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Allergie gegen Katzen: Neue Impfung schaltet Allergen beim Haustier aus

Katze liegt auf dem Sofa
Rund jeder Zehnte in Deutschland hat eine Katzenallergie. | Bild: SWR

Katzen tragen in sich acht Allergene, von denen eins – das sogenannte Protein Fel-d1 – besonders vielen Menschen das Leben schwer macht. Es befindet sich vor allem im Speichel und in den Talgdrüsen der Katze und ist ein leichtes Molekül, das in der Luft schwebt und sich so weit verteilen kann. Rund 90 Prozent aller Katzenallergiker*innen reagieren auf dieses Protein, das die Katze beim Putzen auch in ihrem Fell verteilt. Die Allergie verursacht zum Teil schwere Symptome, etwa ein allergisches Asthma, oder Schlimmeres.

Prof. Dr. Martin Bachmann, Leiter des Instituts für experimentelle Immunologie der Uniklinik Bern in der Schweiz, kennt das von seinem Sohn: "Mein Junge hatte schon sehr jung eine schwere Katzenallergie. Eines Tages hat er seinen Nachbarn besucht, der eine Katze hat, und ist dann mit einem schweren anaphylaktischen Schock auf der Intensivstation gelandet. Und da habe ich gedacht, da müsste man irgendwas machen, um diese Probleme zu lösen. Ein befreundeter Immunologe und ich hatten dann die Idee, statt des Menschen die Katze zu immunisieren."

Um das störende Allergen im Tier unschädlich zu machen, verwenden die Schweizer Forscher einen Trick: Sie lassen das Allergen wie ein Virus aussehen und täuschen damit das körpereigene Immunsystem der Katze.

Denn für den Organismus der Katze ist das Allergen Fel-d1 "körpereigen" und daher zunächst "gut". Im Labor bauen die Wissenschaftler das Allergen nach und binden es an einen Täuschkörper, ein sogenanntes Virus-ähnliches Partikel. Damit wird die Katze geimpft. Ihr Organismus antwortet darauf mit einer Immunreaktion, entwickelt also Antikörper. Ergebnis: Das Immunsystem der Katze zerstört die falschen Allergene – und viele echte Allergene gleich mit.

Schadet die Impfung dem Wohl der Tiere?

Ein Katze putzt sich
Durch Speicheltröpfchen im Fell verteilt sich das Katzenallergen. | Bild: SWR

Die Schweizer Forscher haben durch Studien nachgewiesen, dass nach einer Impfung deutlich weniger Allergene im Katzenkörper sind als vorher. Zudem geben neun von zehn der Studienteilnehmer*innen an, sich nach der Impfung deutlich besser zu fühlen als vorher. "Ich hatte ganz arge Probleme vorher und konnte nur zwei Minuten mit meinen Katzen kuscheln, dann schwollen mir schon Nase und Hals zu. Jetzt kann ich problemlos mehr als eine halbe Stunde mit den Katzen spielen, ohne dass etwas passiert. Das Wichtigste: Ich muss die Katzen nicht abgeben, wovor ich große Angst hatte", sagt Katzenhalterin Debby Galka.

Dennoch bleiben offene Fragen, zum Beispiel, ob die Impfung dem Wohl der Tiere schadet. Prof. Dr. Jörg Kleine-Tebbe, Sprecher der deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie in Berlin (DGAKI), dämpft die Erwartungen von Katzenallergiker*innen: "Der Nutzen für die Katze ist extrem schwer nachzuweisen. Außerdem ist noch nicht erforscht, wofür die Allergene im Organismus der Katze gut sind, ob sie der Katze nach einer Impfung fehlen, von daher betrachten wir das Ganze mit Skepsis." Trotz aller Seriosität der Schweizer Forschergruppe ist für die DGAKI fraglich, ob der Impfstoff jemals eine Zulassung bekommen wird.

Die Schweizer Forscher warten jetzt auf eine Rückmeldung der Zulassungsbehörden und wollen weitere Studien durchführen, um nachzuweisen, dass beide Seiten von der Impfung profitieren: Mensch und Katze.

Autorin: Dagmar Stoeckle (SWR)

Stand: 18.04.2020 16:55 Uhr

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