Sa., 03.11.18 | 16:00 Uhr
Das Erste
Lust am Risiko

Risikosportler stürzen sich in Flügelanzügen von Klippen hinab oder klettern auf die höchsten Berge der Welt. Dazu gehört ein hohes Risiko, sich beim Sport schwer zu verletzen oder sogar zu sterben. Forscher der Uni Innsbruck und der Deutschen Sporthochschule Köln fanden in Studien heraus: Risikosportler sind keine Adrenalinjunkies und sie sind sich des hohen Risikos bewusst. Stattdessen minimieren sie das Risiko durch jahrelanges Training und akribische Vorbereitung. Sie reizen die Grenzen des Menschenmöglichen aus. Die Abenteuerlust treibt sie in Gebiete, die noch kein Mensch betreten hat. Befriedigung bekommen Risikosportler nicht durch einen Adrenalinkick, sondern durch das Gefühl, eine schier unlösbare Aufgabe gemeistert zu haben.
Was sind die Ursachen für Abenteuerlust?

Woher die Abenteuerlust und der Wunsch nach extremen Herausforderungen kommt, ist wissenschaftlich nicht ganz geklärt. Als wahrscheinlich gilt eine Mischung aus genetischer Veranlagung und prägenden Ereignissen im Leben, besonders in der Kindheit und Jugend. Risikosportler kommen fast ausschließlich aus Wohlstandsländern. Einerseits, weil der Wunsch nach extremen Herausforderungen erst aufkommt, wenn die Grundbedürfnisse befriedigt sind. Andererseits ist Risikosport wahrscheinlich ein Ausgleich zu einem Alltag, der immer vorhersehbarer und sicherer zu werden scheint. Dazu passt auch, dass für die meisten Risikosportler das Gefühl der Freiheit ein zentraler Teil ihrer Motivation ist.
Gerfahr BASE-Jumping

Als eine der gefährlichsten Sportarten gilt BASE-Jumping, das Fallschirmspringen von Objekten wie Klippen und Gebäuden. Eine Zählung über elf Jahre hinweg an einer Absprungstelle in Norwegen ergab, dass im Schnitt einer von 2.317 Sprüngen tödlich endet. Eine andere Studie errechnete ein jährliches Todesrisiko von 1 zu 60 für die Sportler. Susanne Böhme hatte bereits mit 17 Jahren die Sprunglizenz fürs Fallschirmspringen. Als eine der ersten in Deutschland begann sie, mit einem Wingsuit, einen Flügelanzug, zu springen. Sie kombinierte das Wingsuit-Fliegen mit BASE-Springen. Ende 2012 rutschte sie trotz Steigeisen an einer vereisten Absprungstelle ab. Sie knallte gegen einen Felsen und konnte gerade noch rechtzeitig ihren Fallschirm öffnen. Seitdem ist sie inkomplett querschnittgelähmt.
Nach jahrelangem Training kann sie wieder mit Hilfsmitteln gehen. Schon neun Monate nach ihrem Unfall ist sie wieder Fallschirm gesprungen. Nach der Geburt ihres Sohnes hat sie endgültig mit dem BASE-Springen aufgehört. Allerdings nicht, weil ihr das Risiko zu hoch ist. Seit sie Mutter ist, schafft sie es nicht mehr, völlig im Moment des BASE-Sprungs aufzugehen. Dieser meditative Moment war ein großer Antrieb, den Sport auszuüben. Dem Fallschirmspringen aus dem Flugzeug mit Wingsuit ist sie treu geblieben.
Ralf Dujmovits: Erfahrenen Höhenbergsteiger

Ralf Dujmovits zählt zu den erfahrensten Höhenbergsteigern weltweit. Als erster Deutscher hat er die Gipfel aller 14 Achttausender bestiegen. Alle bis auf den Mount Everest hat er sogar ohne zusätzlichen Sauerstoff erklommen. Eine enorme Leistung, denn auf 8.000 Metern befindet sich in der Luft nur noch etwa ein Drittel des Sauerstoffs im Vergleich zur Meereshöhe. Er war bei der Besteigung seines letzten Achttausenders 2009 erst der zweite, der die 14 höchsten Berge der Welt bestiegen hat, ohne sich Finger oder Zehen abzufrieren. Fast die Hälfte seiner Achttausender-Expeditionen hat er vorzeitig abgebrochen, weil ihm unter widrigen Bedingungen das Risiko zu hoch war. Bereits als kleiner Junge hat er unter Anleitung seines Vaters das Klettern gelernt. Die Lust am Abenteuer hat ihn immer begleitet. Seine nächsten Expeditionen führen ihn in die Antarktis und nach Pakistan zu Bergen, die vor ihm noch niemand bestiegen hat.
Auor: Manuel Gerber (SWR)
Stand: 03.11.2018 12:27 Uhr