz weiches Material ist. Du willst es berühren. Und wenn du mit Licht arbeitest, dann hast du diese hübschen Schatten. Es hat ja auch eine gewisse Körperlichkeit."
Smatana sammelt weiter!

Gute Nachrichten sind überall. Zum Beispiel bei den Fensterputzern in Kingston, Ontario, die sich als Superhelden verkleideten, um den kleinen Patienten eines Kinderkrankenhauses eine Freude zu bereiten. Auch eine der Geschichten, die Smatana aufgesammelt hat.
Kann sein, die Welt wird ein besserer Ort, je mehr solcher kleinen Geschichten überall passieren. Es scheint, dass es die vielen kleinen Geschichten sind, auf die es ankommt – und es ist sicher nicht das eine große Ding, das am Ende alle Probleme löst. Zur Ermutigung sind seine Bilder im Stadtgebiet von Bratislava präsent. Und noch eine gute Nachricht: Er sammelt weite.
Autor: Rayk Wieland
Stand: 05.12.2022 11:10 Uhr
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