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Holzkohle enthält oft Tropenholz – Tipps für Verbraucher

Glühende Holzkohle
Viele Konsumenten wollen kein Tropenholz in ihrer Grillkohle. | Bild: NDR

Ein Sommer ohne Grillen ist kein richtiger Sommer – das gilt laut einer Umfrage für einen Großteil der Deutschen. Dabei schwören die meisten auf den klassischen Holzkohle-Grill. Jedes Jahr landen bis zu 250.000 Tonnen Grillkohle im Feuer. Was viele nicht wissen: Nur ein Bruchteil davon wird in Deutschland hergestellt.

Johannes Zahnen vom WWF beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema Grillkohle. Er hat herausgefunden, dass der überwiegende Teil der Ware aus Ländern wie Nigeria und Paraguay importiert wird. Diese Länder leiden unter Korruption und mafiösen Strukturen. Illegaler Einschlag ist dort an der Tagesordnung, die Entwaldungsrate enorm. "Da werden hochwertige Naturwälder plattgehauen für billige Grillkohle", sagt Johannes Zahnen.

Nigerianische Nomadenfamilie stellt Holzkohle her
Nigerianische Nomadenfamilien leben von illegaler Holzkohle. | Bild: Jonathan Happ

In seinen Augen ist die Intransparenz auf dem Markt das größte Problem. In der EU gibt es keine Deklarationspflicht für Holzkohle. Auf den Säcken muss also nicht stehen, welche Holzarten enthalten sind und wo die Kohle hergestellt wurde. Für den Konsumenten ist es deshalb nicht einfach, verantwortungsvoll hergestellte Kohle zu kaufen. Außerdem gibt es weder in Deutschland noch in der EU Gesetze oder Verordnungen, welche die Einfuhr von Kohle aus illegal geschlagenem Holz verbieten. "Kein Zoll, keine Polizei, niemand schaut sich dieses Produkt an, egal wie illegal es ist. Das ist ein unhaltbarer Zustand, denn Grillkohle trägt zur Klimaerwärmung und zum Artenschwund bei", so Johannes Zahnen.

Aufwendige Analysen im Labor

Holzkohle unter einem 3D-Auflichtmikroskop
Nur unter dem hochauflösendem 3D-Auflichtmikroskop wird die Struktur der Holzkohle sichtbar. | Bild: Jonny Müller-Goldenstedt

Um herauszufinden, welche Baumarten in den einzelnen Kohlesäcken stecken, beauftragt der WWF regelmäßig das Thünen-Institut in Hamburg. Hier, im führenden Holzforschungslabor Deutschlands, nimmt Wissenschaftler Volker Haag die Kohle ganz genau unter die Lupe. Anhand der Struktur und Anordnung der Zellen kann er feststellen, aus welcher Baumart sie gemacht wurde. Bei unverkohltem Holz ist das relativ einfach. Kohle hingegen muss gebrochen werden. Von den Bruchkanten macht Haag mit dem Auflichtmikroskop 3D-Scans, die er dann mit der Struktur der Hölzer in seiner Sammlung vergleicht. Mit dieser Methode konnte Volker Haag 2017 und 2018 gemeinsam mit dem WWF belegen, dass 40 Prozent der Holzkohle in deutschen Supermärkten aus den Tropen stammen.

Tropenkohle nicht immer schlecht

Holzlagerplatz aus der Vogelperspektive
Deutschland importiert immer mehr Grillkohle aus der Ukraine. | Bild: André Krüger

Viele Konsumenten wollen kein Tropenholz in ihrer Grillkohle. Sie befürchten, damit den Raubbau an der Natur zu unterstützen. Doch Johannes Zahnen und Volker Haag sind sich einig: Nicht jede Tropenkohle ist unbedingt schlecht. Wichtig ist, dass das Holz nicht aus illegalem Einschlag, sondern aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammt. Wenn durch die Gewinne aus der Forstwirtschaft garantiert werden kann, dass auf den Flächen keine Palmöl-Plantagen oder Rinderweiden entstehen, profitiert die Natur sogar von der Waldnutzung. Eine Orientierungshilfe für den Konsumenten: Wenn die Kohle ein Siegel von FSC oder PEFC trägt, ist das Risiko, dass das Holz aus illegalem Einschlag stammt, geringer.

Umgekehrt ist auch nicht jeder Sack mit europäischer Buchenkohle völlig unbedenklich. Gerade bei Kohle aus der Ukraine sollten Verbraucher vorsichtig sein. "Wir haben die letzten Urwälder Europas dort in den Karpaten, und auch dort wird Holz illegal eingeschlagen. Auch da gibt es Korruption und mafiöse Strukturen", so WWF-Experte Zahnen.

Auf der Suche nach internationalen Lösungen

Pierre-Olivier Watrin im Interview
Pierre-Olivier Watrin von der earthworm-foundation kontrolliert den deutschen Grillkohle-Importeur DHG. | Bild: André Krüger

Pierre-Olivier Watrin von der Earthworm Foundation arbeitet seit Jahren daran, den Holzkohlemarkt transparenter zu machen. Seine Methode: Er spricht mit den Händlern und versucht, sie zu überzeugen, dass Kohle aus illegalem Einschlag dem Image der Supermärkte schadet. Sein Ziel: Die Lieferketten sollen vom Baum bis in den Supermarkt für jeden Kunden nachvollziehbar sein.

Um das zu garantieren, ist er zu Besuch bei DHG, einem Holzkohlehändler in Deutschland. Geschäftsführer Werner Berg ist einer der größten Importeure von Grillkohle aus Namibia. Und er ist überzeugt, dass seine Tropenkohle wesentlich nachhaltiger ist als so manche Kohle aus Osteuropa. Der Grund: Namibia leidet massiv unter invasiven Dornenbüschen. Sie breiten sich schnell aus und gefährden das natürliche Lebensumfeld von Leoparden und Elefanten. Mittlerweile ist eine Fläche so groß wie Italien verbuscht. Dieses Buschholz wird von den Köhlern genutzt, um Grillkohle herzustellen. "Eine Bedrohung, dass ein Forst oder ein Urwald gefällt wird, besteht in Namibia sicherlich nicht", so Berg. Pierre-Olivier Watrin hat sich das Projekt schon vor Ort angeschaut und kann die Kohle empfehlen. "Nachhaltige Holzkohle bedeutet: keine Entwaldung und keine Ausbeutung. Und was das angeht, ist das Namibia-Projekt wirklich sozial außergewöhnlich", so der Fachmann.

Internetplattform zur Orientierung

Damit die Konsumenten bei der Suche nach nachhaltiger Kohle nicht auf sich allein gestellt sind, arbeitet Watrin zurzeit an der Internetplattform "Charcoal Transparency Initiative". Auf ihr sollen sich Kunden schnell informieren können, ob ihre Holzkohle aus Raubbau oder nachhaltiger Forstwirtschaft stammt.

Kontakt
WWF Deutschland
Reinhardtstr. 18
10117 Berlin
E-Mail: info(at)wwf.de
Tel. (030) 31 17 77 700

Thünen-Kompetenzzentrum Holzherkünfte
Leuschnerstraße 91
21031 Hamburg-Bergedorf
E-Mail: holzherkuenfte@thuenen.de
Tel. (040) 73 96 24 70

Autor: Johannes Bünger (SWR)

Stand: 17.08.2019 15:21 Uhr